Plissken
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Betreff: [Kurzgeschichte] Die Expedition
Letztes Jahr kaufte ich eine Art Prop die mich in den letzten Tage zu einer Kurzgeschichte inspirierte. Bei dem Prop handelt es sich um eine kleine Figur des Cthulhu aus den Werken H.P. Lovecrafts. Die Figur stammt vom Künstler El Dodo Albino und orientiert sich an den Kunstwerken der Maya.
Jedenfalls hat mich diese Figur inspiriert. Also losgeschrieben. Die Geschichte ist passenderweise auch stark durch Lovecraft gefärbt. Anspielungen und Ähnlichkeiten sind somit bewusst eingebaut. Ich hoffe dem ein oder anderen gefällt die Geschichte. Am Ende gibt es auch ein Bild
Mein Name ist Fenimore Wilson Adair. Ich bin Professor der Anthropologie an der Universität Amherst, Massachusetts. Ich schreibe diesen Bericht um die Ereignisse die mir in den letzten Monaten widerfuhren für die Nachwelt festzuhalten. Es sind Ereignisse die mein Leben grundlegend veränderten. Ich hoffe ich finde die richtigen Worte auch wenn ich bezweifle dass das Grauen in Worte zu fassen ist.
Es war ein sonniger Tag im April und ich kam nach einem ausgedehntem Spaziergang in mein Haus zurück. Als ich die Haustür öffnete bemerkte ich sofort den braunen Umschlag den mir mein Diener auf den Beistelltisch gelegt hatte. Mir fiel sofort auf dass kein Absender darauf vermerkt war. Auch eine Briefmarke war nirgends zu finden. Der Absender musste den Brief also persönlich abgegeben haben. Ich fragte meinen Diener ob er den Boten gesehen hätte aber Francis, mein Angestellter, sagte mir er hätte den Brief unter dem Postschlitz gefunden. Einen Boten sah er nicht. Ich beschloss bei einer Tasse Tee dem Ursprung des Briefes in Ruhe auf den Grund zu gehen.
Ich nahm im Esszimmer Platz und genoss den ersten Schluck des heißen Getränkes welches Francis mir servierte. Danach machte ich mich daran den Brief zu öffnen. Im Nachhinein einer meiner größten Fehler.
Im Umschlag befand sich nichts außer einem alten, gefalteten Stück Papier. Vorsichtig öffnete ich das Gebilde und blickte auf eine Art Karte. Flüsse, Berge und eine merkwürdige Pyramide waren darauf eingezeichnet. Meine Aufmerksamkeit wurde aber unverzüglich auf eine andere Zeichnung gelenkt. Ein Relief. Etwas so schreckliches das es trotzdem eine Anziehungskraft auf mich ausübte die ich nicht zu beschreiben vermochte.
Die Nacht konnte ich nicht schlafen und ich verbrachte die Zeit damit die Karte zu studieren. Als ich am nächsten Morgen, merklich übermüdet, in der Universität ankam fertigte ich eine Kopie der Karte an und schickte sie an einen befreundeten Professor in Fairfield. Ein paar Tage später rief er mich zurück und wir diskutierten hitzig darüber wer der Absender sein könnte und welchen Ort diese Karte beschrieb. Er äußerte die Vermutung dass es sich um einen Ort in Honduras handeln könnte. Einige Merkmale, soweit sie korrekt waren, deuteten darauf hin. Ich fragte ihn nach dem Relief, aber er konnte mir keine Hinweise geben. Als ich ihm sagte dass ich eine Expedition plane, ein Gedanke der mir in der Nacht kam, versuchte er mich davon abzubringen. Er sprach von Kannibalen, Raubtieren und weiteren Gefahren. Es wäre einfach zu gefährlich, meinte er. Selbst er als erfahrener Abenteurer würde das Risiko nicht auf sich nehmen. Ich muss sagen, eine sehr weise Entscheidung.
Die nächsten Wochen waren sehr schwer für mich. Der Plan der Expedition war in meinen Kopf verankert und auch das Relief lies mich nicht los. Leider fand ich keinen Investor, geschweige denn einen Partner der mich auf der Expedition unterstützen würden. Meine Planung schien zu zerplatzen. Tag für Tag strich ich meine geplante Ausrüstung zusammen und kam einen Monat nach Bekanntgabe meines Vorhabens auf eine durchführbare Finanzierung. Ich war wie besessen und löste einen großen Teil meines Vermögens auf. Da niemand an mich glaubte musste ich wohl alleine reisen.
In Honduras hatte ich einen Kontaktmann, einen ehemaligen Studienfreund, Pedro. Pedro war mir immer loyal gegenüber. Als ich ihm aber die Karte zeigte war er kurz davor mich im Stich zu lassen. Nur mit viel Geduld und Tequila ließ er sich überzeugen. Er brauchte eine weitere Woche um Träger und Söldner zu beschaffen die sich auf diese Mission einließen. Aufgrund der begrenzten finanziellen Mitteln charterten wir einen alten Kahn mit dem wir den größten Weg der Strecke auf dem Mu’k’a’an Fluss zurücklegen konnten.
