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#1 05.09.2009, 14:24
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Diese Woche hatte ich Besuch aus Kanada, und weil die Nächte noch sehr mild waren, beschlossen wir, abends noch eine kleine "Nachtwanderung" mit meiner Freundin zusammen durchzuziehen. Hier in Berlin gibt es den Grunewald, ein großes Waldstück südlich, welches sich an den Teufelsberg schmiegt, von dem aus man eine tolle Aussicht über die Stadt genießen kann.

Nun haben wir hier allerdings in Berlin ein kleines Wildschwein-Problem, und gerade im Grunewald trifft man öfters auf größere Rotten dieser Graukittel. Die sind hier regelrechte Kulturfolger geworden, und haben ihre natürliche Scheu vor dem Menschen weitestgehend verloren. Haben die Frischlinge dabei, oder man selber einen Hund, oder aber man erschreckt die Tiere weil sie einen nicht kommen hören wenn sie dösen, wird das hier auch schonmal gefährlich, und es gibt Verletzte - wie erst kürzlich wieder.
Eine gute Taschenlampe und eine Dose Pfefferspray soll, zusammen mit lautem Sich-Unterhalten und gelegentlichem In-die-Hände-klatschen helfen, dass man in Ruhe gelassen wird, weil die Tiere dann schonmal vorgewarnt sind, und das Weite suchen. Jedenfalls ist das einer der Gründe, weswegen man den Grunewald nach Einbruch der Dunkelheit fast für sich allein hat.

Wir sprachen jedenfalls über die Wildschweine, und dass ich Bedenken habe, da nachts rumzulaufen. Wir sind schonmal beinahe in die Rotte reingelaufen, bei so einer Nachtwanderung. An meiner Garderobe hängen unter dem Hut, den ich beim Aufbruch aufsetzte, auch noch meine Peitsche und das grüne Satchel. Jedenfalls zeigte meine Freundin auf die Peitsche, und meinte, ich könne die ja wegen der Wildschweine mitnehmen.
Also, gesagt getan - sobald wir in den Wald hinein gingen, kam die Peitsche an den Gürtel.

Tja, und was soll ich sagen; im Wald war alles in Ordnung, wir kamen unbehelligt an der Sandgrube vorbei und bis hin zum Weg hinauf auf den Berg (da führt eine breitere Straße entlang). Und da passierte es dann, undzwar alles ziemlich gleichzeitig. Es gibt ein Rascheln, meine Freundin zeigt auf den Wegesrand, der Bekannte von uns ruft irgendwas. Und unmittelbar neben uns im Schein der Taschenlampe erschrecken sich Wildschweine, und machen einen Heidenlärm. Sie sind vielleicht 3 oder 4 Meter von uns entfernt - etwa Peitschenlänge, wenn man so will. Jeder von uns macht einen Satz rückwärts von den Schweinen weg, und man riecht diesen typischen Wildschweingeruch, penetrant, ein wenig wie Maggi.
Ich reiße mir meine Peitsche vom Gürtel, und gehe einen Schritt zur Seite, damit ich niemanden treffen würde, und schon knallt der erste Overhead Crack durch die Nacht, dann der Zweite, der Dritte. Die Taschenlampe gab ich meiner Freundin, und konzentrierte mich auf das Whipcracking. Und in der Tat, schon beim ersten Knall nahmen die Schweine reißaus.

Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Schweine eh reißaus genommen hätten, und es nicht an der Peitsche lag, aber meine Güte, war das ein gutes Gefühl, sich an dem Ding festhalten zu können Zwinkernder Smiley
Später trafen wir wieder auf ein paar Wildschweine, aber die waren weiter weg, und ließen sich auch mit der Peitsche sofort verscheuchen. Von da an habe ich dann alle paar Minuten mal "prophylaktisch" mit der Peitsche geknallt, um den Viecherchen zu zeigen, dass wir kommen - solange, bis wir aus dem Wald raus waren.

