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#221 06.12.2010, 10:11
Dark Hunter Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
LMS find ich zwischendurch auch immer wieder unterhaltsam. Dennoch gefällt mir Clint in der gleichen Rolle nur wenige Jahrzehnte vorher besser.
Mein letzter Film war Brotherhood, ein Kriegsfilm aus Südkorea über den Koreakrieg. An manchen Stellen etwas pathetisch aufgetragen, aber doch ziemlich solide. Mit Sicherheits nichts für schwache Nerven. Ich finde auch, dass er weit mehr Anti-Kriegsfilm und in der Sache besser und interessanter ist, als Forest Gump beim Wandertag in Frankreich mit Herrn Ryan.
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, das letzte Mal am 06.12.2010, 10:14 von Dark Hunter.  

#222 06.12.2010, 10:51
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Dark Hunter:
Ich finde auch, dass er weit mehr Anti-Kriegsfilm und in der Sache besser und interessanter ist, als Forest Gump beim Wandertag in Frankreich mit Herrn Ryan.

Jetzt, wo du es erwähnst. Habe mir erst kürzlich die Blu-ray von Saving Private Ryan besorgt und den Film wieder angesehen. Einfach großartig. Einer der virtuosesten und stilistisch einflussreichsten Filme, die jemals gedreht wurden.
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#223 06.12.2010, 11:24
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Ich habe die Blu schon einige Monate als Steelbook im Schrank und war ganz begeistert vom Bild. Erfreut war ich auch, dass sich der Film zusammen mit "Band of Brothers" sehr gut ergänzt, da gerade im ersten Drittel über viele Dinge gesprochen wird, die in der Serie tatsächlich zu sehen sind.

Die (im Nachhinein) schlechten Kritiken verstehe ich nicht. Ok, der Film ist teilweise recht pathetisch, da wäre weniger einfach mehr gewesen. Und die Deutschen hätte man tatsächlich differenzierter zeichnen müssen (mir geht es inzwischen auch gehörig auf den Keks, wenn die normalen Wehrmachtssoldaten immer nur als böse Deutsche charakterisiert werden).

Andererseits hat der Film das gleiche Problem, das jeder (Anti-)Kriegsfilm hat: Es gibt eine Reihe von Zuschauern, die von den Gewaltdarstellungen eher angezogen als abgestoßen sind und mit dem Rest nicht viel anfangen können (die "Gorebauern" bei Cinefacts sind da immer zum Fremdschämen). Tatsächlich hat der Film in der Darstellung der Kriegshandlungen Maßstäbe gesetzt. Ich vergleiche ihn - inhaltlich wie formell - immer direkt mit Samuels Fullers "Big Red One". Fuller hat eine andere Bildsprache, aber beide Filme sind in der Aussage ebenbürtig.

(Apropos Inszenierung: Wen erinnern die "virtuos" inszenierten Kriegshandlungen noch an Darstellung der Kriegshandlungen in der Indiana Jones Serie, die bekanntlich noch einige Jährchen früher auf den Markt kam? Zwinkernder Smiley )
 

#224 06.12.2010, 14:21
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Mich erinnern sie stilistisch nicht im Geringsten an die Young-Indy-Serie, obwohl ich die Kriegsdarstellung in der Serie ebenfalls für gelungen halte.
Außerdem finde ich ebenfalls nicht, dass die Wehrmachtssoldaten im Film als böse dargestellt werden. An keiner Stelle sieht man einen deutschen Soldaten irgendetwas tun, was ihre amerikanischen Kollegen nicht auch tun.
Im Gegenteil. Der Film zeigt amerikanische G.I.s, die unbewaffnete, sich bereits ergebende Soldaten kaltblütig ermorden und danach noch zynische Witze reißen. Aber wie heißt es doch so schön: wenn zwei das Gleiche tun, ist dies noch lange nicht dasselbe. Zwinkernder Smiley
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#225 06.12.2010, 15:37
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Ich wollte auf den deutschen Soldaten hinaus, der zunächst von den Protagonisten verschont wird und später beim finalen Kampf wieder auftaucht und ein Mitglied der Protagonistentruppe umbringt. Diese Nebenhandlung wird schon sehr exponiert dargestellt, außerdem wird dieser Deutsche nicht eben "sympathisch" dargestellt. Als Zuschauer, vor allem als nicht-deutscher Zuschauer, ist man aufgrund dieser Inszenierung schon recht schnell dabei, ihn als Teil eines Ganzen zu verstehen.

