Aldridge
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Betreff: Re: Der letzte Film
Durch die ganzen Diskussionen und Rezensionen der jüngsten Zeit rund um Star Wars (nicht nur zu Die letzten Jedi) hatte ich direkt Bock bekommen, mir mal wieder Episode III (ja, genau, da waren die Episoden noch durchnummeriert) vorzunehmen. Und da man auf einem Bein schlecht stehen kann, habe ich direkt noch... zwei Filme nachgeschoben. So wurde es ein flotter Dreier, den man wohl guten Gewissens als Kernstück der Saga bezeichnen kann, obwohl die Filme zu völlig unterschiedlichen Zeiten entstanden sind. Aber passt das auch alles noch zusammen?
Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith - Kommen wir zunächst mal zu den negativen Aspekten des Films: Die Fortschreibung der Liebesgeschichte von Padme und Anakin. Gerade mit zeitlichem Abstand betrachtet, wird deutlich: Die Dialoge sind wirklich nicht gut geschrieben, und die Darsteller haben sichtlich Probleme, ihre kitschigen Zeilen auch glaubwürdig zu verkaufen. Zugegeben. Und abgehakt. Denn erstens sind die Passagen rund um Padmes Schwangerschaft und Anakins Angst um seine Liebsten dramaturgisch notwendig. Und zweitens nehmen sie gerade den Raum ein, den sie benötigen, und nicht mehr. Ansonsten bleibt festzuhalten: Episode III ist von den Prequels - wenn nicht sogar von der gesamten Saga - der wohl der dichteste, zwingendste und auch intelligenteste Teil. George Lucas hat sich endgültig warmgelaufen und wechselt vom flockigen Einstieg mit kurzen Slapstick-Einlagen problemlos zum großen politischen Ganzen und schließlich zum persönlichen Drama. Warum Palpatines Intrige geradezu genial ist, warum die Alte Republik zum bösen Galaktischen Imperium wird, warum die Jedi nur verlieren konnten und warum Anakin Skywalker der dunklen Seite der Macht verfällt, das alles wird hier zu einem konsequenten, düsteren Ende geführt. Dabei scheut Die Rache der Sith nicht davor zurück, damals aktuelle politische Bezüge in sein Art déco-Szenario einzubetten, nutzt selbst Zitate von Bush jr. und arbeitet mit denkwürdigen Bildern etwa von der Columbia-Katastrophe. Und zwischen dem ganzen Klonkriegs-Treiben nimmt sich der Film die Zeit für lange Dialogszenen etwa in der Oper oder für eine komplett ruhige Sequenz vor dem Gemetzel im Jedi-Orden. Großes, opulentes Worldbuilding mit vielschichtiger Story und toller Umsetzung. - 9 / 10
Rogue One: A Star Wars Story - Episode III hatte sich sehr viel Mühe gegeben, den Übergang zwischen der ersten und der zweiten Trilogie möglichst sauber hinzubekommen. Insofern mutet es wie ein unnötiges Experiment an, hier den Zwischenschritt zu wagen und eine kleine Episode rund um die Entstehung des Todessterns und die Erbeutung der zugehörigen Baupläne zu präsentieren. Aber: Das Experiment ist absolut geglückt. Zwar gab es eine Menge Diskussionen rund um zahlreiche Reshoots unter einem anderen Regisseur. Aber so oder so liefert Rogue One einen sehenswerten und fesselnden Einblick in den Kampf der Rebellen gegen das übermächtige Imperium. Und der hat es in sich. Denn ausgerechnet unter der Ägide von Disney haben die Macher hier die Mittel und auch die Eier, Star Wars einmal von allen Fantasy-Elementen zu lösen, welche die Saga in der Rezeption oft in die Kinderfilm-Ecke gerückt haben, und sich auf das "Wars" im Titel zu konzentrieren. Da geht es schon ziemlich dreckig und brutal zur Sache, wobei stellenweise sogar die Grenze zwischen den Guten und den Bösen verschwimmt. Und ganz nebenbei gelingt es Rogue One - anscheinend völlig mühelos - die Prequels mit den alten Teilen noch stärker zu verbinden. So konsequent der Film mit seinen Charakteren umgeht und sie am Ende über die Klinge springen lässt, so viel Spaß es macht, Schauspielern wie Diego Luna und Mads Mikkelsen beim Treiben zuzuschauen - der größte Verdienst des Films besteht wohl darin, Episode IV mehr Tiefe und Hintergrund zu geben, ohne die Originaltrilogie in ein anderes Licht zu setzen. Ob das Regisseur Gareth Edwards zu verdanken ist oder VFX-Spezi John Knoll, der die Story schon zu Zeiten der Prequels entwickelte, sei mal völlig offen gelassen. 9 / 10
Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung - Natürlich ist Star Wars heute mehr als ein Film. Star Wars besteht (bis) heute aus 9 Filmen, mehreren Serien, einem ganzen Universum voll von Geschichten, Hintergründen und Merchandise. Und trotzdem: Das hier ist das Original. Der Klassiker. Das Stück Filmgeschichte, ohne das es die Saga nicht gäbe. Also wie schlägt er sich heute so? Kurz gesagt: entspannt und souverän. Zunächst mal ist das - solitär oder im Kontext betrachtet - sehr hübsches Abenteuerkino. George Lucas nimmt die klassische Heldenreise, versammelt die klassischen guten und bösen Archetypen, bedient sich bei der gesamten Kinogeschichte und versetzt das alles in eine glaubwürdig gezeichnete, weit entfernte Galaxis. Die Bezüge sind zahlreich und wurden schon so oft in der Literatur analysiert, dass es hier müßig wäre. Zum anderen ist das auch sehr hübsches Autorenkino. Denn Lucas baut biografische Züge in seine Figuren und konstruiert mehrere Handlungselemente rund um seine Faszination etwa für Autorennen und Geschwindigkeit auf, was letztlich im berühmten (und völlig sinnfrei kopierten) Grabenflug über dem Todesstern gipfelt. Dabei besitzt Episode IV natürlich einen anderen zeitlichen Kontext und entspricht nicht unbedingt mehr den aktuellen Sehgewohnheiten. Das Erzähltempo ist deutlich geringer und die Schauwerte sind - auch aufgrund der technischen Möglichkeiten - deutlich kleiner. Gerade das ist es aber, was Raum gibt für die Fantasie des Zuschauers. Wenn Luke in die Zwillingssonnen über Tatooine sieht und dazu die Musik von John Williams anhebt, dann gibt es eigentlich keine Szene und keinen Effekt, die "größer" sein können. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie gut der Anschluss sowohl von Episode III als auch von Rogue One funktioniert, denn die bisherige Story findet hier eine erste schöne und optimistische Auflösung. - 10 / 10
Für die Statistiker: Episode III hatte ich im Kino 5 Mal gesehen, Rogue One 3 Mal und Episode IV 4 Mal (drei Sichtungen der SE in den 90ern und eine Sichtung als Kind bei einer Wiederaufführung in den 80ern).
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