Tja, von jetzt an kommt das Ding auf jeder Nachtwanderung mit - nicht nur wenn wir auf Reisen unterwegs sind.
Marc, das war übrigens Deine 10ft Pagey - danke nochmal, dass Du mir die für die Convention zur Verfügung gestellt hast!
Ich glaube zwar, dass auch ohne Peitsche alles gut gegangen wäre, aber man weiß es nicht - vielleicht hat uns Deine Pagey in der Nacht den Hintern gerettet Grinsender Smiley
Chris H.
 

#2 05.09.2009, 15:10
MurdocXXL Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
geiler Bericht...
Zitat:
schon beim ersten Knall nahmen die Schweine reißaus.
und schön das alles so positiv verlaufen ist für Euch!

Wobei ich vor so ner Rotte Wildschwein auch nen heiden Respekt habe. Gute Idee die Peitsche mit zu nehmen..sollte mir auch angewöhnen !
LG
Ralf

<< Error in Reality-System. Rebooting Univers. >>
 

#3 05.09.2009, 16:07
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
An sich sind die scheu, und man sollte sich freuen, wenn man mal welche zu Gesicht bekommt, weil sie sofort wieder flüchten. Die hören einen ja meist, bevor man sie sieht. Nur nicht in Berlin. Da hören die einen, wissen aber dass Menschen da oft durch den Wald gehen, und ihnen nicht gefährlich werden (denn bejagt werden dürfen die hier nicht). So bleiben die einfach liegen, und rechnen damit, dass man eh vorbei geht. Sieht man sie aber nicht, und kommt näher als ein paar Meter an sie ran, dann kriegen sie Angst, oder werden manchmal einfach nur sauer. Und wenn ein Wildschwein dann angreift, geht es mit den Hauern, den langen Unterkieferzähnen, mit einer Aufwärtsbewegung an die Waden, und das gibt ganz böse Verletzungen. Hatten wir hier erst kürzlich.

Laute Knallgeräusche helfen im Falle eines nahen Kontakt, und angeblich soll auch Pfefferspray helfen, aber wenn ein Keiler mit hoher Geschwindigkeit aus dem Busch kommt, sollte man besser woanders sein. Aber dann hilft wohl auch keine Peitsche am Gürtel.

Wir hatten hier letztens eine Bache mit Frischlingen, die hinter einem Maschendrahtzaun stand, etwa einen Meter von meiner Freundin und mir getrennt. Die machte nicht einmal Anstalten, mit ihren Jungen zu flüchten - die stand da, und beobachtete, was wir machen. Da kann einem schon ein wenig mulmig werden, denn der Zaun endete 3 Meter weiter links - sie hätte ohne Probleme einfach drum herum laufen können. Wenn beeindruckend große Tiere merken, dass der alltägliche Stadtmensch ihnen nichts tut, dann ist das so eine Sache. Bei einem Fuchs oder einem Eichhörnchen ist das ja noch niedlich, aber...
Chris H.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 05.09.2009, 16:23 von Ah, Rats!!.  

#4 05.09.2009, 17:02
JackSpade Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Off-Topic:
Auch wenns OT ist aber ich will nicht das hier jemand verletzt wird und man das verhindern gekonnt hätte wenn man seinen fachlichen Senf dazu gibt. Von Pfefferspray rate ich generell immer wieder ab wenn das Thema darauf kommt. In der U-Bahn, in Gebäuden, sicher da kann man das gebrauchen. Aber überall wo mit Seiten - oder noch schlimmer Gegenwind gerechnet werden muss sollte man zu Pfeffergels greifen die durch einem "ballistischen" Sprühstrahl ins Ziel gebracht werden. Diese sind nicht empfindlich gegen Wind, sind durch den Strahl einfacher ins Ziel zu bringen da man den diesen "lenken" kann und haben ein etwas höherer Reichweite. Je mehr Abstand man zu einem Angreifer halten kann je besser ist es.