Im Kontrast dazu sind die Amerikaner gerade zu Beginn des Films auch nicht sehr zimperlich, dort ergeben sich ihre Taten aber direkt aus der "Dynamik" der Kriegshandlungen. "Band of Brothers" dagegen hat diese Schwäche nicht. Dort werden die Grausamkeiten der Amerikaner viel deutlicher dargestellt und auch breiter thematisiert. Und gerade in den letzten Folgen bekommen die deutschen Soldaten ein durchaus diffenzierteres Image (auch wenn ausgerechnet die deutsche Synchro da einiges kaputt macht).

Young Indy hat in den Sommes- und Verdun-Folgen sehr viel Handkamera und subjektive Sicht eingesetzt. Die Serie ist - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - sehr versucht, den Zuschauer mitten in das Geschehen hinein zu versetzen. Die Wackelkamera, verrissene Aufnahmen, schnelle Schwenks, der Blick über den Gewehrlauf, der ungefilterte Blick auf Tote und Verletzte - das alles tauchte später auch bei Private Ryan wieder auf und wurde dort hoch gelobt.
 

#226 06.12.2010, 15:56
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Dass er Tom Hanks umbringt ist völlig legitim und ergibt sich, wie du schon an anderer Stelle bemerkt hast, aus der Dynamik der Kriegshandlungen. Was hätte er denn tun sollen? Absichtlich daneben schießen? Aus dieser Entfernung konnte er ja noch nicht mal sehen, auf wen er da anlegt (nicht, dass dies im Krieg einen Unterschied gemacht hätte). Diese Episode sollte lediglich verdeutlichen, dass sich Milde im Krieg nicht auszahlt. Auch Uphams Versuch, den "Fehler" zu korrigieren bleibt eine hohle Geste, die sich keineswegs aus der Dynamik der Kampfhandlungen ergibt, da sich der Feind bereits ergeben hatte. Genauso, wie sie es in der zuvor beschriebenen Szene taten.

Handkamera und subjektive Sicht gab es ja schon in dutzenden Filmen vorher und ist an sich erst einmal nicht wirklich innovativ. Was bei "Ryan" noch hinzukam, waren die, durch Doppelbelichtung der Frames hervoregerufenen, Stakkatoeffekte, das Verwenden unterschiedlichem Filmmaterials, um einen extrem uneinheitlichen Look zu erzeugen, das völlige Fehlen einer begleitenden Filmmusik, der Farbentzug des Gesamtfilmmaterials, der Verzicht auf die automatische Belichtungsautomatik, und, und, und. Natürlich taucht in Young-Indy das ein oder andere Stilmittel ebenfalls auf, aber die Gesamtheit visuellen Einfälle und Verfremdungstechniken ist deutlich geringer und der Effekt ein gänzlich anderer. Verstehe mich nicht falsch. Für eine TV-Serie ist die Ästhetik grandios (und wurde ebenfalls gelobt), aber zu sagen, dass hier die bahnbrechende Filmtechnik von SPR bereits vorweg genommen wurde, ist dann doch ein wenig gewagt. Zwinkernder Smiley
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#227 06.12.2010, 16:22
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Keine der amerikanischen Figuren aus der Eröffnung hat eine ähnliche (und v.a. ähnlich breitgewalzte) Vorgeschichte wie dieser deutsche Soldat. Die GIs, die einige Deutsche abknallen, waren noch zwei Sekunden zuvor mitten im Kampfgetümmel und offensichtlich noch nicht ganz Herr ihrer Handlungen. Als Kontrast dazu kriegen wir aber einen "undankbaren" Deutschen präsentiert, dem die Amis zuvor noch das Leben geschenkt hatten und der sich nicht gerade dankbar zeigt, sondern sogar noch die Sympathiefiguren abmurkst. Das ist schon arg konstruiert und wirkt auf den Zuschauer ganz einfach anders als die wackeren GIs, die um ihr Leben kämpfen.

