Indy2Go
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Betreff: Re: Der letzte Film
Avatar: The Way of Water
Im Gegensatz zum ersten Teil ist "The Way of Water" eher Coming-of-Age- als Kriegsfilm. Der Fokus liegt hier auf der Sully-Familie und ihren vielen neuen Gesichtern, die sich in einer anderen Gegend Pandoras zurechtfinden müssen. Entsprechend sind die Identifikationsfiguren auch eher auf ein jüngeres Publikum ausgelegt. Ein schöner Ansatz, weil die simple Gut-gegen-Böse Story eben nur die Rahmenhandlung ist und sich der Film im Kern viel tiefgreifender mit seinen Figuren auseinandersetzt. Ein Bisschen Schade fand ich nur, dass sich ein paar character arcs gefühlt im Sande verlaufen oder sich im Endeffekt einfach als nicht sonderlich relevant herausstellen.
Auslöser der Handlung sind aber wieder einmal die Himmelsmenschen, die Pandora unterjochen, bevölkern und seine Rohstoffe plündern wollen. Wie schon im ersten Teil ist das ein gezielter Fingerzeig von Cameron, eine Kritik an allem, was auf der Erde gerade mächtig schief läuft. So wird z. B. auf den Walfang verwiesen, und auf die Absurdität, Giganten wie Wale allein wegen des Trans, Haie wegen ihrer Flossen oder Elefanten wegen ihrer Stoßzähne zu jagen - aus reiner Profitgier. Leider nur, und das ist für mich einer von zwei großen Kritikpunkten an dem Film, ist die Rahmenhandlung wieder recht simpel gestrickt. Es ist ein großes Gut gegen Böse und die Personifikation des Bösen ist...
Spoiler:
erneut Stephen Langs Figur, die mittels Erinnerungseinpflanzung als Avatar zurückgeholt wurde. Eben dasselbe in grün, äh, blau. Und wie schon im ersten Teil, ist die Figur einfach weder sonderlich interessant noch ein guter Antagonist. Er ist ein raubeiniger Macho-General der sich hauptsächlich über seine Oneliner definiert, die wirken wie aus einem over-the-top-Actioner aus den 80ern. Eben das wandelnde Klischee. Tut das dem Film einen Abbruch? Tatsächlich nein, aber gerade die meiner Ansicht nach größte Schwachstelle aus dem ersten Teil auszubuddeln, auf eine eher recht konstruierte Weise, hätte nicht sein müssen. Und das Ende legt nahe, dass wir Lang auch noch nicht das letzte Mal gesehen haben.
Hauptkritikpunkt Nr. 2 sind für mich die Dialoge. Im Gegensatz zum ersten Teil wird "The Way of Water" aus Sicht der Na'vi erzählt. Und weil man in einem Film, der um Gewinn zu erzielen, mindestens auf Platz 5 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten landen muss, niemandem zumuten will, 3 Stunden lang Untertitel lesen zu müssen, sprechen die Na'vi natürlich Englisch bzw. hierzulande Deutsch. Das wurde à la "Der 13. Krieger" recht elegant eingebaut, indem Jake erklärt, wie sich die Sprache für ihn zunehmend wie seine Muttersprache angehört hat und dann flüssig in eben diese übergeht. Problem: Das zieht der Film dann auch so durch, und die Heranwachsenden Na'vi beschimpfen sich plötzlich als "Pisser" und "Arschlöcher". Das wollte für mich nicht so richtig funktionieren, weil es einfach nicht zu diesem spirituellen Naturvolk passen will, das nach einem so starken Kodex lebt, das ihr Leben so sehr nach klar definierten Werten und Bräuchen richtet. Es hat die Na'vi für mich - Pardon für das Unwort - entmystifiziert.
Die vielen Unterwasseraufnahmen sind technisch beeindruckend, aber oft auch so lang und eher Material fürs Worldbuilding als für die Story, dass es schon ein Bisschen was von Sealife hat. Trotzdem will ich mich der Kritik an der zu langen Laufzeit nicht mal unbedingt anschließen. Für mich hat der Film immer genug geboten, um mich nicht zu verlieren. Auch das 3D ist - wie erwartet - gelungen. Ich weiß nicht, ob der Film dadurch wirklich gewinnt, ich empfinde als nach wie vor als Gimmick, aber ich habe den Effekt auch über die gesamte Laufzeit wahrgenommen und nicht den Eindruck gehabt, dass die Farben komplett ausgewaschen sind. Nur die Schärfe hat etwas eingebüßt, was aber wahrscheinlich auch der Projektionstechnik geschuldet war. In richtigem IMAX 3D sicher nochmal ein anderes Erlebnis.
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.
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mal editiert, das letzte Mal am 18.12.2022, 14:29 von Indy2Go.
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