Für oder besser gegen Wildschweine würde ich auch so was empfehlen [url=http://www.abwehrspray.com/Zubehoer/TW1000-Schrill-Alarm::11.html]Schrill-Alarm[/url]. Ein menschlicher Angreifer kann sich Hilfe suchen wenn er das OC im Gesicht hat, beim Wildschwein sieht das schon anders aus.
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, das letzte Mal am 05.09.2009, 17:05 von JackSpade.  

#5 05.09.2009, 17:35
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Ich benutze einen ballistischen regulären Pfefferspray mit Sprühstrahl, und bin im Umgang damit auch bei Dämmerung einigermaßen geübt. Das ist besser als Gel, da er beim Auftreffen feiner zerstäubt, und vom Wildschwein (oder im Selbstverteidigungsfall auch vom Gegner) eingeatmet wird, und in den Atemwegen starke Reizungen verursacht, die zum sofortigen Abbruch des Angriffs führen. Gel schafft das nicht, ebensowenig Schaum. Die wirken nur oberflächlich, wenn auch gut im Augen- und Nasenschleimhautbereich.

Das Risiko, selbst was von dem aufgestäubten Aerosol abzubekommen ist da, aber zu vernachlässigen. Ich riskiere gerne ein paar tränende Augen, wenn ich dafür keine Wildschweinhauer in meinem Unterschenkel, und keine Postkarte aus Solingen in meiner Milz stecken habe ;-)
Im unmittelbaren Nahbereich ist Pfefferspray sowieso nur bedingt einsetzbar, und das Risiko, auf 2-3 Meter Entfernung etwas von dem Aerosol abzubekommen, ist verschwindend gering. Und bei Entfernungen von ca. 1 Meter muss man halt in den sauren (oder in diesem Fall gut gewürzten) Apfel beißen.
Und Pfefferspray hat man natürlich nur gegen bösartige Tiere dabei, da es sich um ein Tierabwehrspray handelt - gegen Menschen ist er (mit Ausnahme in Notwehr- oder Nothilfesituationen) nicht einzusetzen. Das sei noch erwähnt, um dem Recht Genüge zu tun.
Chris H.
 

#6 05.09.2009, 18:07
JackSpade Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Zitat:
Und bei Entfernungen von ca. 1 Meter muss man halt in den sauren (oder in diesem Fall gut gewürzten) Apfel beißen.

Schön gesagt mit gewürztem Apfel. Zwinkernder Smiley
 

#7 06.09.2009, 14:27
Robby Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Wenn ein Muttertier Junge dabei hat, wird es auf diesen Krach nicht mit Flucht, sondern mit Angriff; sprich - mit Verteidigung der Jungen reagieren.
Und dann Gnade Gott jedem, der einem wütenden Muttertier in die Quere kommt. Die Idee mit dem Pfefferspray ist auch sehr schön. Vielleicht kann
man das Tier damit vertreiben. Vielleicht. Auf jeden Fall ist es eine Tierquälerei sondergleichen. Denn wie weiter oben schon geschrieben wurde...
Ein Tier kann sich nicht eben mal die Augen ausspülen oder zum Arzt gehen. Vielleicht entzünden sich die Augen. Vielleicht erblindet das Tier.

"Jedenfalls ist das einer der Gründe, weswegen man den Grunewald nach Einbruch der Dunkelheit fast für sich allein hat."

Richtig. Vielleicht sollte man den Lebensraum der Tiere respektieren und sie nach Einbruch der Dunkelheit einfach in Ruhe lassen.
Ich kann verstehen, dass einen der Hauch des Abenteuers umweht, wenn man Nachts durch den Wald läuft und die Peitsche schwingt.
Ob die Tiere das auch so sehen, wenn jemand in ihren Lebensraum eindringt und einen Höllenlärm macht, darf zumindest bezweifelt werden.

Aber gut - jedem das Seine, stimmt's?