Versteh mich nicht falsch: Ich halte Private Ryan insgesamt für großartig. Aber dennoch muss man gewisse Schwächen mal ansprechen dürfen, perfekt ist er nunmal nicht. Er hat aber auch das Problem, seine Kriegsgeschichte in recht komprimierter Form in 2,5 Stunden runterspulen zu müssen. Da passiert es schnell, dass die Suche nach der Titelfigur schnell wie eine comichafte Abenteuergeschichte anmutet. Das ist übrigens der Vorwurf, den sich damals auch der bereits genannte "Big Red One" gefallen lassen musste (vor der "Reconstruction"). Aber gibt es überhaupt den perfekten (Anti)Kriegsfilm? Kann es den überhaupt geben?

Zu Young Indy: Ich habe nicht gesagt, dass die Serie die Ästhetik von Private Ryan vorweg genommen hat. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Spielberg das Gezeigte schon wahrgenommen hat, das ist einfach zu naheliegend. Er hat das Ganze technisch sicherlich noch auf die Spitze getrieben, dazu hatte er bei einem Spielfilm ganz einfach mehr Zeit und mehr Geld. Letztlich sind sich die Kampfszenen in der Serie und im Film aber sehr ähnlich. Vorherige Filme haben das Kampfgeschehen nicht so gezeigt. Nehmen wir "Platoon": Der setzte seinerseits neue Maßstäbe, was die gezeigten Grausamkeiten angeht, aber er war trotzdem anders inszeniert. Peckinpah in "Steiner"? Coppola in "Apocalypse now"? Malick in "Thin Red Line"? Diese Filme zeigten den Kampf schon deutlich anders, um nicht zu sagen: konventioneller.
 

#228 06.12.2010, 17:10
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Betreff: Re: Der letzte Film
Der Begriff Anti-Kriegsfilm ist generell etwas fragwürdig, da ohnehin jeder das Gezeigte subjektiv wahrnimmt, was immer zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Außerdem hatte Spielberg ja nie vorgehabt, einen Anti-Kriegsfilm zu drehen. Vielmehr ging es ihm darum, den Veteranen von damals Respekt zu zollen, angesichts der Opfer, die sie in diesem Krieg bringen mussten. Es wäre sowieso ein wenig übertrieben, von einem Amerikaner (noch dazu einem Juden!) zu verlangen, einen pazifistischen Film über den Kampf gegen das Naziregime zu drehen.

Umso höher ist ihm anzurechnen, dass er nicht der Versuchung erliegt, den Gegner pauschal zu dämonisieren, sonderm recht nüchtern einfach das Geschehen einfängt und uns urteilen lässt. Das ausgerechnet der verschonte Soldat am Ende Tom Hanks erschießt mag konstruiert wirken, gehört aber zu den Verdichtungen, die in einem Film notwendig sind, um Botschaften zu vermitteln. Diese lautet für mich aber keinesfalls, das diese fiesen Krauts einfach unverbesserlich sind. Dazu war die Inszenierung zu lakonisch, zudem es deutlich klar wird, dass der Deutsche einfach die Leute erschießt, die ihm eben gerade vor den Lauf kommen.
Ich teile Toths Ansicht, dass hier vielmehr die brutale Kriegslogik demonstriert werden sollte, wonach gutgemeinte Gesten sich niemals auszahlen. Dafür spricht auch, dass dies ja das Leitmotiv des gesamten Films ist, da es ja gerade darum geht, dass die "humanistische" Mission der Soldaten (den letzten Angehörigen einer Familie zu retten) militärisch völlig sinnlos ist. Man denke auch an die frühe Szene, in der Private Carpazo für seinen Versuch, Zivilisten (die im Krieg nicht zählen, nicht einmal Kinder) in Sicherheit zu bringen sofort bestraft wird und von Captain Miller kurz vor seinem Tod noch gemaßregelt wird. Als Miller dann selbst der Versuchung der Menschlichkeit erliegt, ereilt ihn das gleiche Schicksal. Auch Captain Hamill (Ted Danson) kommt es in einer anderen Szene zugute, dass er und seine Leute einfach kaltblütiger sind als die deutschen Soldaten und ohne viel Federlesens schießen. Die Lektion ist klar: wer zuerst tötet, der lebt länger.
Das auch die Deutschen keine eiskalten Killermaschinen sind, zeigt auch die Szene, in der Upham von dem Deutschen, der gerade vorher Mellish getötet hatte, verschont wird. Offenbar sieht er Upham nicht als eine unmittelbare Gefahr an, so dass er einfach an ihm vorbeiläuft.

