Aldridge
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Betreff: Re: Der letzte Film
Westworld - Michael Crichtons erste "Panik im Park"-Variante. Knapp 20 Jahre vor Jurassic Park waren Roboter etwas prominenter im allgemeinen Bewusstsein verankert als Gentechnik, und so gab Crichton als Autor und Regisseur in Personalunion mit der netten kleinen Roboter-Hatz sein Kino-Debüt. Die Grundidee ist auch wirklich bestechend: Irgendwo im Nirgendwo existiert ein Freizeitpark namens Delos, in dem die vermögenden Gäste als Römer, Ritter oder Cowboy so richtig die Sau rauslassen können. Roboter übernehmen alle Dienste, und das schließt den "Service" als Lustobjekt mit ein. Crichton hat nur leider viel zu viel Spaß daran, eben dieses wilde Treiben vorzuführen und seinen beiden Protagonisten durch den Wilden Westen zu folgen. Und so launig das auch ist, so oberflächlich bleibt es auch den ganzen Film über. Der Regisseur verpasst hier leider die Gelegenheit, tiefer ins Thema einzusteigen und auch nur einen Teil der Fragen aufzuwerfen, die so ein futuristischer Park mit sich bringt: Das betrifft die moralisch-ethische Seite, wenn Roboter an die Stelle von Menschen treten. Und das betrifft die wirtschaftliche Seite, denn über den Konzern hinter Delos und dessen Ziele erfährt der Zuschauer rein gar nichts. Insgesamt ist der Film etwas unausgewogen, denn nach einer Stunde skurriler Urlaubsimpressionen bleibt für das eigentliche Thema, den Amoklauf der Roboter, nicht mal mehr eine halbe Stunde Laufzeit. Dennoch: Unterhaltsam ist das allemal. Und bemerkenswert bleiben die Auftritte eines verdammt gutaussehenden James Brolin, eines Richard Benjamin vor seiner Regie-Karriere, einer Majel Barrett als Saloon-Chefin und natürlich eines Yul Brunner, der seine Rolle aus den glorreichen Sieben wieder aufleben lässt.
...Jahr 2022... die überleben wollen (Soylent Green) - Regie-Veteran Richard Fleischer hat sich einer Geschichte Harry Harrisons angenommen. Und herausgekommen ist einer der Filme, die ihre literarische Vorlage sogar übertreffen. Was nicht heißen soll, dass Harrisons Geschichte nicht gut ist. Diese stammt aus dem Jahr 1966 und beschäftigt sich in geradezu prophetischer Weise mit den Problemen von Überbevölkerung und der Teilung der Gesellschaft. Der Film wiederum erschien ein Jahr nach dem Bericht des Club of Rome aus dem Jahre 1972 und treibt das Thema unter diesem Eindruck auf die Spitze, indem er das Motiv des Soylent Green einführt. Was dabei auffällt: Fleischers Dystopie ist sichtbar ein Kind ihrer Zeit, denn die gezeigte Zukunft versprüht das Flair der 70er Jahre. Dennoch liefert der Film eindrucksvolle Bilder etwa von überfüllten Häusern oder Menschen, die per Müllwagen abtransportiert werden, um auch heute noch reichlich Eindruck zu hinterlassen. Und er zeichnet eine Gesellschaft, die in Superreiche und Bettelarme geteilt und damit gar nicht mal mehr so weit entfernt erscheint. Veredelt wird das Ganze dann noch durch Edward G. Robinson, der dem sarkastischen Ton des Films eine angenehm melancholische Note verleiht (und der kurz nach Ende der Dreharbeiten wirklich starb). Für mich im Grunde eine DER Kino-Dystopien der 1970er Jahre, die heute noch immer nichts von ihrer Wirkung verloren hat. Einen Extra-Punkt gibt es dann noch für die gelungene Bildmontage zu Beginn, die den Zuschauer sofort ins Geschehen schmeißt.