Robby
 

#8 06.09.2009, 15:18
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Leute, lasst doch mal die Kirche im Dorf, bitte. Zuerstmal ist die Wurfzeit März bis Mai, Frischlinge gibt es also nicht mehr. In 1 bis 2 Monaten beginnt sogar schon die neue Paarungszeit. Und selbst wenn eine Bache in Verteidigung von Jungtieren zum Angriff übergeht (was sie bei Knallgeräuschen definitiv nicht tut, aber vielleicht ist sie ja schwerhörig), kann Pfefferspray, das ebenfalls von zwei Leuten bereit gehalten wurde, den Angriff stoppen. Kann, nicht muss, aber besser als nichts. Es gibt also zwei Phasen der Verteidigung - Abschreckung durch Geräusch und Licht, und im Nahbereich Abwehr durch Pfefferspray. Die Gnade Gottes ist da dann doch etwas weit hergeholt. Ansonsten bliebe nur, Wildschweinen ganz aus dem Weg zu gehen - und da wir uns den Lebensraum in Berlin auch in den Vororten teilen, ist das eher weniger machbar.

Zweitens ist es genau so legitim, sich vor einem angreifenden Wildschwein mit Pfefferspray zu verteidigen, wie es legitim ist, sich vor einem angreifenden Menschen damit zu verteidigen. Das ist keine Tierquälerei, sondern die Verteidigung der eigenen Unversehrtheit auf Kosten des Angreifers. Und dabei ist Pfefferspray ein sehr "freundliches" Mittel, da es im Gegensatz zu anderen Mitteln bei sachgemäßer Anwendung keine bleibenden Schäden zurück lässt, und die akuten Auswirkungen des Mittels auf das Tier nach kurzer Zeit bis zu einem erträglichen Maß nachlassen, bevor sie dann letztendlich ganz verschwinden.
Tierquälerei wäre, ein Tier mit Pfefferspray zu drangsalieren, das einen nicht angreift, oder z.B. in einem Gehege sitzt. Quälerei setzt auch eine böse Absicht voraus, die ich mir hier wirklich nicht ans Bein binden lassen möchte. Da ist doch wohl ein himmelweiter Unterschied.

Wir teilen uns den Lebensraum mit den Tieren. Sie leben genau so in den Vororten, wie in den Parkanlagen und Naherholungsgebieten. Ich bin selber der Meinung, dass man die Tiere nicht zurückdrängen oder bejagen soll, denn sie haben genau so ein Recht, dort zu sein, wir wir. Aber genau so bin ich der Meinung, dass ich mir nicht die Wade aufschlitzen lassen muss, nur damit dem Tier nicht aufgrund der Verteidigung die Augen brennen.

Und zu guter Letzt halte ich es für eine Frechheit sondergleichen, mir vorzuwerfen, mich auch nachts in der Natur aufzuhalten, weil mich irgendwie der Hauch des Abenteuers umwehen soll. Ich arbeite tagsüber, und mir bleibt nicht viel anderes übrig, als mir meine Freizeit in den Abendstunden zu suchen. Und das auch in der Natur. Dass die Tiere sich dort ebenfalls aufhalten, ist weder meine Schuld, noch leitet sich daraus irgend ein Zeitplan ab, wer wann ein Anrecht auf Aufenthalt außerhalb der Betonwüste hat. Es geht hier um eine städtische Parkforstanlage, nicht um ein Wildreservat. Ich nehme Rücksicht auf die Tierwelt wo ich kann, aber mich deshalb zum reinen Stadttier machen zu lassen, das muss wirklich nicht sein. Und selbst wenn ich das würde, stehe ich hier in der Stadt auch regelmäßig vor der einen oder anderen Wildschweinrotte, wie jedes Jahr ein paar Mal, und dann bleibt wohl nur noch der Umzug ins Hochhaus, oder?
Also pack Deine Moralin-Spritze bitte wieder ein - danke!
Chris H.
 

#9 06.09.2009, 16:08
Cúchulainn Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Komm mal runter!

Tierquälerei setzt mit nichten eine bösartige Absicht vorraus! Viele halten zum Beispiel Reptilien in zu kleinen Terrarien weil sie es nicht besser wissen! Aber auch das ist tierquälerei! Nicht mit vorsatz aber pfefferspray bleibt meiner meinung nach quälerei!

