Ah, Rats!!
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Betreff: Re: Ah, Rats!!'s Adventurebilt Deluxe
Mein letzter HutSo, nun war es endlich soweit - der große Tag, die Fahrt nach Reeßum zu Adventurebilt. Und endlich damit auch das Ende der langen Suche nach meinem Indy-Fedora, die als Jugendlicher nach "Last Crusade" begann, und seit "Crystal Skull" vollends entbrannte.
Marc holte mich in Rotenburg am Bahnhof ab, und obwohl es schon ein dreiviertel Jahr her ist, dass ich ihn zuletzt besucht habe, kam es mir wie gestern vor, zusammen durch das "platte Land" zu fahren. Vielleicht, weil es genau so eisig kalt war. Aber dafür regnete es wenigstens nicht wie aus Kübeln, wie beim letzten Mal.
Es war mittlerweile kurz nach Mittag, und in der Hutmacherwerkstatt (die auf mich immer so ein wenig wirkt, als betritt man einen Raum irgendwann in einer anderen Zeit), präsentierte Marc mir dann den Rohling, der noch an diesem Tag mein neuer Crystal-Skull-Fedora werden sollte. In den vergangenen Wochen hatte er den Rohling vorbereitet, unter Anderem in aufwändiger Handarbeit immer feinkörniger geschliffen, bis er den letztendlichen Zustand erreicht hat.
In diesem Rohkörperzustand ist die Crown zwar vom Volumen her bereits in Form und geblockt, aber noch offen, und die Brim sehr breit – damit sah der Rohkörper wie ein ziemlich grotesker „Farmerhut“ aus, wenn Ihr wisst was ich meine. Aber meine Güte, die Griffigkeit und dieses samtige Gefühl der Textur des Filzes, das war schon sehr beeindruckend. Ich kannte bisher nur den Akubra, welcher schon sehr schön gearbeitet ist, und natürlich den Henry, der nochmal eine Spur besser ist, aber dieser Rohling stellte in diesem Zustand bereits alles in den Schatten. Ich hatte zwar schon ABDeluxe-Rohlinge und fertige ABDeluxe-Hüte gesehen, aber bisher auf jegliches Rumhantieren damit verzichtet. Das war schon einmal ein vielversprechendes „Kennenlernen“ des Hutes.
In der Hutmacherstube wurde dann dem Rohling zuleibe gerückt: Da ich ungefähr die selbe Hutgröße wie beim Filmhut habe (dazu später mehr), kam ich in den Genuss, dass mein Hut auf dem Original-Block geblockt wurde, mit dem auch die Hüte für die Produktion gefertigt wurden. Marc begann, die Form der Krempe auszumessen und auf den Millimeter genau zu markieren, bevor er mit dem Rundschneider, und später mit einer Bonsai-Schere die exakte Brim heraus arbeitete. Ich hab als Zeichner gerade vom Arbeiten mit Tusche her eine sehr ruhige Hand, aber zu sehen wie jemand in einem Schnitt durch so präzise arbeiten kann, lässt wahrscheinlich sogar einen Chirurgen rot werden.
Am Ende dieses Schrittes ist aus dem Hutkörper (die Crown war schon auf richtiger Größe, und die Brim jetzt auch) nun ein erkennbarer Fedora-Rohling geworden.Weiter ging es dann bei den Kitters in der Küche, wo ich mir ein Sweatband ausgesucht habe. Marc schrieb darauf irgendwas mit Kugelschreiber, aber ich sollte erst später erfahren, was das war.
Während wir uns ein wenig über dieses und jenes unterhielten (und seltsamerweise ging es dabei kaum um das Thema Indiana Jones), begann Marc mit dem Nähen des Hutbandes, und nahm noch einmal genau Maß, um die exakte Hutgröße, aber auch Kopfform („Fliehfaktor“ der Stirn und so weiter) zu bestimmen.
Die Vermutung, die wir vorher schon hatten, bestätigte sich hier nochmals: Ich habe bis auf den Millimeter genau den selben Kopfumfang wie Mr. Ford. Er hat eine etwas fliehendere Stirn als ich (mit meinem groben Bochumer Kruppstahl-Rammbock vor dem durchgeknallten Comiczeichner-Gehirn), also wurde das Sweatband minimal angepasst, aber ansonsten konnte ich dadurch beides haben: Einen perfekt an meinen Schädel angepassten Fedora, UND den absolut screen accurate gearbeiteten KOTCS-Filmhut, vereint in einem einzigen AB Deluxe.
Wegen dieser Überschneidung der Größen bot mir Marc sogar ein kleines Extra-Bonbon an: Normalerweise bekommen die AB Deluxe ein hochwertig besticktes Innenfutter, auf dem die AB-Pyramide und die entsprechenden Schriftzüge zu sehen sind. Marc bot mir an, darauf zu verzichten, und ein weißes Futter ohne irgendwelche Logos oder Markings einzubauen – wie beim Film-Prop. Das Futter sah im Film zwar gelblicher aus, aber das hatte der Filmhut wohl eher den Kostümbildnern zu verdanken, die dem Hut für die Eröffnungsszene mit Haarfärbemittel und ich glaube Tee-Extrakt zuleibe rückten. Nachdem das Hutband in Form genäht war, mit der Adventurebilt-Deluxe-Schleife und allem drum und dran, und nachdem auch das Schweißband in Form gebracht und vernäht war, und durch Anprobieren des bloßen Bandes der Sitz und die Passform getestet wurde, ging es dann gemütlich ins Wohnzimmer. Ich hatte mir noch etwas Zeichen-Arbeit mitgebracht, Marc schenkte einen guten Whisky aus, und dann begann das Nähen.
