Indy2Go
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Betreff: Re: Der letzte Film
Watchmen: The Ultimate Cut
Lange habe ich mit mir gehadert, ob ich mir die US-Scheibe mit der ultimativen Schnittfassung zulegen soll. Zum Glück habe ich es getan, denn sie hat für mich kurzer Hand alle anderen Versionen für nichtig erklärt. Im Gegensatz zum Director's Cut wird auch der fiktive Comic "Tales of the Black Freighter" in vorm eines (einzeln auch hierzulande erschienenen) Animationsfilms erzählt. Dieser erscheint stückchenweise, gepaart mit dem Subplot um die beiden Bernards; den Zeitungsverkäufer und den Jungen, der regelmäßig aufkreuzt um am Stand diesen Comic zu lesen. Im Original spricht Gerard Butler den Captain in diesem Animationsfilm, weshalb sein Name auch in der Titelsequenz erscheint.
Apropos Titelsequenz: Diese finde ich schlichtweg großartig. Voller popkultureller Anspielungen und geschichtlicher Ereignisse werden Momente aus dem Leben der Hauptfiguren und ihren Vorgängern gezeigt, während das - auch thematisch - perfekt passende Stück "The Times They Are a-Changin'" von Bob Dylan eingespielt wird. Generell gefallen mir die im Film verwendeten Lieder sehr gut. Psychedelische Musik einzuspielen ist eine nette Eigenart von Zack Snyder. Der Mann hat auch einen sehr eigenwilligen Inszenierungs-Stil, den ich persönlich phantastisch finde. Er stellt sehr gerne Bilder aus den Comic-Vorlagen nach, und versieht sie mit Bewegung. Dafür gibt es in "Watchmen" unzählige Beispiele, so etwa gleich zu Beginn die Einstellung, in der Edward Blake durch das Fenster geworfen und seinen Pin verliert oder die Vietnamkriegs-Szene. Man könnte sagen, Snyder verwischt die Grenze zwischen Comic und Film, er versucht die beiden Medien miteinander zu vereinen, weshalb seine Filme sich anfühlen wie Comics. Auch der häufige (aber gezielte) Einsatz von Slow Motion wirkt schlicht fulminant.
Snyder hält sich über weite Strecken sehr dicht an die Vorlage von Alan Moore, doch drei größere Abweichungen konnte ich - nachdem ich kürzlich erst das Graphic Novel gelesen habe - festmachen: Dan Dreiberg, also der zweite Nite Owl, sucht im Film Adrian Veidt auf um ihm von Rorschachs Superhelden-Mörder-Theorie zu berichten. Im Comic suchte Rorschach selbst Veidt auf. Durch das Aufeinandertreffen der beiden Charaktere wurde im Comic sofort das unschöne Verhältnis der beiden aufgezeigt, was im Film eben entfällt. Des Weiteren ist die Ausgangssituation des Falls, in dem Rorschach vor längerer Zeit ermittelte, im Film eine andere. Im Comic erfuhr Rorschach von der Vergewaltigung und dem Mord, legte dem Mörder Handschellen an und setze sein Haus in Brand. Zusätzlich ließ er ihm eine Säge da, um sich befreien zu können, was nur mit einer Amputation möglich wäre. Im Film dagegen rastet Rorschach einfach total aus und schlägt dem Kerl mehrfach mit einem Beil in den Kopf. Eine sehr widerwärtige Szene, die prinzipiell aber weniger heftig ist, als das was Rorschach im Comic machte. Man empfindet durch die Szene aber auch eine gewisse Genugtuung, die mit der Comic-Variante nicht da gewesen wäre. Der größte Unterschied zum Comic ist aber natürlich das Ende. Die vorgetäuschte Alien-Invasion im Graphic Novel kam dort ziemlich genial rüber, hätte im Film aber zu abgehoben gewirkt. Zumal es doch eigentlich auch naheliegender ist, Dr. Manhattan die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Kurz: "Watchmen" ist in meinem Augen ein visuelles Meisterwerk, das der großartigen Vorlage absolut gerecht wird.
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.
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