Das momentan keine Frischlingszeit ist stimmt natürlich! DAher ist der Fall der verteidigenden Mutter momentan zu vernachlässigen! Aber der Wald wird wohl nicht umsonst NAchts leer sein! Bleib den Viechern fern und alles ist gut!

Im Sachsenwald bin ich unzählige male wildschweinen über den Weg gelaufen. Und wer sich ruhig und den Tieren gegenüber respektvoll verhält der hat auch nichts zu befürchten! Nachts ist die überraschungsgefahr natürlich groß aber darf ich mal ehrlich sein? Ich wäre auch übelst angepisst wenn du nachts plötzlich durch mein schlafzimmer laufen würdest! ginge dir das nicht so?
Erik
Hot tamales and they're red hot, yes she got'em for sale
 

#10 06.09.2009, 17:03
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Natürlich bleibe ich den Viechern fern. Und ich versuche, auf uns aufmerksam zu machen, damit die Tiere sich nicht erschrecken. Es ist nicht so, dass wir nach Wildschweinen suchen - wo wir können, gehen wir ihnen aus dem Weg. Ist vor uns eine Rotte zu hören, drehen wir um, und gehen einen anderen Weg.

Der Sachsenwald ist durchaus was Anderes als der Spandauer Forst oder der Grunewald in Berlin. Das ist mehr sowas wie ein großer, bewaldeter Park. Die Wildschweine haben sich den Bereich "erobert", weil sie wegen der Stadtnähe dort nur unter bestimmten Umständen bejagt werden dürfen - eben weil das mehr ein Naherhohlungsgebiet ist, als ein Wald. Sie sind zum Kulturfolger geworden, und ziehen von da aus nach Einbruch der Dämmerung in die Stadt. Diese Tiere (und das ist in Deutschland bislang einmalig) haben sich an den Menschen und seine Gegenwart gewöhnt, was Verhaltensweisen hervorgebracht hat, die sonst bei keinen Wildschweinpopulationen zu finden sind.
Ein Beispiel: Hört ein Wildschwein einen Menschen, läuft es weg. Hier bleibt ein Wildschwein selbst dann stehen, wenn der Mensch mehr oder weniger auf das Schwein zugeht. Denn es weiß, dass es Wanderer und Jogger und Fahrradfahrer gibt. Erst wenn der Mensch ihm zu nahe kommt (und das kann der Mensch nur merken, wenn er z.B. das Schwein früh genug sieht, oder es z.B. riecht, was ganz gut funktioniert), dann wechselt es entweder zu Flucht oder zu Angriff. Diese Kombination ist für Wildschweine unüblich, sowas gibt es nur hier in der Ecke, und zählt zum nicht arttypischen Verhalten.

Für den Fall, dass Du es überlesen hast: Ich brauche hin und wieder auch mal ein wenig Natur, und tagsüber arbeite ich (an einigen Tagen bis zu 14 oder 16 Stunden lang). Ein oder zwei Stunden im Stadtwald tankt die Akkus wieder auf, und manchmal ist es halt Dämmerung oder Nacht, wenn ich dazu komme. Darauf zu verzichten, weil ich dann ins "Schlafzimmer" der Wildschweine eindringen würde, steht nicht zur Debatte. Ich bleibe auf den Wegen, und ich dringe nicht in Schohnungen ein, aber es kann nicht sein, dass der Wald zwischen 22 und 6 Uhr tabu ist. Da muss das Schwein wohl genau so durch, wie ich dadurch muss, dass die Schweine in die Stadt eindringen, und wir ihnen oft genug auch auf der Auffahrt zur Wohnung meiner Freundin gegenüber stehen. Da muss ich dann durch - das stört die Schweine auch nicht, dass da UNSER Schlafzimmer ist, zu dem wir gerne zurück möchten. Wir leben halt mit zu vielen Menschen und zu vielen Schweinen auf engem Raum zusammen. Ich kanns nicht ändern, und das Schwein kann es auch nicht - also passen wir uns alle an. Und dazu gehört auch, dass man Vorkehrungen trifft, sich vor dem Angriff eines Wildschweins adäquat zu schützen. Das als Tierquälerei abzutun, und womöglich auch gleich den Gang durch den Stadtwald als Tierquälerei anzutun, noch dazu ohne die Hintergründe zu kennen, und das mit dem Sachsenwald zu vergleichen, ist leider am Thema vorbei. Wenn Du gegen wen wettern willst, dann mach das bei Leuten, die am Wochenende zum Spaß auf die Jagd gehen - denn die dringen wirklich in den Wald ein, und die haben den Vorsatz, Wildschweine zu bedrängen und sogar zu töten. Aber wirf mir nicht mangelnden Respekt für die Fauna vor, wenn Du weder mich, noch die Situation hier vor Ort kennst. Vielen Dank.
Chris H.
 

