Dt. Indiana Jones Fan Forum



#1 23.08.2008, 10:44
Fantasius Abwesend
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Betreff: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Im Reclam Verlag gibt es einen schönen fünfbändigen Schuber zu den Filmklassikern, der äusserst empfehlenswert ist, da weniger kanonische Kunstfilme, sondern vielmehr populäre Streifen rezensiert werden. Kurz: Mehr Hollywood, weniger Cannes. Mit dabei natürlich: Indiana Jones (die ersten drei Teile). Wer sich folglich für Filme auch strukturell interessiert, dem seien diese Bände wirklich ans Herz gelegt - und nein, ich habe keine Anteile bei Reclam. Hier mal ein erster Auszug des Indy-Artikels, der sicherlich diskussionswürdig ist.

Quelle
Filmklassiker: Beschreibungen und Kommentare (Hg.: Thomas Koebner)


"'Anything goes', Titel eines Cole-Porter-Songs, den Willie in der an Busby Berkeleys Choreographie erinnernden Eröffnungs-Sequenz von Temple of Doom singt, kann nicht allein als Motto über der gesamten Trilogie stehen, sondern 'Anything goes' kann, seit Paul Feyerabends philosophischer Indienstnahme des Schlager-Titels, auch als Strukturprinzip der postmodernen Kultur, vor allem des Films gelten. 'Alles geht': alles ist verfügbar, zitierbar geworden, und mit einem Augenzwinkern wird so auf die Illusion des Kinos hingewiesen. In allen drei Indiana-Jones-Filmen geht zu Beginn der Berg im Paramount-Signet direkt in einen Berg über, der zur Filmhandlung gehört. Der Stoff der Trilogie ist wahrhaft Zelluloid: Filme, entstanden aus anderen Filmen. Dieses Trugspiel führen Spielberg und Lucas aber mit einer solchen Phantasie und einem solchen Raffinement auf, vor allem mit einem so grandiosen Tempo, dass im visuellen Bombardement der Sinne dem Zuschauer eben die zu schwinden scheinen. Die am Computer kalkulierte Dramaturgie, die alle acht bis zehn Minuten einen optischen Höhepunkt verlangt, eine Actionszene, wie man sie noch nie sah, wird in einem Schnitt-Stakkato, in atemberaubenden Stunts und faszinierenden Spezialeffekten zum Spektakel, in dem sich die Handlung völlig auflöst und jede logisch-dramaturgische Wahrscheinlichkeit abdankt zugunsten einer ästhetisch-imaginären Wahrscheinlichkeit, dass alles möglich sei." Bernd Kiefer

Adios
Fantasius
 

#2 23.08.2008, 11:54
gorr Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Hmm, bei dem Text fühle ich mich doch glatt an unsere gehäuften Diskussionen zum Thema Flugzeugabsturz-mit-Schlauchboot erinnert. ^^

Stimmt aber alles in allem. Nur die "am computer kalkulierte Dramaturgie" will mir nicht so recht einleuchten.
Leif
 

#3 23.08.2008, 11:57
m.s Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
@ gorr, genau über den Punkt bin ich auch gestolpert. Wo wurde denn in den 80ern Dramaturgie am Computer kalkuliert? Und was soll das eigentlich heißen? *kopfkratz*
Martin Schlierkamp
 

#4 23.08.2008, 12:03
gorr Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Ich denke schon, dass das eher metaphorisch gemeint ist. So á la: berechenbare Dramaturgie. Trotzdem leuchtet mir das nicht ein, bin aber auch kein Filmexperte, deswegen kann ich jetzt nichts über irgendwelche Spannungsbögen oder dergleichen sagen.
Leif
 

#5 23.08.2008, 13:00
m.s Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Ich schätze auch, daß das metaphorisch gemeint sein muß. Aber wo er mit dem "Computer" hin will, ist mir nicht klar. Eventuell in Richtung "kalt und seelenlos zusammengeschustert". Ähnliches wurde den Indys ja immer mal wieder gern vorgeworfen. Egal, wie es gemeint ist, ich finde die Formulierung unglücklich und mißverständlich. Denn "am Computer kalkuliert", wenn ich es mal wörtlich nehme, wurde in den 80ern mal ganz sicher nichts. Vielleicht wäre "am Reißbrett kalkuliert" treffender gewesen.
Martin Schlierkamp
 

#6 23.08.2008, 13:49
Phaidon Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
In der Tat ist gemeint, dass die Plots konstruiert und berechnet seien, so wie beschrieben "alle 10 Minuten ein Action-Höhepunkt". Ich halte diesen Vorwurf, insofern er einer ist, auch für unberechtigt, immerhin ist das Ganze glänzend umgesetzt worden. Außerdem ist jede gute Story, und insbesondere diejenigen von literarischen und filmischen Glanzlichtern, immer genauestens berechnet.
 

