Indy2Go
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Betreff: Lieblingsfilme und Filmtipps
Schöne Thread-Idee! Ich befürchte nur, das könnte etwas länger dauern bei mir...
Keoma
Zehn Jahre nach Sergio Corbuccis "Django" und etlichen Scheinfortsetzungen (empfohlen sei hier vor allem "Django und die Bande der Gehängten" mit Terence Hill) inszenierte Enzo G. Castellari abermals Genre-Star Franco Nero als wortkargen Revolverhelden auf seinem Rachefeldzug. Titelheld Keoma ist allerdings ein Indianer-Halbblut, dessen Herkunft und Kindheit eng mit der Hanldung dieser grundschwarzen Bleioper verwoben ist. Der Protagonist führt den Zuschauer durch menschliche Abgründe und ein beinahe postapokalyptisch anmutendes Setting - und das, obwohl der Italowestern 1976 schon längst eine Verscheibung ins Komödiantische erfahren hatte, so inszenierte Castellari selbst im Vorjahr den Klamauk-Western "Zwiebel-Jack räumt auf", ebenfalls mit Franco Nero. "Keoma" kann daher als eine Art nachgelagerter Abgesang auf die Ära des klassischen Italowesterns verstanden werden, der das Gerne jedoch auch um zahlreiche Kunstgriffe und experimentelle Ansätze erweitert. So ziehen sich etwa zahlreiche Rückblenden durch die Handlung, die teils sogar ohne Schnitte in die Jetzt-Zeit des Films intergriert wurden und auch der expositorische Soundtrack, in dem zwei vollkommen gegensätzliche Stimmen das Filmgeschehen bänkelgesangsartig kommentieren, ist alles andere als alltäglich. Auffallend ist auch der häufige Slow-Motion-Einsatz sowie die ungewöhnlichen Blickwinkel und visuellen Spielereien. Viele werden mit dem Film - nicht zuletzt wegen des Soundtracks aber auch des völligen Ausbleibes jeglicher Ironie, was ihn nur knapp an der Karikatur vorbeischrammen lässt - ihre Probleme haben, doch mich hat in den letzten Jahren keine Erstsichtung so nachhaltig begeistert.
Blood Simple
Der Debütfilm der Kult-Brüder Joel und Ethan Coen gab in vielerlei Hinsichten bereits die Erfolgsformel für spätere Perlen wie "The Man Who Wasn't There", "Fargo" (die Serienadaption mit eingeschlossen) oder auch "No Country for Old Men" vor: Skurrile Figuren, eine Handlung voller Missverständnisse und absurden Wendungen, gepaart mit einer dichten, atmosphärischen Inszenierung, die zumeist auch ohne viel musikalische Untermalung auskommt - oder gar ganz darauf verzichtet. Im Gegensatz zu den späteren Werke der Brüder, hat "Blood Simple" aber noch eine gewisse Rohheit, die sich etwa in diversen Einstellungen wiederspiegelt, die aus Sam Raimis "Tanz der Teufel" hätten stammen können. Dies und die überragende Leistung von Frances McDormand machen den Streifen inziwschen nicht mehr nur zu meinem Lieblingsfilm der Coen-Brüder.
Der Prozess
Den einen Lieblings-Regisseur im klassischen Sinne, habe ich eigentlich nicht. Aber wenn ich ihn hätte, dann wäre es Orson Welles. Der Mann, dessen Filmkarriere ganz oben begann, mit einer nie dagewesenen Carte blanche, aus der "Citizen Kane" hervorging, und dann quasi rückwärts verlief. Nach zahlreichen Hollywood-Filmen, die von den Studios verstümmelt wurden, ging Welles ins Europa-Exil und drehte Filme, die er weitgehend mit seinen Schauspiel-Gagen finanzierte, denn als Darsteller genoss er in der Heimat noch immer hohe Ansehen. Einige dieser Filme enstanden über den Zeitraum mehrerer Jahre - wenn sie überhaupt je fertig wurden. Doch die französische Produktion "Der Prozess" war eine Auftragsarbeit und enstand dementsprechend problemlos; für Welles' Verhältnisse. Es handelt sich um eine Verfilmung des gleichnamigen Kafka-Romanfragments, das Welles zu einem düster-expressionistischen Leinwandalptraum verdichtete. Keine leichte Kost, aber ein fesselnder Film voller verstörend-ästhetischer Bilder und einem grandiosen Anthony Perkins.
American Graffiti
"Rolle 2, Dialog Track 2" forderte die Cutter-Legende Walter Murch im Schnittraum, als dieser an der Vertonung von George Lucas' zweitem Langfilm arbeitete - abgekürzt als "R2D2". Der Rest ist Geschichte. Und bedenkt man, dass der Erfolg von "American Graffiti" die Realisierung von "Star Wars" ermöglichte, steht diese kleine Anekdote tatsächlich stellvertretend für ein wesentliches Kapitel der Filmgeschichte: Die Geburt DER Sternensaga. Doch leider, wie ich fast sagen muss, ist es eben auch diese, die Lucas' sympathische Coming-of-age-Komödie immer ein wenig überschattet. Zu Unrecht. "American Graffiti" rupft die Geschichte einer Horde befreundeter Teenager auseinander und erzählt die Heldenreise jedes einzelnen in episodischer Struktur - und das alles innerhalb einer Nacht. Der Soundtrack ist die allgegenwärtige Radio-Show von der Rundfunk-Legende "Wolfman Jack", bestehend aus seiner Moderation und einer Reihe von Klassikern des Rock 'n' Roll.
Zwei glorreiche Halunken
Viel muss man eigentlich nicht mehr sagen, zu Sergio Leones Western-Epos mit Clint Eastwood, Lee van Cleef und Eli Wallach. Die Bilder rauben den Atem, die legendäre Musik von Altmeister Ennio Morricone den Verstand und beides in Verbindung die Möglichkeit, Filme je wieder so zu sehen, wie zuvor. "The Good, the Bad and the Ugly", wie der Film passend zum italienischen Equivalent im Englischen heißt, ist ein dreistündiges Juwel der Filmgeschichte, das ich nur jedem uneingeschränkt ans Herz legen kann; allen voran Indy-Fans mit einem Hang zu Abenteuer-Plots und epischen Fanfaren.
So, hier mache ich mal einen Cut. Sonst tippe ich noch die ganze Nacht...
Zum Schluss noch, ganz ohne Kontext, ein paar weitere Lieblingsfilme meiner Wenigkeit:- Cinema Paradiso
- Im Zeichen des Bösen
- Oldboy
- Es war einmal in Amerika
- The Big Lebowski
- Apocalypse Now
- The Lighthouse
- Kein Koks für Sherlock Holmes
- Citizen Kane
- There Will Be Blood
- The King of Comedy
- Erbarmungslos
- Watchmen
- Der Gehetzte der Sierra Madre
- Fear and Loathing in Las Vegas
- Stalker
- Iwans Kindheit
- Reservoir Dogs
- Der unsichtbare Dritte
- Wenn die Gondeln Trauer tragen
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.
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