Penumbra
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Betreff: Re: Was spielt ihr derzeit?
Witcher 3 ist nicht so gut. Klar, es sieht bombastisch aus - aber dahinter steckt nicht viel Charakter.
Habe dazu mal folgende Rezension geschrieben:
"Lange habe ich mich auf dieses Spiel gefreut und die Erwartungen waren hoch. Die beiden Vorgänger waren zwar keine Meisterwerke, haben mich aber durchaus in den Bann gezogen. Und es hieß ja immer mit Teil 3 wird alles noch besser. Man orientierte sich u.a. am Vorbild "Gothic" was das Quest-Design anging und das ließ die Hoffnung auf ein Spiel mit Tiefgang so richtig aufkommen. Doch leider kam am Ende nur ein weiteres Mainstream-RPG heraus, das für die Breite Masse abgestumpft wurde.
Tutorials gehören nicht in ein solides Meisterwerk, da sie zu den Casual-Elementen gehören, womit sich ein Spiel selbst nur als ein "Spiel" repräsentiert, was nichts ernstzunehmendes ist und wodurch die Immersion sehr zu leiden hat. Und dann diese Zahlen über den Köpfen der Gegner da komm ich mir immer vor wie in einem dämlichen Boss-Klopper in Form eines Hack n Slay MMORPGs. So etwas ist ein abolutes No-Go, da es die Immersion direkt von Grund auf stört. Selbes gilt für all diese Quest Pop-ups und Infotexte. Das kann man zwar alles ausschalten, jedoch gehören schon allein solche Optionen nicht in ein solides Meisterwerk. Dafür hat man zu viele Fehler im Design begangen. Ich habe mir ein solides, in sich stimmiges RPG vorgestellt ähnlich wie Gothic, wo man nicht alle paar Minuten von einer Cutscene in die andere gleitet und immer wieder aus dem Spielgeschehen herausgerissen wird. Sowie eine selbsterklärende Steuerung ohne unnötige Verkomplizierungen. Das Gameplay ist so unnötig verkorkst, dass man von Tastenkombinationen erschlagen wird. Warum zur Hölle braucht ein Rollenspiel mehrere Angriffsmethoden, wo man je nach Gegner immer umherschalten muss? So ein Schwachsinn! Dann klickt man ganz dümmlich auf die Maus und Geralt, der von Anfang an Schwerter und Rüstung trägt, kämpft wie ein Actionheld. Das Interface so unüberschaubar bis zum geht nicht mehr. Ich traue mich erst gar nicht ins Inventar rein, weil da so viele Funktionen und Optionen drin sind, die ich gar nicht nutzen will. 2 Schwerter für je unterdchiedliche Arten von Gegnern. Und das Herstellen von Gegenständen sowie das Lernen von Fähigkeiten in einem Skill-Menü. Na prima, traditionell oberflächliche Standardkost! Also bei Gothic starte ich das Spiel und bin einfach drin. Dort stellte man Gegenstände direkt in der Spielwelt her, ohne ein Menüfenster zu öffnen. Ich muss nicht überlegen wo welche Zauberfunktion hinterlegt ist. Es gibt ein Schwert und einen Angriffsmodus für alles. Ich muss keine Untermenüs mit Zahlentabellen öffnen wo ich Punkte gegen Talente eintausche und vor lauter Optionen erschlagen werde! Warum brauche ich schnelle und starke Angriffe zum extra Umschalten? Woher weiß ich bei welchem Gegner ich welchen Kampfstil wählen muss? Das ist einfach nur unnötig und sinnlos! Ich kann mir all diese Tasten nie merken und ehe ich den Kampfstil umgeschaltet habe, bin ich schon längst vom Gegner verletzt. Die Steuerung ist einfach katastrophal! Und bevor man spielt muss man im Menü erstmal alles neu belegen. Unnötige Frustration! Ich hätte bald meine Tastatur in die Ecke gepfeffert als ich TW3 gespielt habe. Die Taste Y wurde nicht angenommen, einfach nur grottenschlecht gemacht das alles. Die Monster wirken wie dahinplatzierte "Computerspielgegner", die man aus dem Weg räumen muss, um Punkte zu kassieren. Das alles wirkt wie in einem lächerlichen Hack n Slay. Die Monster-Animationen sind ein Witz. Selten hab ich was unglaubwürdigeres gesehen. Die bewegen sich ja wie typische Fantasy-Kreaturen aus einem Actionfilm. Viel zu schnell und aggressiv. Also da waren Gothic 1 und 2 haushoch überlegen. Scavenger pickten im Gras, Tiere legten sich Nachts zum Schlafen hin, gingen im Rudel auf die Jagd, griffen nicht sofort an, sondern warnten vorher und schlichen sich dann leise an. Jede Kreatur hatte sein artengerechtes Verhalten (bis auf die Trolle und Dämonen dort kann man das nicht beurteilen). TW3 kopiert außerdem grundlegende Fehler. Und zwar wird das Wort "Quest" im Spiel verwendet. Das ist einer der größten Immersion-Killer, da extrem unglaubwürdig. Wenn ich für jemanden im echten Leben etwas erledige, ist das dann eine Quest für mich? Sicher nicht! Dieses Wort kommt im sprachlichen Gebrauch nicht vor, das gibt es nur im Spiel und ist deshalb nichts ernstzunehmendes. Eher sogar lächerlich und schlechtes Design. PB hat in dieser Sache auch Rückschritte gemacht. Die begehen den gleichen Fehler mittlerweile auch. Leider muss bei jedem modernen Rollenspiel alle paar Minuten eine Quest Pop-Up Meldung eingeblendet werden wie "Neue Quest: Finde den Schlüssel für das Tor." Da komme ich mir immer vor wie in einem Spiel, das von Deppen für Deppen gemacht wurde, die nicht wissen, was vernünftige Spiele ausmacht. Man rennt ständig dem Questmarker auf der Karte hinterher - das ist sowas von nicht-organisch, unprofessionell und langweilig. Die Art der Erzählung ist in TW3 auch wirklich schlecht gemacht. Man wird ständig aus dem Spielgeschehen herausgerissen und gleitet von der einen Cutscene zur anderen. Die Charaktere sind belanglos und lächerlich "böse". Ich kann so etwas nicht ernst nehmen. Im Vergleich zu den dreckigen Erzbaronen aus Gothic sind das einfach nur Witzfiguren. Geralt haut sie als der starke Superheld sowieso direkt platt oder lässt coole Sprüche los.
