treasurelane
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Betreff: Re: Dial of Destiny - Reviews auch mit Spoilern
Schade, schade. Erstmal eine Trennung, die ich vollziehe. Auf der einen Schulter sitzt der, der sich freut, dass es überhaupt noch etwas Neues gibt. Auf der anderen jemand, der den Film als Indiana Jones Film und Fan mit trotz allen verständlichen Abstrichen doch noch unter höheren erwartungen beurteilt. Um diesen Kerl geht es jetzt; und der ist enttäuscht.
Zuerst mal ist der Film natürlich auch immer wieder von der aktuell bekannten Disney-Agenda durchzogen. Wer hier was tut ist oft bestimmt durch die scheinbare "Politik", die man wohl in jedem Film unterbringen zu müssen meint. Das allein macht aber den Film nicht schlecht oder ungenießbar. Das dazu.
Es gab viele Gerüchte darüber, wie chaotisch dieses Werk entstanden sein sollte. Wie bruchstückhaft, wie Baukasten-mäßig. Nach der Sichtung kann ich mir das nur zu gut vorstellen.
Ganz kurz, wild durcheinander und bündig das, was mir gefallen hat:
- Die Figur des Voller, seine Motivation, seine Geschichte über die ganze Handlung hinweg, sein Schauspiel, seine Gravitas. Super. Beste Rolle im ganzen Film.
- Ich nahm old-Indy in manchen Momenten ab, dass er keinen Bock mehr hatte, das verdammte Dingsi zu suchen. Die Verzweiflung, die Desilliusionierung kommt zu Beginn der 1969er Zeit teils gut rüber
- Der eine Dialog mit Helena auf dem Boot von Renaldo, dass er eben trauert, dass sein Sohn unnötig starb und auch seine Beziehung zu Marion daran zerbrach; da hatte ich ein Tränchen im Auge, das war super emotional
mehr Pros zu finden wird schwieriger, als das Rad des Schicksals zu finden...Spaß beiseite...
Die Anfangssequenz wirkt zu Beginn in dem emsigen Treiben im Schloss und so richtig dicht und stimmungsvoll. Kretschmann macht für mich einen super Job. Ein Moment, als Indy in den Zug mit feiernden/besoffenen Soldaten kommt, der wirkte richtig gut, fast wie in "das Boot" oder so. Das war stark. Der Verlauf der Action an sich. Nun ja. Da hätten Indy (Explosion) und Voller (Stange voll ins Gesicht) eigentlich schon sterben müssen. Film erledigt. Auch verstand ich nicht, wie Indy plötzlich dann wieder zum Zug mit Basil kommt, wie das geplant/ausgedacht gewesen sein soll. Dass er auch vorher plötzlich in das Auto steigt wirkt alles irgendwie zufällig und beliebig, aber was solls. Der Sprung am Ende mit Basil, den hätte man schöner inszenieren müssen, oder überhaupt inszenieren. Da hätte man was draus machen können. Wie er ihn versucht dazu zu überreden und ihn dann mitreißt etc.pp.
Zur CGI während dieser Etappe: Die besten wenigen Sekunden sahen wir im Trailer schon 1000 mal und da ist es wohl wirklich einfach ein reinkopiertes, unbewegtes Gesicht. Ich finde es wirkt ansonsten deutlich sichtbar künstlich. Sowohl was Gesicht angeht, als auch was Körperbewegungen betrifft. Auf dem Zug abgehakt und auch nochmal ganz am Schluss der Szene als er unter der Brücke mit Basil geht. Da merkt man, dass old-Indy läuft. Trotz allem (ich hätte sowieso kein de-aging angewendet, egal wie gut): Die Anfangssequenz passt. Die ist in Ordnung.
