Ah, Rats!!
Mitglied

Beiträge: 207
Dabei seit: 24.08.2009
Wohnort: Berlin
|
Betreff: Re: LED-Taschenlampen
Das ist ja mal eine tolle Gegenüberstellung, Brötchen! Vielen Dank! Gerade die Fenix-Palette muss ich mir dringend noch mal näher anschauen 
Hans, ein paar Punkte noch zu Deinen Kriterien, die Du an die Lampe stellst. Zuerstmal die Taschenlampe als "Selbstverteidigungs-Strobo". Es ist richtig, dass im militärischen, und sicher auch im polizeilichen Bereich (SEK) das kurzzeitige Blenden des Gegners durch eine z.B. an eine Waffe montierte Lampe eine Option ist. Diese hat allerdings nur dann einen Sinn, wenn Du Dich im Dunkeln bewegst (Dämmerung oder Verwendung von Nachtsicht), und die Lampe bereits auf den Gegner richtest. Es zielt darauf ab, dass die Augen des Gegners auf die Dämmerung eingestellt sind, und die Pupillen dadurch geweitet. Ziel des Spielchens ist, sich einen winzigen Zeitvorteil zu verschaffen, wenn man den Gegner mit nichttödlichen Zugriffsmethoden überwältigen möchte. Es ist allerdings umstritten, da die Blendwirkung auch bei starken Einsatzlampen bei weitem nicht so stark ist wie z.B. bei einer Blendgranate (bei der zusätzlich noch Schalldruck hinzu spielt). Deine eigenen Pupillen, und die Deiner Teamkollegen sind ebenfalls geweitet - die Gefahr der Eigenblendung (Reflektion!) besteht. Und trägst Du eine Nachtsichtbrille, riskierst Du dass bei Einschalten der eingebauten Blitzkompensation einfach das Bild für die paar Sekunden verschwindet, in denen Du es am nötigsten brauchst.
Die Lampe als Blendgerät ist also eher etwas für den Offensivbereich, wenn Du Herr der Lage bist - und selbst da nicht immer optimal. Wirst Du allerdings angegriffen, ist das komplett hinfällig: Der Gegner wählt den Zeitpunkt seines Angriffs. Es gibt also keinen Überaschungsmoment Deinerseits. Greifst Du nach einer Lampe, wird -!- der Gegner das für den Griff nach einer Waffe gleichwelcher Art halten - sei es Pfefferspray, Schlagstock, Messer, Schreckschusspistole, was auch immer. Vor so etwas hat ein Angreifer in einem Raubüberfall mächtig Angst. Da stehst Du nun, Dir gegenüber ein Typ in einem emotionalen Ausnahmezustand, aufgepumpt mit Adrenalin - und Du gibst ihm den Eindruck einer drohenden Gefahr für ihn, plus ein paar Sekunden, in denen er zuerst reagieren kann (nämlich die Zeit, in der Du Dich um das Hervorfingern der Lampe kümmerst, und nicht um die Abwehr eines Schlags, Flucht etc). Das kann eine Präventivaktion des Angreifers hervorrufen, die aus Angst vor dem was Du vielleicht ziehst sehr viel heftiger ausfallen könnte, als ein ohnehin schon schlimmer körperlicher Angriff.
Ich rate Dir, wenn Du schon etwas zur Verteidigung dabei haben möchtest, eine Dose Pfefferspray ("Tierabwehrspray") zu tragen. Natürlich nur zur Abwehr von aggressiven Hunden - der Einsatz gegen Menschen ist verboten, außer in Notwehrsituationen. Auch hier hast Du das Problem, dass Du wärend eines laufenden Überfalls ein Risiko eingehst, wenn Du den Spray ziehst. Aber zumindest kannst Du in einer Nothilfesituation z.B. bei einem Überfall gegen einen Dritten reagieren. Da zu dem Räuber zu gehen, und ihn mit einer Taschenlampe ins Gesicht zu leuchten, macht ihn entweder nur sehr wütend auf Dich, oder löst einen Lachflash aus ;-)
Was das Nutzen einer Taschenlampe als SOS-Signalmittel angeht: Das würde ich ebenfalls nicht als Kaufentscheid wählen. Da gibt es wesentlich bessere, praktischere Mittel, will man dauerhaft ein Notsignal senden. Und wenn man gerade anrückende Retter auf sich aufmerksam machen will, reicht ein paar Mal das Antippen des Impulsschalters, und die sehen Dich. Einziger Vorteil wäre, wenn die Lampe über Stunden irgendwo liegt, und Leute auf sich aufmerksam machen soll, die NICHT wissen, dass da jemand Hilfe braucht. Für Fälle, in denen Du nicht aus eigener Kraft drei mal kurz, drei mal lang, drei mal kurz drücken kannst. Begibst Du Dich in Gebiete, wo so etwas nötig werden könnte (Trip durch Alaska oder die Schottischen Highlands), lass es mich wissen, dann leihe ich Dir für die Zeit ein professionelles Notblitzgerät - da hast Du wirklich mehr von. Jedenfalls würde ich vom Kauf einer Lampe, die Dir gefällt, nicht deswegen abstand nehmen, weil sie nicht SOS funken und keinen "Abwehr-Strobe" schicken kann.
Einen Scheibenzertrümmerer halte ich für eine sehr sinnvolle Sache zur Selbstrettung nach einem Unfall, sofern man durch die Folie vom Verbundglas kommt. Allerdings würde ich so etwas immer in Verbindung mit einem Gurtschneider sehen. Im Falle eines EDC-Sets fährt man durchaus besser, wenn man sich ein Taschenmesser zulegt, welches sowohl Gurtschneider wie auch Scheibendorn verfügt. Google mal nach "Rescue Knife", allerdings fallen da viele unter die gesetzlich bedenkliche Kategorie "verriegelnde Einhandmesser" (s. Waffenrecht-Novellierung). Eine Alternative sind Dinge wie der "RescueMe"-Schlüsselanhänger, der ebenfalls beides enthält. Auch hier würde ich die Kaufentscheidung nicht davon abhängig machen, ob es bei der Lampe vorhanden ist, auch wenn das sicher ein legitimes "NiceToHave" wäre. Willst Du Dich wirklich darauf vorbereiten, dass Du mal durch eine Autoscheibe musst, empfehle ich Dir mal den Blick auf das Victorinox "Rescue Tool". Neben dem Nutzen als vielseitiges Taschenmesser böte so etwas auch eine wirkliche, und nicht nur behelfsmäßige Hilfe in solchen Situationen.
Chris H.
|