Der Vorwurf der Deutschenfeindlichkeit ist für mich daher ungerechtfertigt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass der Film konsequent aus amerikanischer Sicht erzählt wird, genau wie etwa "Das Boot" konsequent die Deutschen in den Vordergrund rückt. Dies brachte ihm bei einigen Briten, die ich kenne, den Vorwurf ein, zu freundlich zu den "Nazis im U-Boot" zu sein. Auch dies ist meiner Meinung nach ungerecht.
 

#229 06.12.2010, 17:33
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Ich glaube, wir liegen alle gar nicht so weit auseinander... Zwinkernder Smiley

Deutschenfeindlichkeit hat dem Film zu keiner Zeit jemand unterstellt. Er liefert aber schon ein Feindbild, das an gewissen Stellen differenzierter hätte dargestellt werden können. Wir Zuschauer folgen letztlich einem Trupp wackerer GIs, die sich der Angriffe der Deutschen erwehren müssen. Das Gezeigte transportiert natürlich eine Botschaft. Aber man sollte von einem erfahrenen Filmemacher wie Spielberg verlangen können, dass er dabei auf den Holzhammer verzichtet. Der "undankbare" Deutsche war gerade aus deutscher Sicht eher nervend, weil ein Stereotyp. Das ist eine Schwäche, die sich der Film vorwerfen lassen muss. Letztlich ist das klare Feindbild aber auch ein Zugeständnis an amerikanische Sehgewohnheiten. Eastwood z.B. hat diese Perspektive in "Letters from Iwo Jima" umgedreht und ist damit an den Kinokassen baden gegangen (übrigens von Spielberg produziert).

Unterm Strich aber, wie ich auch schon im Ausgangspost geschrieben habe, halte ich Private Ryan für einen großartigen Film. Zwinkernder Smiley
 

#230 06.12.2010, 17:49
Lacombe Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Aldridge:
Aber man sollte von einem erfahrenen Filmemacher wie Spielberg verlangen können, dass er dabei auf den Holzhammer verzichtet. Der "undankbare" Deutsche war gerade aus deutscher Sicht eher nervend, weil ein Stereotyp. Das ist eine Schwäche, die sicht der Film vorwerfen lassen muss. Letztlich ist das klare Feindbild aber auch ein Zugeständnis an amerikanische Sehgewohnheiten. Eastwood z.B. hat diese Perspektive in "Letters from Iwo Jima" umgedreht und ist damit an den Kinokassen baden gegangen (übrigens von Spielberg produziert).

Unterm Strich aber, wie ich auch schon im Ausgangspost geschrieben habe, halte ich Private Ryan für einen großartigen Film. Zwinkernder Smiley

Die Anführungsstriche sind wichtig, da er ja in der Tat nicht "undankbar" war sondern nur schlicht und einfach das passiert ist, was Private Reiben vorhergesagt hatte ("He's gonna be picked up by his own Wehrmacht and put back into circulation"). Nur schlichte Gemüter im Kinopublikum (die es sicherlich gibt) werten diese Szene als "der undankbare Sauerkraut". Und den Begriff "Holzhammer" würde ich hier nun wirklich nicht anbringen. Der passt nicht nicht einmal zu deutlich plumperen Werken wie "Der längste Tag". Stellenweise (leider) eher schon zu "Inglorious Basterds".
 

#231 06.12.2010, 17:53
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Aldridge:

Aber man sollte von einem erfahrenen Filmemacher wie Spielberg verlangen können, dass er dabei auf den Holzhammer verzichtet. Der "undankbare" Deutsche war gerade aus deutscher Sicht eher nervend, weil ein Stereotyp. Das ist eine Schwäche, die sich der Film vorwerfen lassen muss.