Der 1969er Beginn ist auch ganz nett, wenngleich das mit dem Baseballschläger etwas deplatziert und unausgespielt wirkt. In der Uni dann die Folien mit dem punischen Krieg, tja, die schmeißt er dermaßen auf dem Projektor, dass weder im Hörsaal, noch im Kinosaal irgend ein Gefühl für die Welt des MacGuffin aufkommen kann. Die dann folgende New York Parade ist o.k. Wenn gleich hier auch kein schöner Kampf mit dem Hünen stattfindet; das geleakte Video mit dem Schild-Boxer fand ich lustiger als das, was im Film davon übrig blieb...
Aber ich werde zu lang in der Rückschau. Um es zusammen zu raffen:
Im weiteren Verlauf des Films fehlen essentielle Dinge.
Die Action ist nicht so Dominostein-mäßig inszeniert, wie von einem Indy-Film bekannt. Die Tuk-Tuk Szene ist wirklich alles, was einem ein wenig in Erinnerung bleiben kann - nicht muss.
Der MacGuffin darf keine Magie, keine Anziehungskraft entwickeln. Wenn mal kurz drüber gesprochen wird, dann nur, dass Sekunden später wieder irgendjemand das zufällig durch eine "Action"-Sequenz abbricht. Wenn es ein "Rätsel" zu knacken gibt, dann wird das auch gerne Slapstick haft an einem neutralen Ort in einem seltsamen Dialog durchgebetet, wofür sich keiner interessiert und wo kein Zauber aufkommen kann. Das Dingsi zeigt wie ein Kompass auf ein Loch im Himmel. Das wars. Das Ding selbst strahlt nichts aus. Ich habe auch kein musikalisches Motiv erkannt. Man hätte auch einfach einen Text von Archimedes übersetzten können, der irgendwo am Himmel einen entscheidenden Sturm vorhersagte/berechnet hat. Fertig. Dingsi wäre somit unnötig gewesen. Also für DIESEN Film. Nicht für einen Indiana Jones Film. Da hatten selbst die Sankara Steine mehr Flair und Zauber.
Es fehlt furchtbar stark an Abenteuer-Szenerien. Da haben zu Recht alle Vorgänger mindestens immer zwei unterschiedliche Schatzsuch-Szenerien geboten. Im Grunde eine "Vorkammer" und dann den Haupttempel. Wie ist es leider Gottes hier? Die Tauchszene ist viel zu schnell vorüber. Ja man brüstet sich noch damit, dass es nur 3 Minuten sein dürfen, obwohl das dan nnatürlich inszenatorisch und spannungstechnisch mitnichten ausgespielt wird. Runter, Kiste rauf. Fertig. Kein "Rätsel", kein Clou, kein Schalter, kein geheimer Raum, nichts. Ich erinnere da zum Bleistift an den Friedhof aus Teil 4; um Längen besser gemacht. Dann am Ende nochmal ein par Sekunden Indy zwischen den Aalen. Das ist "lazy" wie schonmal hier gelesen geschrieben, ohne Liebe zum Detail, ohne Logik, nur für die Strichliste. "Bedrohlicher Moment": check. Das Einzige, was mir beim Tauchgang positiv aufgefallen ist, war, dass die Unterwasser-Welt ziemlich realistisch rüberkam.
Und dann der Archimedes Tempel: Viel zu wenig Abenteuer. Keine Fallen!. Einziger Mechanismus war der Pool, den wir im Grunde 1:1 schon in den 2 Minuten aus dem Clip gesehen haben. Auch das insgesamt eher lieblos. Einmal sagt Indy, dass "Metangas" im Raum wäre. In einem tollen Abenteuerfilm wäre das gas z.B. in den Raum geströmt, nachdem man den Sarg geöffnet hatte. Indy hätte dann unter Druck einen Ausgang finden müssen. Aber doch nicht in DoD, nein, nein. Auch gab es keinen Trick mit Spiegeln des Archimedes oder sonstigen Erfindungen, die da hätten eingebaut werden können. Kernkompetenz eines solchen Filmes für mich verfehlt.