Beeindruckend war, dass Marc in der Lage war, sich völlig frei zu unterhalten, während er nähte. Von wegen wir Kerle seien nicht multitaskingfähig ;-)
Während ich beim Zeichnen immer mal aufschauen muss, um mich an einem Gespräch zu beteiligen, arbeitete Marc souverän und präzise wie ein Industrieroboter, was die Hände anging, und unterhielt sich dabei als würde er nebenher nichts anderes machen.
Mittlerweile fing die Zeit etwas zu drängen an, wenn der Hut noch fertig werden sollte. Und beim Einnähen des Schweißbandes in den Hut (jeder, der schon mal Leder genäht hat weiß, wie schwierig das ist) passierte es dann: Marc stach sich einmal kräftig herzhaft in die Mitte des Daumens. Das tat schon beim Zusehen weh. Und da er das Innenfutter bereits eingenäht hatte, und dieses auch noch schneeweiß war, brachte das natürlich das Problem, dass man mit einem blutenden Finger auch mit Pflaster potenziell für ein paar nicht so schöne Verfärbungen im Futter sorgen kann.
Also nahm Marc sich ein Stück Panzertape, und klebte sich damit kurzerhand den kompletten Daumen zu.
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen – normalerweise bin ich bei meiner Freundin und bei Bekannten für solche Nummern mehr oder weniger berüchtigt. Thumbs up!Nach dem Einnähen des Schweißbandes wurde noch einmal anprobiert, und dieses Mal sah es fast schon wie der fertige Fedora aus. Klar, Bashing und Brim Flanging fehlten noch, aber alleine das angebrachte Hutband mit der Schleife sorgte schon für den passenden Effekt. Und meine Güte, das Ding passte wie ein Handschuh!
Mittlerweile ging es in den Endspurt, auch wenn man es Marc nicht anmerkte. Ich habe ihn gebeten, im Zweifelsfall lieber langsamer zu arbeiten, und mir den Hut nach zu schicken, aber er meinte, das sei sein normales Arbeitstempo. Er versprach mir, nichts „auf die Schnelle“ zu machen, sondern den Hut mit genau der Muße fertigzustellen, mit der er jeden AB Deluxe fertig stellt.
Ich kann mir so ganz gut vorstellen, wie es wohl gewesen sein muss, als er und Steve im Akkord die Hüte für die Filmproduktion gefertigt haben. Und auf einmal wird mir auch klar, warum die Wartezeit so in die Höhe schoss; immerhin kenne ich das auch von meinen Zeichnungen. Ich gebe nur das raus, mit dem ich selber 100% zufrieden bin. Das nicht zu tun würde fast Bauchschmerzen verursachen, und ähnlich ist es wohl bei Marc mit seinen Hüten.Es fehlte nur noch das Flangen, und das Hereinbringen des Curls in die Krempe, und natürlich das Bashing. Hierbei fiel mir auf, wie fix das mit dem Bashing ging! Drei Handgriffe, und das gewünschte Crystal Skull-Bash war in der Crown, und zwar so felsenfest, als hätte da jemand mit Dampf oder sonst etwas gearbeitet. Das ist ein erstaunliches Material! Ich erinnere mich, wie lange ich bei meinem Akubra FedIV Deluxe gebraucht habe, um das Crusade/Skull-Bash hinein zu bekommen.
Zu guter Letzt hielt ich ihn jedenfalls in Händen, nach vielen Monaten des Wartens und der Vorfreude: Meinen eigenen Indy4-Fedora, mit den selben Maßen und Stats der Screenused-Version bis hin zum weißen Innenfutter, nur mit dem Unterschied weniger Millimeter in der Vernähung des Schweißbandes.
Und als ich ihn endlich aufsetzte, fühlte es sich an, als habe ich diesen Hut bereits seit 10 Jahren getragen. Kein Vergleich zu der „Eintragezeit“ des Akubra, der erst eine Weile brauchte, bis er sich an meinen Kopf angepasst hat. Der AB Deluxe wird sich in den ersten Monaten des Tragens noch ein wenig zurecht schrumpfen, und gleichzeitig an die Kopfform anpassen, aber er sitzt jetzt bereits wie ein Handschuh, und ich fühlte mich vom ersten Moment an pudelwohl in dem Ding.
Leider bedeutet das auch, dass mein Akubra, der mich über ein Jahr lang treu begleitete, sogar durch so manchen Hagel- und Regensturm, jetzt langsam aufs „Altenteil“ kommen wird. Das sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn egal wie man es dreht und wendet – der Akubra Fed IV Deluxe ist ein toller Hut (ich mag vor allem dieses „Schutzhelm“-Gefühl), und meiner sitzt mittlerweile richtig perfekt. Der wird auch nicht verkauft, sondern behält einen Ehrenplatz hier bei mir.
Aber wie heißt es so schön bei Voltaire? „Das Bessere ist der Feind des Guten“. Und ich bin fest davon überzeugt, wenn er mir nicht geklaut wird, oder auf irgend einem Berg oder Schiff vom Kopf geweht wird, wird der Indy4-ABDeluxe mein letzter Hut sein.
Ganz in diesem Sinne war auch die Widmung, die Marc anfangs mit Kugelschreiber in’s Schweißband geschrieben hat:

Ja, Marc – an dieser Stelle sei gesagt, dass ich fest davon überzeugt bin, dass die Suche zum Ende gekommen ist. Vielen Dank nochmal für diesen Fedora!
Chris H.
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