Lacombe hat ja versucht deutlich zu machen, dass der deutsche Soldat keineswegs undankbar ist, sondern einfach lakonisch wieder ins Kriegsgeschehen eingreift. Was hätte er denn auch sonst tun sollen? Desertieren? Das hätte für ihn den Tod bedeudet. Ich kann bis heute nichts Verwerfliches an den Aktionen des Soldaten erkennen und auch die Details der Inszenierung lassen nicht darauf schließen, dass dies so rüberkommen sollte. Nein, die Botschaft ist keines wegs "deutsche Soldaten sind undankbar", sondern "die Logik des Krieges belohnt humanitäre Gesten nicht".
Deutsche Filme sind eben auch normalerweise aus deutscher Sicht erzählt (Das Boot, Stalingrad, Die Brücke, etc.). Dies ist daher auch mitnichten ein amerikanisches Phänomen. Der Gegner erscheint im Krieg immer als Bedrohung. Deshalb ist er noch lange nicht "böse".
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#232 06.12.2010, 18:34
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Betreff: Re: Der letzte Film
Leute, reitet bitte nicht auf dem Begriff undankbar herum. Ihr wisst schon, warum ich das in Anführungsstriche gesetzt habe. Dennoch bleibe ich dabei: Die exponierte Art, in der dieser deutsche Soldat präsentiert wird, ist schon recht undankbar. Einerseits hatte er natürlich keine andere Wahl als wieder in seiner Truppe mitzulaufen. Andererseits hätte er am Ende schon die Option gehabt, nicht abzudrücken und die Soldaten laufen zu lassen. Was bei der Diskussion vergessen wird, ist wie diese Nebenhandlung im breiten Publikum aufgenommen wird. Und das ist in diesem Fall ein Stereotyp, den man schon oft gesehen hat. "Band of Brothers" hatte dies besser gelöst, sogar aus amerikanischer Sicht.
 

#233 06.12.2010, 18:45
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Aldridge:
Leute, reitet bitte nicht auf dem Begriff undankbar herum. Ihr wisst schon, warum ich das in Anführungsstriche gesetzt habe. Dennoch bleibe ich dabei: Die exponierte Art, in der dieser deutsche Soldat präsentiert wird, ist schon recht undankbar. Einerseits hatte er natürlich keine andere Wahl als wieder in seiner Truppe mitzulaufen. Andererseits hätte er am Ende schon die Option gehabt, nicht abzudrücken und die Soldaten laufen zu lassen. Was bei der Diskussion vergessen wird, ist wie diese Nebenhandlung im breiten Publikum aufgenommen wird.

Ich glaube auch, wir sollten die Diskussion ruhen lassen, da wir nicht zusammen kommen. Für mich ist der Gedanke an die Option, dass er mitten in den Kampfhandlungen nicht hätte abdrücken können, völlig absurd. Auch ist mir schnurz, wie ein breites Publikum die Szene möglicherweise rezipiert hat. Erstens, habe ich dazu keine Umfrage durchgeführt und zweitens halte ich mich bei der Bewertung eines Kunstwerks an das Werk selbst und nicht an dessen Rezeption durch dritte. Es gibt genügend Leute, die z.B. nach "Fight Club", die Figur des Tyler Durden supercool fanden, obwohl dies genau das Gegenteil von dem war, was Regisseur Fincher offensichtlich vermitteln wollte. Jeder bringt seine eigene Perspektive in die Rezeption eines Kunstwerks ein; und die ist, wie du selbst angemerkt hast, nicht immer im Sinne des Erfinders. Zwinkernder Smiley

Am besten wir führen den Thread fort, indem ein neuer "letzter Film" präsentiert wird.
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#234 06.12.2010, 19:55
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Betreff: Re: Der letzte Film
Gute Idee. Mich wundert allerdings schon, warum niemand je auf den Gedanken gekommen ist, dass Captain Miller die unzähligen Deutschen, die er während des finalen Häuserkampfs aufs Korn nimmt, hätte laufen lassen können um so in einem besseren Licht zu erscheinen. Wahrscheinlich deshalb, weil dies inmitten dieses Schlachtgetümmels etwas abwegig ist. Wenn Teile des Publikums bei dem "Krautfresser" am Ende mit zweierlei Maß messen und dies von ihm jetzt einfordern, so ist dies weder Spielbergs Schuld noch mein Problem. Klar haben das einige so gesehen, vor allem im englischsprachigen Ausland. Aber warum sollte mich das kümmern. Es gab auch Leute, die bei "The Dark Knight" vor allem den Joker als Identifikationsfigur erkannt haben wollen. So ist das nunmal mit der Wahrnehmung.
 

