Aldridge
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Betreff: Re: Der letzte Film
Independence Day (Special Edition) – In Steven Spielbergs Unheimlicher Begegnung der dritten Art gibt es da diese kleine, bezaubernde Idee: Da nehmen die Menschen mit ihren außerirdischen Besuchern über eine schlichte Tonfolge, gespielt auf einer Lichtorgel, friedlich Kontakt auf. Die Idee ist so einfach und doch so denkwürdig, dass sie in die Kinogeschichte eingegangen ist. In Roland Emmerichs Independence Day taucht diese Szene auch auf, aber da geht sie ein bisschen anders: Die Lichtorgel hängt an einem Hubschrauber, der Hubschrauber vor einem 25 Kilometer durchmessenden Ufo und der Kontakt endet nicht friedlich, sondern in einer riesigen Explosion. Diese Szene ist im Grunde symptomatisch für den ganzen Film: Emmerichs Alien-Invasion klaut sich munter Versatzstücke aus anderen Alien-Invasionen zusammen und präsentiert sie unter dem Motto „größer, greller, lauter“. Für ein bisschen Weltraum-Romantik bleibt da wenig Platz.
Doch gut geklaut, ist nicht automatisch gut gemacht. Das Ramba Zamba der dritten Art wartet mit so vielen Unlogeleien und hirnrissigen Ideen auf, dass es komplett den Rahmen sprengen würde, sie alle aufzuzählen. Top Gun trifft E.T. Und dabei fällt es nicht sonderlich ins Gewicht, wenn ein Protagonist aus dem väterlichen Rat, er solle sich keine Erkältung holen, kurzerhand ableitet, die Lichtjahre gereiste Alienrasse frei nach H.G. Wells per Computervirus Stand 1996 außer Gefecht zu setzen. Geschenkt. Immerhin hatten sich Emmerich und Kompagnon Dean Devlin für ihr Drehbuch nur drei Wochen Zeit genommen. Was dann streckenweise viel größeres Kopfzerbrechen bereitet, sind die emotionalen Unzulänglichkeiten der Charaktere. Der gute Kumpel wird mit seiner F-18 abgeschossen, die Präsidentengattin stirbt, die Menschheit wird ausgerottet – völlig egal, für einen lockeren Spruch, eine patriotische Rede und ein bisschen Salutieren ist immer noch Platz.
Dennoch muss man Emmerich zu Gute halten, dass er einfach ein Gespür für denkwürdige Bilder hatte. Mögen die (überwiegend „echten“ Modell-)Tricks nach knapp 20 Jahren auch übel gealtert sein, so hat der Mann doch sichtlich Freude daran, ganz viel kaputt zu machen und es ansprechend in Szene zu setzen. Und dann wäre da noch der Umstand, dass Independence Day heute ein kleines Relikt aus einer Zeit ist, als Handys ausziehbare Antennen hatten, Akte X über die (Röhren-)Bildschirme flackerte und nur Freaks über das Internet sprachen. Soll heißen: Das Teil ist trotz aller Defizite inzwischen eine kunterbunte Nostalgie-Wundertüte mit einer ansehnlichen Besetzung. Roland Emmerich war damals 40 Jahre alt und wird nächstes Jahr, wenn Independence Day Resurgence in die Kinos kommt, satte 60 sein. Da darf man gespannt sein, ob mit dem Regisseur vielleicht auch ein bisschen die Story gereift ist – oder ob´s doch nur wieder Krachbumm ohne Spannungskurve geben wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: bunt, laut, doof - Spektakel!
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