Indy2Go
Mitglied
Beiträge: 5.886
Dabei seit: 16.01.2011
Wohnort: Xanadu
|
Betreff: Re: Der letzte Film
Nosferatu (2024, Robert Eggers)
Murnaus Original begleitet mich seit ich im Grundschulalter die berühmt-berüchtigte SpongeBob-Folge gesehen habe, in der Material aus dem Film für einen Cameo-Auftritt bearbeitet wurde. Ich wusste nie, was es damit auf sich hat, bis ich ein paar Jahre später mal recherchiert und mir den Stummfilm angesehen hat. Die ikonischen Einstellungen mit dem übergroßen Schatten an der Wand haben sich bei mir ins Gedächtnis eingebrannt, wie kaum was anderes.
Und nun hat Robert Eggers ein Remake des Murnau-Films gedreht, der Typ, der mit "The VVitch" und "The Northman" zwei Filme gemacht hat, die ich locker zu den besten der letzten zehn Jahre zählen würde und mit "The Lighthouse" sogar einen ewigen Lieblingsfilm von mir. Dementsprechend war sein "Nosferatu" entsprechend auch mein Hype-Film des Jahres (2024; habe ihn da schon auf Deutsch gesehen, jetzt nochmal auf Englisch).
So einer Erwartungshaltung gerecht zu werden, ist natürlich immer schwierig bis unmöglich. Der Film hat mich aber von der ersten bis zur letzten Sekunde derart in seinen Bann gezogen, dass er dem Hype für mich absolut gerecht geworden ist. Der Spannungsaufbau bis Hutter (der damals wie heute Jonathan Harker mit geändertem Namen ist) auf den Grafen trifft ist ein unfassbarer Nervenkitzel und die Szenen im Schloss, die Orlok erst langsam Schritt für Schritt enthüllen, fand ich perfekt inszeniert. Eggers' fiktives "Wisborg" für das damals in Lübeck und Wismar gedreht wurde, sieht wunderbar authentisch aus, genau wie die Kostüme und die gesamte Ausstattung in dem Film.
Die Figuren sind auch durchweg perfekt besetzt, vor allem Lily-Rose Depp spielt hier extreme Gefühlsausbrüche in sämtliche Richtungen, die teilweise von einer Sekunde auf die nächste wechseln und Bill Skarsgard als Orlok ist eine Naturgewalt. Er ist nicht wiederzuerkennen, was zum einen an fabelhafter Maske, zum anderen an einer wahnsinns Performance samt kompletter Stimmverfremdung liegt.
In welche Richtung das Ende gehen würde, dürfte jedem klar sein, der mit der Vorlage (oder der Vorlage der Vorlage) vertraut ist. Tatsächlich spoilert der Film das auch quasi selbst an einem früheren Punkt. Trotzdem erzählt der Film nicht stupide das Original nach, sondern vor allem mit Ellen Hutter, die hier auch die Protagonistin ist und nicht einfach eine Schlüsselfigur die eher als Randerscheinung auftritt, hat Robert Eggers den Kontext um einige Facetten erweitert. Das hat für mich super funktioniert und die Handlung in sich deutlich schlüssiger gemacht.
Für mich ein fast perfekter Film, der sicherlich nicht jeden so ansprechen wird wie mich, Robert Eggers hat letztlich schon einen Stil, den man mögen muss. Bestimmt wird er dem ein oder anderen in den Grundmustern des Story auch nicht genug Neues bieten, aber für mich ist das ein kongeniales Remake, das das Original mit dem größten Respekt behandelt und zitiert, aber niemals kopiert. 10/10
PS: Ich schaue gerne (fremdsprachige) Filme auf Deutsch und finde die Synchronfassung allgemein ziemlich gut, in dem Fall würde ich aber wirklich zum Original raten. Man hat sich mit der Synchro viel Mühe gegeben aber es bleibt einiges auf der Strecke. Das einzig kuriose ist, dass man mit der Originalfassung halt hinnehmen muss, das deutsche Figuren in Deutschland Englisch sprechen.
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.
Dieser Beitrag wurde 1
mal editiert, das letzte Mal am 07.01.2025, 08:31 von Indy2Go.
|