#235 06.12.2010, 20:04
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Betreff: Re: Der letzte Film
American Werewolf - Klassiker von (dem damals noch genialen) John Landis, mit wegweisenenden Make-up Effekten, die nicht nur Michael Jackson zutiefst beindruckt haben. Grinsender Smiley
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#236 06.12.2010, 21:33
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Lacombe:
Gute Idee. Mich wundert allerdings schon, warum niemand je auf den Gedanken gekommen ist, dass Captain Miller die unzähligen Deutschen, die er während des finalen Häuserkampfs aufs Korn nimmt, hätte laufen lassen können um so in einem besseren Licht zu erscheinen.

Nun, wahrscheinlich weil Captain Miller der Sympathieträger des Films war und natürlich niemals einen Deutschen abgeknallt hätte, der ihm vorher das Leben geschenkt hat. Zwinkernder Smiley Aber ok, die Argumentation läuft offensichtlich darauf hinaus, dass wir nicht zusammenkommen. Ich will ja auch Spielberg nicht "entweihen", also lassen wir die Diskussion ruhen. Einigen wir uns einfach darauf, dass Private Ryan weit besser ist, als die meisten ihn wahrnehmen (wollen), aber auch nicht perfekt, ok?
 

#237 07.12.2010, 11:02
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Hangover - Da hat Regisseur Todd Phillips aber schon deutlich bessere Komödien abgeliefert. Die Geschichte ist ganz amüsant und sorgt immerhin für einige Schmunzler. Aber das war es dann auch. Was der schrecklich untalentierte Mike Tyson in dem Streifen zu suchen hatte, erschließt sich mir nicht. Auch die Figur des Mr. Chow fand ich eher angestrengt witzig. Und was zum Teufel findet alle Welt an diesem Zach Galifianakis? Der Typ war eine Fehlbesetzung und so lustig wie ein Becher Babybrei. Richtig gut ist der Film dagegen immer dann, wenn die Männerriege mit den Konsequenzen ihrer nächtlichen Sauftour konfrontiert wird. Und Heather Graham ist nach wie vor sehr, sehr süß. Zwinkernder Smiley
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 07.12.2010, 11:02 von Aldridge.  

#238 07.12.2010, 13:25
Toth Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Zitat von Aldridge:
Einigen wir uns einfach darauf, dass Private Ryan weit besser ist, als die meisten ihn wahrnehmen (wollen), aber auch nicht perfekt, ok?


Ich mag den Begriff "perfekt" in diesem Zusammenhang ohnehin nicht, suggerriert er doch, dass a) die Kunst perfekt sein müsse und b) ich Perfektion natürlich erkennen würde, wenn ich sie sähe.

Abgesehen davon kam der Film bei der Kritik doch hervorragend an. Die meisten Gegner des Films kamen mit Abstand aus Deutschland und die kritisierten ihn fast ausschließelich aufgrund seiner politischen Agenda, die ihnen entweder nicht pazifistisch genug war oder zu patriotisch. Interessanterweise kam "Schindlers Liste", ein Film über einen "guten Deutschen" dann hierzulande auch viel besser an. Zwinkernder Smiley
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Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 07.12.2010, 13:35 von Toth.  