#7 25.08.2008, 09:22
Deckard Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Ich will ja jetzt nicht lästern aber der Stil und die Schreibweise des obigen Textes sind entsetzlich! Das sind nur ein paar Zeilen aber ganz ehrlich wer kann sowas als Buch lesen? Wenn ich da abens anfange zu lesen schlafe ich entweder ein oder ich schweife vollkommen ab weil man sich total konzentrieren muss ob solcher verschachtelten von Fremdwörtern strotzenden Texten. Da kann ich gleich eines meiner Lehrbücher mit ins Bett nehmen Zwinkernder Smiley
"*zensiert* So sagt man in Österreich auf Wiedersehen!" Grinsender Smiley
 

#8 25.08.2008, 09:25
Daniel
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Da hast du Recht. Solche Texte, dazu noch über eigentlich so ungezwungene Themen, finde ich echt öde.
 

#9 25.08.2008, 14:02
Phaidon Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Das ist halt akademische Schreibe. Viele, die diese pflegen, sind halt darauf bedacht, Aussagen möglichst kompliziert darzustellen. Im Zusammenhang mit leichten Themen wie Indiana Jones ist eine akademische Behandlung natürlich sowieso ein Stück weit sinnfrei und schießt oft über die Realität hinaus.
 

#10 25.08.2008, 15:25
Deckard Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Zitat von Phaidon:
Das ist halt akademische Schreibe.

Nicht unbedingt Zwinkernder Smiley in jedem Anfängerkurs des wissenschaftlichen Arbeitens wird einem beigebracht, dass eine wissenschaftliche Publikation nur dann was taugt, wenn sie so geschrieben ist, dass man nicht nach 2 Absätzen einschläft. Texte/ Bücher die überdurchschnittlich und sinnlos mit Fremdwörtern und Schachtelsätzen vollgepackt sind, haben entweder geringe bis gar keine Aussage oder dem Autor ist zum Thema nichts wirklich Neues/Wichtiges eingefallen. Mithilfe von Fachausdrücken und überdurchschnittlich vielen Bindewörtern kann man über jedes beliebige Thema eine Menge schreiben, sonnvoll oder sinnlos sei mal dahingestellt.
Wie gesagt ich hab schon einige Diplomarbeiten aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen korrekturgelesen aber keine davon war so anstrengend zu lesen wie die paar Zeilen obethalb.
Auch ist zu sagen, dass der Reclamverlag seinen "akademischen Touch" immer wieder betont sei es durch Publikationen die keiner braucht oder sonstige überkompliziert anmutenden Werke (man braucht sich nur die Lektüreschlüssel für Schüler (!) zu klassischen Werken anschauen, da versteht der durchschnittliche Gymnasiast die Hälfte nicht).

Und wozu zum Geier brauche ich ein höchst intellektuelle Rezension der Indyfilme? Dass Anything Goes von Cole Porter ist ist mir seit Ewigkeiten bekannt und der Rest ist Geschreibsel.
Da bin ich eher für Werke wie "Die Wissenschaft in Indiana Jones" oder ähnliches weil man da vom Lesen auch was hat.


"*zensiert* So sagt man in Österreich auf Wiedersehen!" Grinsender Smiley
 

#11 30.08.2008, 19:30
Fantasius Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Zitat von gorr:
Hmm, bei dem Text fühle ich mich doch glatt an unsere gehäuften Diskussionen zum Thema Flugzeugabsturz-mit-Schlauchboot erinnert. ^^

Stimmt aber alles in allem. Nur die "am computer kalkulierte Dramaturgie" will mir nicht so recht einleuchten.

Gut erkannt, der Text geht nämlich wie folgt weiter:

"Da es das Gesetz des Genres ist, dass der Held jede gefährliche Situation überlebt, steigern Spielberg und Lucas die Situationen ins Abstruse: Eine gewaltige Steinkugel will den Helden zermalmen; in einer Grube muss er sich Hunderter von Giftschlangen erwehren; in einem Schlauchboot fällt er aus einem abstürzenden Flugzeug, rutscht im Boot über Himalaya-Gletscher und überlebt selbst den schwindelerregenden Absturz in einen Fluss, nur um eine noch aberwitzigere Schussfahrt in einer Lorenbahn zu überstehen. In Last Crusade setzen ihm Armeen von Ratten genauso zu wie die deutschen Panzer. Die münchhausenartigen Kabinettstückchen im Überleben gefährlichster, ja auswegloser Situationen sind zahllos. - Diese Ästhetik der Übersteigerung, die die Action-Szenen jeder Spannung beraubt, schafft jedoch einen Schwindel der Wahrnehmung, ein kaum noch Reagierenkönnen der Augen und Ohren des Zuschauers. Die Indiana Jones-Filme sind das absolut synthetische Kino als absolut kinetisches Kino. Die Welt löst sich in immer rapider werdender Beschleunigung auf." Bernd Kiefer