Der Dschungel war herrlich. Tödlich, aber wunderschön. Mit jedem Tag besserte sich meine Laune und ich fasste mehr Mut, denn wir kamen ohne Zwischenfälle voran. Als wir unser Etappenziel am Fuße des Kiibal erreichten und zu Fuß weitergingen sollte sich dieses allerdings ändern. Die Träger wurden unruhig und auch die Söldner waren nicht die besonnenen Männer die sie sein sollten.
Nach einem Tag erreichten wir ein Dorf. Pedro gab Entwarnung, die Bewohner seien harmlos. So war es auch. Sie empfingen uns herzlich und tischten uns ein ausgiebiges Mahl auf. Einiges war nicht identifizierbar aber köstlich. Wir vermuteten eine Art Geflügel. Einige Zeit nach dem Mahl zeigte ich dem Stammesführer meine Karte. Dies war der Moment als die Stimmung kippte. Seine Reaktion war grauenerregend. Er schrie in einer Tonlage die ich noch nie in meinem Leben gehört hatte. Alle anderen Bewohner sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Wir nahmen unsere Beine in die Hand und flüchteten Hals über Kopf in den Dschungel. Nach mehreren Stunden ließen unsere Verfolger von uns ab und wir legten völlig erschöpft eine Pause ein. Wir hatten über die Hälfte unserer Ausrüstung verloren. Ebenso die Hälfte unserer Begleiter. In der darauffolgenden Nacht hörten wir ihre Schreie. Ich mag mir gar nicht vorstellen was man uns tags zuvor aufgetischt hatte.
Unsere Motivation war auf dem Tiefpunkt. Mit jedem Tag der verstrich verloren wir mehr Männer. Zuerst flüchteten die Träger. Danach verschwanden nach und nach die Söldner. Pedro äußerte den Verdacht dass jemand sie wegnahm, sie stahl. Ich tat das als Humbug ab. Am zwölften Tag unserer Reise bemerkte Miguel, der Anführer der Söldner, dass der Dschungel schwieg. Er hatte recht. Es war kein Ton zu hören. Keine Vögel, keine Affen, keine Insekten. Nichts. Es war unheimlich. In der Nacht machten wir kein Auge zu. Dennoch verschwanden zwei weitere Männer. Wir waren jetzt nur noch zu sechst.
Ein Regenschauer überraschte uns und wir suchten Schutz unter einem Felsvorsprung. Als nach einer halben Stunde der Regen urplötzich aufhörte setzten wir unsere Reise fort. Wir waren keine zehn Meter vom Vorsprung entfernt da begann der Angriff. Eine Horde Affen, eine uns unbekannte Art, attackierte uns von allen Seiten. Wir hatten kaum Zeit zu reagieren da wurde auch schon der erste Mann in Stücke gerissen. Es war ein schauerlicher Anblick. Wir feuerten mit unseren Gewehren und Revolvern wild um uns. Die Flut an Affen schien unendlich. Wie eine höhere Macht die uns aufhalten wollte. Wie kopflose Hühner stoben wir durcheinander und bahnten uns einen Weg durch die Angreifer und den Dschungel. Miguel erschoss einen Affen im Sprung der sich auf mich stürzen wollte. Diese Schuld konnte ich kurz darauf begleichen als ich meinen treuen Revolver in ein pechschwarzes Tier entlud das sich in Andreas Arm verbissen hatte. Pedro kam angestürmt und stützte den Verwundeten. Zu dritt liefen wir weiter. Ein anderer Söldner, dessen Name ich vergessen habe, stieß zu uns. Er wollte gerade anfangen zu sprechen als ein Affe in seinen Hals biss und ihm die Kehle herausriss. Röchelnd ging die arme Seele zu Boden. Aus den Augenwinkeln konnte ich noch erkennen wie eine Horde Affen sich auf ihn stürzten. Die Panik trieb uns immer weiter voran. Mit letzter Kraft stürzten wir auf eine Lichtung. Das Sonnenlicht blendete uns. Wir liefen weiter. Als Pedro nach hinten blickte bemerkte er dass die Affen weg waren. Sie waren uns nicht auf die Lichtung gefolgt. Als unsere Verwunderung verflog glaubten wir auch den Grund dafür gefunden zu haben. Wir hatten unser Ziel erreicht.
Die Pyramide erhob sich wie ein einsamer Gipfel über das Blätterdach des Dschungels. Es war atemberaubend. Pedro und ich schleppten den verwundeten Miguel in den Schatten des Bauwerks. Nachdem Pedro ihn notdürftig versorgt hatte machten wir uns auf die Suche nach dem Eingang. Diesen fanden wir auf der Nordseite der Pyramide. Unser Forscherdrang war geweckt und so machten wir uns auf das dunkle Innere zu erkunden. Eine Entscheidung die wir teuer bezahlen sollten.
