Plissken
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Betreff: Re: Die letzte Serie
Ein Mann mag kein Herz haben, aber bestimmt hat er einen Magen.
Die schier unendliche Welt der Bücher, bietet einen Fundus an interessantem Material, welches nur darauf wartet auf die Leinwand oder den Bildschirm gebracht zu werden. Manche Stoffe sind dabei so beliebt, dass ihnen beides widerfährt.
Als vor einigen Jahren die Gerüchte begannen, man würde die Thomas Harris Romane um den Kannibalen Hannibal Lecter als Serie adaptieren, war die Skepsis zuerst groß. Wäre es möglich diesen komplexen Charakter besser darzustellen, als es Anthony Hopkins geschafft hatte? Auch stand die Frage nach dem Warum im Raum. Die zweite Verfilmung von "Roter Drache" sowie das nachgeschobene Prequel "Hannibal Rising" enttäuschten an den Kinokassen und auch das Interesse an Lecter schien zu versiegen.
Das alles hielt Serienschöpfer Bryan Fuller (Pushing Daisies/Dead like me) nicht davon ab, seine ganz eigene Version Lecters zu kreieren. Er versammelte ein Ensemble das sich sehen lassen konnte. An seiner Spitze zogen Hugh Dancy, Laurence Fishburne und Mads Mikkelsen die Zuschauer in ihren Bann. Schon nach wenigen Folgen wurde klar, dass die Serie ihren ganz eigenen Weg gehen, sich von den Filmen abheben würde. Und Mikkelsen schaffte es tatsächlich mit Hopkins gleichzuziehen. Sein Lecter ist anders, vor allem jünger und animalischer. Dabei aber immer eine Aura des Erhabenen ausstrahlend. Es ist eine wahre Wonne Mikkelsen beim Spielen zuzusehen.
Auch inzenatorisch gibt es viele Glücksmomente. Unzählige Visuelle Einfälle begeistern in jeder Folge. Allerdings sollte man nicht zu zimperlich sein. Spritzendes Blut und abgetrennte Körperteile gibt es zur Genüge. Auch die Koch-Montagen zeugen von einer perversen Faszination. Die Szenen sind so ansprechend und köstlich inszeniert, dass man automatisch zum Mittäter wird, wenn Lecter die Innereien seiner Opfer zubereitet.
Inhaltlich basieren die drei Staffeln auf dem Roman "Roter Drache", wobei der eigentliche Rote-Drache-Fall (Richard Armitage stellt als selbiger Tom Noonan und Ralph Fiennes in den Schatten) erst zum Ende der dritten Staffel behandelt wird. Davor bedienen sich die Macher zu Teilen von "Hannibal" und auch "Hannibal Rising". Das ergibt im Gesamtbild eine faszinierende Welt, die Kennern der Vorlagen bekannt sein dürfte, aber dennoch zu überraschen weiß. Leider gab es für die Macher keine Chance mehr, "Das Schweigen der Lämmer" auf die Bildschirme zu bringen. Es wäre äußerst spannend gewesen, Hannibal sowie Will Graham mit Clarice Starling agieren zu sehen. Aufgrund schlechter Quoten wurde die Serie jedoch nach der dritten Staffel abgesetzt. Die Geschichte ist somit keinesfalls abgeschlossen, trotzdem kann das Ende einen passenden Abschluß bieten.
Ein kleines Manko gibt es allerdings. Man sollte bei den Fällen nicht zu genau nachdenken. Allein die Frage, wie die Morde so unentdeckt durchgeführt werden konnten, das Fehlen jeglicher Zeugen und auch die Tatsache, dass kaum ein Opfer von Verwandten, Freunden oder Arbeitskollegen vermisst wird lässt rätseln. Blendet man dies aber aus und lässt sich auf diese gruselige Welt ein, bekommt man ein wundervoll schauriges Gericht serviert, dass noch lange den Gaumen des
Serienfreundes umschmeicheln wird.
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