Die Charaktere sind bis auf Voller eigentlich alle ziemlich doof. Holbrook, sein Hüne, die ganzen CIA-Leute...allesamt austauschbar, seelenlos bis richtig doof. Da war Dovchenko richtig gut dagegen. Helena ist keine Vollkatastrophe, aber mehr auch nicht. Nervt natürlich hier und da und hat natürlcih auch ihre Agenda-Szenen. Insgesamt eher schwach und eher unpassend. Auch Indy selbst ist nicht, wie das immer gerne schnell gesagt wird so 100% super dargestellt. Manchmal da schaut er schon etwas seltsam drein und wirkt nicht mehr wie Indy. Aber insgesamt macht ers noch gut.
Sie Story insgesamt wirkt noch szenenhafter als in Teil 4. Auch viele Plotholes. Einfach etwas zusammengewürfelt. Abenteuerfeeling kommt bei mir nicht wirklich auf. Die realen Orte sind im Grunde immer nur kurz angeteasert, werden nicht ausgespielt. Funfact: Im Hotel Atlantique ist es Nacht, dann kurze "Action", sie rennen raus: taghell. Egal. Wie gesagt die Schatzorte sind verdammt kurz und viel zu wenig. Keine echte Charakter-Entwicklungen. Im Grunde: Tauch nochmal n bisschen tiefer als die, die damals das eine Dingsi-Teil gefunden haben, finde dort den random-Rätseltext von Archimedes und geh schnell zum Grab. Das ist die Story im Bezug auf den MacGuffin.
Warum? Könnte man fragen: Eine rein zeitliche Erklärung: Diese Minuten hat man vom Abenteuer-Aspekt etc. abgezwackt und für das teils lächerliche Ende benutzt. Dass sie mitten im Kriegsgeschen vor 2000 Jahren ankommen mag ja noch irgendwas haben. Aber spätestens als sie auf Archimedes treffen und allerspätestens als sie mit ihm versuchen zu diskutieren ist der fremdschäm-Faktor voll dabei. Als Helena unterbricht und Dinge wie "...ja, Archimedes, Sie sind wirklich toll, aber sagen Sie jetzt bloß nicht, dass er dableiben soll..." sagt, kann man sich nur noch abwenden. Wohin sind wir da mit dem Franchise gekommen? ich dachte nach dem Mega-Spoiler schon, dass solch ein kelch an uns vorübergehen würde. Der Schlag ins Gesicht ist dann auch unwürdig für die letzten Momente dieser ikonischen Figur. Ein Agenda-Move auch. Hätten sie ihn seine Entscheidung treffen lassen und ihn dort gelassen - in dieser CGI-künstlichen Szenerie am Rande bemerkt - und ferig wärs. Nein, das hat der alte Depp nicht zu entscheiden. Da muss Helena ran. Dann Marion am Ende: "ich fülle den Kühlschrank auf..." furchtbar. Auch optisch. Die Frau sieht doch gar nicht so schlecht aus, wie ihr sie da geschminkt habt. Ich habe sie erst gar nicht erkannt. Na am Ende ist es wohl wenigstens Indy, der sich den Hut schnappt. Aber: Diesen Fanservice hätte man sich nach diesem Ende, nach diesem Film auch getost an den Hut stecken können!
Fun Fact: In den Trailern wurden teilweise Szenen zusammengeschnitten, die es so gar nicht gab. (Hüne unter Wasser in der Boot-Szene, Atlas-Kugel Szene?, "danach habe ich gesucht mein ganzes Leben" sagte er nicht in der Höhle...)
Unterm Strich: Wenigstens nochmal ein Film, in dem Indiana Jones (oder auch very old Henry Jones Jr.) nochmal vorkommt. Es gibt Action, es gibt dies und das. Ein verrücktes, Frankenstein-haftes Werk. Ein bisschen wie ein Fiebertraum...wäre das doch das Ende gewesen, als er daheim aufwacht...Wenigstens nochmal etwas. Besser als nichts. Aber natürlich für alle neutralen Zuschauer völlig unnötig.
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mal editiert, das letzte Mal am 30.06.2023, 09:36 von treasurelane.
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