Pedro hatte zwei einfache Fackeln gebastelt und ihr Lichtschein reichte gerade aus um den Gang zu erhellen. Vorsichtig tasteten wir uns voran. Es war merkwürdig. Die Wände waren glatt ohne jegliche Verzierungen. Sie wirkten fast als wären sie von einem stetigen Strom gewaschen worden. Ein Unwohlsein stieg langsam in mir auf und so merkte ich erst spät dass der Gang keine Wendungen nahm. Er war völlig gerade. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir an ein steinernes Tor. Pedro leuchtete mit der Fackel nach oben und dort sah ich es. Das Relief!
Wir sahen uns gegenseitig an. In uns beiden herrschte die Angst vor dem was sich hinter dieser Tür verbarg. Unsere Neugier war größer.
Mit meiner Hand fuhr ich über das Relief und ein kalter Schauer durchzog meinen Körper. Als meine Finger die Augen des Wesen berührten fing der Boden an zu vibrieren. Mechanische Geräusche ertönten und die Tür vor uns bewegte sich. Ein altertümlicher Mechanismus war in Gang gesetzt und öffnete den Durchgang. Ungläubig beobachteten wir das Schauspiel. Nachdem das Tor ganz geöffnet war schritten wir hindurch.
Wir traten in einen Saal, eine Halle deren Ausmaße wir nur erahnen konnten. In der Mitte erspähte Pedro ein Podest. Es war hüfthoch und darauf befand sich eine Figur. Ein Art Kultobjekt schoss es mir in den Kopf. Die Figur stellte das Wesen auf dem Relief dar. Zwei Flügel auf dem Rücken und Gebilde, ähnlich vieler Schlangen, die aus seinem Gesicht wuchsen machten das schaurige Bild perfekt. Auch Pedro war entsetzt. Allerdings hielt ihn das nicht davon ab nach der Figur zu greifen. Vorsichtig hob er sie vom Podest und begutachtete sie. Nach einer Weile gab er sie mir. Während ich die filigrane Arbeit bewunderte und somit meine Angst überdeckte machte Pedro sich daran den Saal weiter zu erkunden. Nur wenige Augenblicke später hörte ich seinen markerschütternden Schrei. Ich blickte auf und sah noch wie seine Fackel erlosch. Der Saal bebte. Die Pyramide bebte und ein unweltliches Grollen erfüllte die Luft. Pedro schrie noch einmal. Dann verstummte er für immer. Das Grollen jedoch blieb bestehen und kam näher. Panisch klammerte ich mich an die Figur und lief los. Ich lief in den Gang, rutschte aus, rappelte mich wieder auf und lief weiter. Das Grollen war genau hinter mir. Ich hatte nur noch einen Gedanken. Ich musste hier raus. Als ich das Tageslicht sah welches durch den Eingang strömte fasste ich neue Kraft. Mit großen Schritten stürmte ich Richtung Freiheit. Auf der Lichtung stoppte ich nicht sondern rannte weiter um die Pyramide. Ich musste Miguel holen. Ich umrundete die Ecke und sah ihn. Etwa zehn Meter über mir hielten pechschwarze, glitschige Ranken den armen Miguel in der Luft. Er sah mich mit flehenden Augen an. Eine dünne Ranke steckte in seinem Mund und verhinderte dass er sprach. Ich zog meinen Revolver und erlöste den treuen Begleiter. Die Ranken ließen den erschlafften Körper fallen und schlugen nach mir. Ich wich ihnen aus und stürmte in Richtung Dschungel. Als ich die Baumgrenze erreichte blickte ich mich ein letztes Mal um. Die Pyramide splitterte und aus jedem Riss quoll diese glitschige, pechschwarze Masse. Ich lief weiter und sah nicht mehr zurück.
Die Rückreise war anstrengend aber gefahrlos. Es schien so als würden mich alle Bewohner des Dschungels meiden. Zurück in der Zivilisation ging das Grauen weiter.
Zuerst kam mein Diener Francis bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Danach wurde ein Großteil meiner Studenten bei einer Exkursion von einer Flutwelle ertränkt. Der Dekan der Uni stürzte bei der Trauerrede vom Podest und brach sich das Genick. Auch der Gemischtwarenhändler, bei dem ich immer einkaufte, musste sein Leben lassen.
Der Verdacht erhärtete sich das auf der Figur ein Fluch lag. Als mir dieser Gedanke kam klingelte mein Telefon. Ein Mann war am anderen Ende der Leitung und bot mir eine unverschämt hohe Summe für die Figur. Ich nahm an und vereinbarte ein Treffen mit ihm.
Der Mann muss mein „Auftraggeber“ sein. Derjenige der mir die Karte zukommen ließ. Diese Erkenntnis kam mir sofort. Nun sitze ich hier also und schreibe diesen Bericht während ich auf meinen Käufer warte. Vor mir steht die verfluchte Figur die mir so viel Leid zugefügt hat und mich dennoch nicht aus ihrem Bann ließ. Neben mir liegt mein treuer, geladener Revolver. Irgendwie habe ich das Gefühl dass ich ihn für das kommende Gespräch brauchen werde. Wenn ich unbeschadet aus dieser Sache herauskomme werde ich den Bericht erweitern. Wenn nicht hoffe ich dass er als Warnung dient.
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