#239 07.12.2010, 14:26
Dark Hunter Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Eigentlich nur eine Serienfolge, aber als Pilot eben in Spielfilmlänge. Boardwalk Empire, 1. Folge unter Regie von Martin Scorsese. Die Serie erzählt die Prohibition aus Sicht von Enoch "Nucky" Thompson, dem "Zaren des Boardwalk" in Atlantic City. Sie basiert etwas frei auf Enoch "Nucky" Johnson's Leben und ich bin recht gespannt, wie sich das entwickelt. Man sollte sie unbedingt in Englisch sehen, allein der slang und die Flüche dürften im Deutschen kaum rüber kommen. Das Setting wurde ziemlich gut nachgebaut und die Kostümierung ist sehr gut getroffen. Der Film startet mit dem Beginn der Prohibition, welche für Nucky die Gelegenheit war einer der einflussreichsten Männer im Alkoholschmuggel und dessen Verteilung zu werden. So trifft sich Nucky hier auch mal eben mit Größen im Schlage von Rothstein und Lucky Luciano und selbst der junge Al Capone taucht als kleiner Gehilfe und Fahrer am Boardwalk auf. Der Zynismus und die Heuchelei jener Zeit wird m. E. genial von den Darstellern rübergebracht und auch nicht so ein Glanz über die Mafia geworfen, wie es im Paten geschah. Hier geht es gleich zur Sache und man merkt, dass diese ehrenwerten Herren ein blutiges Geschäft führen. Dennoch herrscht gerade in der 1. Folge gleich eine richtige Goldgräberstimmung. Der legale Alkohol ist Tod, lang lebe der illegale Alkohol - zieht sich von den ersten Szenen an durch die Folge. Klar dass hier auch das "Büro" seine Agenten nach Atlantic City schickt, um Nucky und dem Boardwalk auf die Finger zu schauen. Die ersten Risse zwischen alten Freunen und interessante Möglichkeiten für Bündnisse tun sich hier auf und damit ist jede Menge Stoff für eine spannende Serie gegeben.
Wie bei jüngeren US Formaten dieser Größenordnung üblich, kommt auch Sex nicht zu Kurz und es soll wohl auch da in der Serie heiß hergehen. An der Stelle hoffe ich zwar, dass es nicht zum Selbstzweck wird, weil irgendwann lutscht sich das doch ziemlich ab (tat es imho bei BSG irgendwann). Alles in allem für vintage-süchtige ist es sicher ein Muss sich die eine oder andere Folge einmal zu Gemüte zu führen.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 07.12.2010, 14:36 von Dark Hunter.  

#240 07.12.2010, 14:29
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
@ Toth: Die Diskussion geht ja doch weiter... Zwinkernder Smiley

Du hast den Film als Meisterwerk bezeichnet. Da kann ich guten Gewissens höhere Maßstäbe in punkto Inszenierung und Drehbuch ansetzen. Und gewisse Elemente der Geschichte sind ganz einfach zu schlicht. Es kommt nicht von Ungefähr, dass der Film von vielen Filmfans als pathetisches Weltkriegs-Abenteuer bezeichnet wird (wohlgemerkt nicht meine Meinung, aber ich kann nachvollziehen, wie es zu diesem Urteil kommt).

Abgesehen davon, weiß ich ehrlich nicht, was du willst. Ich habe geschrieben, dass ich den Film für großartig halte, aber kleinere Schwächen vorhanden sind. Willst du eine unreflektierte Jubelarie, nur weil Spielberg Regie geführt hat? Die wirst du nicht bekommen. Wir nehmen den Film eben auf unterschiedliche Weise wahr.

Die Stärken des Films liegen ganz klar auf der technischen Seite. Spielberg arbeitet mit dokumentarischen Mitteln, um den Zuschauer direkt ins Geschehen zu versetzen und ihn das Grauen des Krieges spürbar werden zu lassen, so gut ein Film das zu können vermag. Dabei ist es auch ein besonderer Kunstgriff, den Zuschauer gleich zu Beginn 25 Minuten unter Dauerfeuer zu setzen, um ihn den Rest des Films unter dem Eindruck des grausamen Umfelds erleben zu lassen. Das kann bei genauerem Hinsehen aber nicht verschleiern, dass die Story der technischen und inszenatorischen Brillanz weit hinterher hinkt. Der Film will eine gewisse Sinnlosigkeit des Gezeigten verdeutlichen. Hehres Ansinnen. Dazu konstruiert er seine Geschichte aber arg und schreckt auch nicht vor Klischees und Stereotypen zurück. Und da - um den Kreis zu schließen - stellt sich eben die Frage, ob ein Kriegsfilm oder Antikriegsfilm dem Krieg überhaupt gerecht werden kann, da er den Wahnsinn stets in einer Dramaturgie pressen muss, um ihn "erzählen" zu können.
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, das letzte Mal am 07.12.2010, 15:50 von Aldridge.  

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