Jens
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Betreff: RE: Grabung 2005
Ja, die eine oder andere Einschränkung gibt es da in der Tat (schließlich muss das alles ja erst publiziert werden - und da kann ich den ganzen "Ruhm" ja nicht vorher einstecken ).
Aber ein wenig kann ich schon noch "aus dem Nähkästchen plaudern" ...
Also, eigentlich handelte es sich um zwei Grabungen. Zum einen eine größere, bei der das schon erwähnte "Steinpflaster" zu Tage kam. Es handelte sich dabei um einen sog. ("kelt.") Rechteckhof, der erstaunlicher Weise kaum Spuren von Innenbebauung aufwies. Lediglich die Pfostenspuren eines größeren Gebäudes zeichneten sich ab, vermutlich ein repräsentativer Bau. Ansonsten fand sich nur eine Vielzahl Gräben in dieser Struktur, die - wie bereits erwähnt - mit einem doppelten Steinpflaster "versiegelt" waren, das definitiv nicht als Fußboden oder ähnliches gedient hat (zu uneben und ungleichmäßig). Aufgrund dieser Befundlage wird momentan davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen Siedlungsplatz handelt. Tierknochenfunde, die offensichtlich "im Verband" in den Boden kamen (also nicht als Abfälle, sondern als große zusammenhängende Fleischstücke), könnten als "Opfergaben" interpretiert werden, was dann eine Interpretation der Anlage als "Heiligtum" o.ä. (im weitesten Sinne) möglich macht. Unter besagtem Pflaster fanden sich zudem mind. zwei Brangdräber ohne Beigaben.
Die zweite Grabung war ungleich kleiner (eine Fläche von etwa 20 x 5 m) und auf einem etwa 1,5 km von der oben beschriebenen Anlage Berg gelegen. Das war "meine". Bei geophysikalischen Untersuchungen wurden dort im Boden verschiedene Strukturen entdeckt, die auf (künstliche) Eingriffe in diesen Boden hinweisen. Eine dieser Strukturen (Teil eines Grabens, der ein größeres rechteckiges Areal umhegte) wurde gezielt "angegraben" (die moderne Technik macht es möglich ).
Neben einer größeren Abfallgrube (Unmengen an Tierknochen und Keramik, aber auch eine Perle und einige Metallgegenstände) stellten wir fest, dass der Graben einst für eine Pfostenstellung angelegt wurde, es sich also um eine mehr oder weniger starke Befestigung handelte. Die Funde aus der Grube lassen sich (anhand der Keramik) in die frühe Laténe-Zeit datieren, die Funde aus dem Graben waren zu unspezifisch, dass muss dann in der späteren Nach-Bearbeitung geschehen.
Alles in allem scheint es nun sicher, dass sich auf diesem Berg ein sog. keltischer Fürstensitz befand. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit galt dies noch als umstritten, da entsprechende Funde und Befunde fehlten (lediglich eine griechische Scherbe und eine (inzwischen verschollene) keltische Münze wurden dort Ende des 19. / Anfang des 20. Jh. gefunden - ohne genaue Kenntnis des Fundortes). Die Definition von "Fürstensitz" sieht aber vor, dass es in der Umgebung entsprechende Siedlungsflächen, repräsentative Gräber und v.a. Importware (vorzugsweise aus dem griechischen oder italischen Raum) gibt. All dies wurde nun auch im Umkreis des Ipf gefunden ...
Noch kurz wegen der Kirche in "Wolframs-Eschenbach". Das Münster war leider verschlossen, aber Wolframs Grab soll auch nicht mehr zu finden sein, sein Grabstein wurde 1608 das letzte Mal gesehen. Bei Umbauarbeiten im 17. / 18. Jh. hat man wohl wenig Rücksicht genommen und kein Interesse gezeigt - das Grab wurde bestenfalls überbaut, schlimmstenfalls zerstört. Aber gegenüber der Kirche gibt es ein kleines Museum mit einer wirklich ausgezeichnten Ausstellung über Wolframs Leben und Werk. Für ein solch kleines Museum ist de Ausstellung einfach genial umgesetzt. Hat mich sehr begeistert.
So, nun aber genug geschrieben. Das ist jetzt erst mal 'ne Menge zu lesen, oder?
Wenn Du noch was wissen willst, Thimo - ich stehe immer gern zur Verfügung
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