Natürlich kann man Videospiele auch so designen, indem man eben einen Gegner nach dem anderen setz. Aber man muss sich halt fragen, was man erreichen will? Will man ein Spiel, dass sich eben unecht und künstlich anfühlt, sodass man als Spieler ständig denkt: "Ah ok, da ist jetzt ein Monster, achso, das hat der GameDesigner da jetzt hingepackt um mich herrauszufordern..." oder möchte man etwas "organisches" schaffen? Etwas das sich wie eine Welt anfühlt, die so theoretisch existieren könnte?
Ich würde gerne mal einen griffigen Begriff für diese Art von GameDesign haben. "organisches GameDesign" oder irgendwie sowas. Auf jedenfall war PB mit "Gothic" für mich immer der Hauptverfechter, wenn nicht sogar der Initiator für organisches GameDesign. Bei TW3 hingegen kommt wie bei den meisten anderen RPGs das oberflächliche, künstliche GameDesign zum Einsatz. Hauptsache alles so checklistenmäßig abarbeiten. Hier ein Monster, dann ne Belohung, dann 2 Monster, 2 Belohungen. Ich hatte einfach nicht mehr so sehr das Gefühl, dass die Monster Teil der Welt und der Natur waren, sondern einfach eben nur reingesetzt wurden, damit der Spieler was zu tun hatte. Selbes gilt für die Quests, wo man dem Marker auf der Karte folgt und ihm der Reihe nach hinterherläuft sowie für das Crafting, wo man Punkte in einem Menübildschirm (Skilltree) verteilt. Das killt die Immersion schon bevor sie überhaupt erst entstehen kann.
Für mich nur Triple-A Einheitsbrei, das für die Breite Masse weichgebügelt wurde, um möglichst viele Zielgruppen unter einen Hut zu bekommen. Diese Strategie mag für einige Firmen zum finanziellen Erfolg führen, jedoch ist das nicht gerade ein Indiz von Qualität für Spiele.
Ne, also wenn das die neue Art eines Rollenspiels ist, dann gehöre ich einfach nicht mehr zu dieser Zielgruppe.
Also ich meine TW3 ist kein schlechtes Spiel, es hat eine schöne und sehr lebendige mittelalterliche Welt. Die Städte sind extrem atmosphärisch und detailliert. Man merkt die Liebe, die die Entwickler dort hineingesteckt haben und der ein- oder andere Auftrag ist auch gut geschrieben, aber für mich gehört zu einem Rollenspiel, das im Gedächtnis bleiben will, viel viel mehr dazu. Und die Erwartungen waren hoch, deshalb ist es für mich die größte Enttäuschung in diesem Jahr. Hauptsächlich aus dem Grund, weil es zu mainstreamhaft geworden ist und damit viele unnötige Schwächen im Gameplay und Design aufweist. Das Spiel wurde für die Massentauglichkeit abgestumpft und ist keine Nischen-Perle, die im sturen Glanz strahlt.
Es ist einfach traurig, wie diese ganzen Triple-A Produktionen gehyped werden, während die wirklich guten Spiele-Juwelen kaum jemand erwähnt. Aber das zeigt eigentlich nur, worauf die Breite Masse abfährt und dafür werden solche Spiele eben gemacht, weil dort das meiste Geld zu holen ist. Wer gescheite Unterhaltung mit Niveau sucht, der muss bekanntlicherweise immer abseits des Mainstreams suchen. Insgesamt fesselt mich das Spiel überhaupt nicht und das obwohl wirklich gute Ansätze vorhanden sind. Man hätte die Welt lieber etwas kleiner belassen und dafür auf atmosphärische Dichte und Tiefgang gesetzt. Dann wäre man auch nicht gezwungen, die Quest-Ziele auf der Mini-Map der Reihe nach abzulaufen. Gothic 1 & 2 haben doch gezeigt, dass man ohne diesen ganzen Kram auskommt und wie sehr ein Spiel motivieren kann. Weniger ist eben oft mehr."
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mal editiert, das letzte Mal am 08.10.2015, 20:04 von Penumbra.
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