Kurz zu den Posts, die sich über diese Schreibe aufregen: Erstens ist der Stil noch fern der komplizierten Sprache, da gibt es wahrlich andere Kaliber. Und zweitens mag man zwar in irgendwelchen Anfängerkursen predigen, dass wissenschaftliche Publikationen spannend sein sollen, nur wer entscheidet über das Empfinden der Spannung? Richtig. Der Leser oder die Leserin. Der eine schläft dabei ein, den anderen spricht es an - ist eine ästhetische Frage. Grundsätzlich zielt Wissenschaftliches nicht auf Unterhaltung, sondern Information für Interessierte. Ich bin zwar auch eher dafür, dass Akademisches unterhaltend sein darf, prioritär ist aber Letzteres. Sicherlich gibt es einige Autoren, die sich ohne Aussage hinter Fremdwörtern und Schachtelsätzen verstecken, dazu würde ich aber Kiefer nicht zählen. Vom akademischen Standpunkt her ist die Wortwahl harmlos und für das, war er ausdrücken will, angemessen. Es ist nicht nur Geschreibsel. Jeder sollte doch in seinem Wortschatz Wörtern aus der Fremde Gastrecht gewähren Zwinkernder Smiley Wer diese Art von Filmanalyse öde findet, der hat hier genügend Threads, die sich auf andere Art unserem Lieblingsthema widmen. Und warum zum Geier man das braucht? Weil es eine weitere Perspektive auf etwas Vertrautes bietet. Ich habe den Reclam-Artikel eher als Alternative zum Nachdenken über Indiana Jones gepostet - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Zum Inhalt: Diskussionswürdig sind eher die Aussagen und weniger die Sprache. Meiner Ansicht nach löst sich bei Indiana Jones nicht die Handlung zugunsten der Ästhetik auf und von Schnitt-Stakkato kann in Zeiten von Jason Bourne wohl kaum mehr die Rede sein. Desweiteren sind die übertriebenen Action-Szenen zwar vorhanden, die Spannung geht dabei aber nicht verloren. Indy ist gerade einer dieser Charaktere, die sehr wohl verletzlich sind und denen man trotz aller Münchhausenanleihen den Tod zutraut. Indy ist nicht Superman. Natürlich wissen wir, dass er kaum sterben wird, trotzdem blutet und schwitzt er wie du und ich - John McClane ist dadurch ein ähnlicher Typus. Ein kleiner Fehler hat sich auch noch eingeschlichen: In Last Crusade jagen keine deutschen Panzer Jones, höchstens einer. Und warum soll sich die Welt auflösen? Beschleunigung ist sicherlich vorhanden, aber im Vergleich zum modernen Kino ist die Sinnbeanspruchung durchaus im Rahmen.

Adios
Fantasius
 

#12 30.08.2008, 20:15
Daniel
Gast
Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Den letzten Text, den du gepostet hast, kann man ja von der Wortwahl gut lesen. Was will der Mann unter anderem sagen? Indy sei ohne richtige Handlung; nur ein Bombardement an Actionszenen und ständig abstruser werdenden Wundertaten? Lachender Smiley Seine Meinung. Schön. Der Mann sollte lieber z.B. "Mein Name sei Gantebein" erforschen.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 30.08.2008, 20:16 von Daniel.  

#13 01.09.2008, 08:18
Deckard Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Das kommt immer raus wenn Leute über ein Thema schreiben von dem sie keine Ahnung haben. Jemand der einen Film nur einmal gesehen hat kann keine Rezension schreiben etc... Es gibt auch so viele schlechte Bücher zum Thema Studentenverbindungen von Leuten die nie bei einer Veranstaltung waren sondern nur aufschreiben was sie selber irgendwo gelesen haben...
"*zensiert* So sagt man in Österreich auf Wiedersehen!" Grinsender Smiley
 

#14 01.09.2008, 08:32
Phaidon Abwesend
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Betreff: Re: Reclam Filmklassiker: Indiana Jones
Das Problem solcher gehobenen Betrachtungen sind schlicht die falschen Erwartungen und Anforderungen, deshalb gehen sie auch völlig an der Sache vorbei. Ich halte Indiana Jones nicht sonderlich geeignet für akademische Betrachtungen.
 

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