2001 - Odyssee im Weltraum - So, kommen wir zum Sakrileg des Tages: Ich kann mit dem Streifen - noch immer - nichts anfangen. Ich halte ihn sogar für maßlos überschätzt. Ich weiß schon, dass Kubrick hier eine rein visuelle Erzählweise zelebriert und weit davon entfernt ist, alles zu erklären und dem Zuschauer vorzukauen, wie er es gemeinhin aus dem Kino gewohnt ist. Und ich habe mich auch pflichtschuldig mit Kubricks Bildsprache und seiner Symbolik beschäftigt, die zugegeben recht faszinierend ist. Aber ich kann es drehen und wenden, wie ich will: Unterm Strich halte ich 2001 für ein unheimlich zähes und langatmiges Stück Film. Die Minimalgeschichte, die Kubrick mit Science-Fiction-Legende Arthur C. Clarke erarbeitet hatte, ist im Grunde schnell erzählt, wird hier aber in epischer Weise zerdehnt. Die Passagen auf der Raumstation wirken ziellos. Und das Geplänkel mit HAL mag für sich genauso wie im Kontext vielleicht philosophische Fragen aufwerfen, wirkt auf dem Weg zum Jupiter aber dennoch nur episodenhaft und isoliert. Ich kann irgendwie nachvollziehen, dass Kubricks Werk aufgrund seiner visuellen Qualitäten eine ungeheure Wirkung hatte, wenn man im Hippie-Jahr 1968 unter Einfluss chemischer Substanzen im Kino saß. Aber auf mich wirkt der Film immer nur intellektuell überhöht und damit einfach kalt. Und um das Sakrileg auf die Spitze zu treiben: Peter Hyams´ Umsetzung des Fortsetzungsromans fand ich schon immer deutlich besser, weil er ganz einfach seine Geschichte erzählt. Würde gerne auch mal eine Umsetzung der beiden Folgeromane von Clarke sehen. Beobachtung am Rande: Auf der Raumstation gibt es ein nettes Wiedersehen mit Margaret Tyzack als russischer Wissenschaftlerin, die Indy-Fans als Miss Seymour in guter Erinnerung haben sollten.
Starship Troopers – Paul Verhoevens Paradebeispiel dafür, dass nicht jeder Ironie versteht. Die Kritik und auch Teile der Zuschauer hatten die Umsetzung des Romans von Robert A. Heinlein seinerzeit als faschistoide Gewalt-Fantasie abgetan. Und oberflächlich gesehen, ist er das sicherlich auch. Verhoeven spielt mit faschistischen Symbolen und Strukturen und zeichnet eine Gesellschaft, die bereits in der Schule „auf Linie“ gebracht wird und zu keiner Zeit auf den Gedanken kommt, die vermittelten Werte zu hinterfragen. Das macht der Regisseur dann auch noch so unterhaltsam, indem er seine Geschichte (Drehbuch Ed Neumeier) mit vielen markigen Sprüchen und überragenden Schauwerten anreichert, dass man ihm leicht eine Manipulation der Zuschauer vorwerfen könnte. Allerdings wird das Gezeigte von Anfang an durch makabre Nachrichtensendungen und einen recht eindeutigen Schulunterricht gebrochen, so dass jedem klar sein sollte, dass die eigentliche Bedrohung im Film nicht von den Bugs ausgeht. Verhoeven sagt im Audiokommentar, dass Krieg aus jedem einen Faschisten macht, und lässt sich reichlich über die amerikanische Außenpolitik aus. Und wenn das auch ein wenig simpel klingt, so hätte der Film vielleicht eine stärkere Wirkung gehabt, wäre er nicht in der liberaleren Clinton-Ära, sondern sechs Jahre später zu Zeiten von George W. Bush, Post-9/11 und Irak-Krieg in die Kinos gekommen. Was man Verhoeven allerdings vorwerfen kann: In der zweiten Hälfte gibt sich der Film zu sehr der Freude am Gemetzel hin und vergisst darüber seine ursprüngliche Botschaft. So oder so: einer der intelligentesten Genre-Beiträge der vergangenen Jahrzehnte.
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