#11 06.09.2009, 17:14
JackSpade Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
So sieht das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Berlin und wenn die Recht haben mit den Begründungen warum die Wildschweine in die Vororte kommen dann kann ich nur sagen selber Schuld und typisch Stadtmensch. Du schreibst ja selbst das die Wildschweine bei euch sehr zutraulich sind, das wird dann wohl schon seinen Grund haben der bestimmt nicht von den Wildschweinen selbst ausgeht. Zwinkernder Smiley

Die von der Verwaltung geben sogar Tipps wie man sich bei einer Begegnung verhalten soll. In dem Kontext seh ich die Sache mit der Peitsche als das krasse Gegenteil von dem was man machen soll.

Das Wort Abschreckung (Abschreckung durch Geräusch) kommt mir da eher vor wie ein brutales Relikt aus dem kalten Krieg.

Aber es scheint schon Pfeffersprayversuche gegeben zu haben. Davon mag man halten was man will. Zwinkernder Smiley
 

#12 06.09.2009, 17:33
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Also wenn wir jetzt schon beim Kalten Krieg sind, dann kommt sicher auch bald Godwins's Law zum Einsatz Lachender Smiley

Laute Geräusche verscheuchen Tiere, die im näheren Bereich sind, und machen Tiere in weiterer Entfernung auf einen aufmerksam, so dass sie von sich aus schon Abstand halten. Von Biologen, die hier im Bereich tätig sind, und zu denen wir berufsbedingt viel Kontakt haben (und das meine ich damit, dass Ihr meine Hintergründe nicht kennt), wurde uns geraten, laut in die Hände zu klatschen, und das Schwein direkt anzurufen. Natürlich nur, wenn das Schwein nicht mit dem Rücken zur Wand steht - wie im bebauten Bereich. Aber im Wald wird das Schwein sich darauf besinnen, reißaus zu nehmen. Eins der besten Mittel, um sich vor Wildschweinen zu schützen ist zum Beispiel, sich laut miteinander zu unterhalten. Dann hören die einen kommen. Und wenn alle Stricke reißen, hilft Lärm und Licht.
Schweine reagieren auf Geräusche anders als auf Bewegungen - der Text bezieht sich nur auf Bewegungen. Gleiches gilt für Licht - darüber findest Du zum Beispiel in dem Text garnichts. Der richtet sich auch eher an Leute, die die Viecherchen bei sich in den Blumenrabatten finden, und dann eventuell mit wedelnden Armen auf die Tiere zugehen.
Chris H.
 

#13 06.09.2009, 17:37
JackSpade Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Sind eben Sonderälle eure Wildschweine da oben. Bei uns hier im Pfälzer Wald bin ich direkt froh wenn ich mal eins seh.
 

#14 06.09.2009, 17:50
Ah, Rats!! Abwesend
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Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
So gings mir früher auch. War eine ziemliche Umstellung. Die Wildschweine werden hier mittlerweile ganz offiziell als Plage angesehen (eine Ansicht, die ich nicht teile), und man muss lernen, damit auszukommen. Gleiches gilt zum Beispiel für die Füchse. Da Tollwut hier schon lange kein Problem mehr ist, und der Fuchsbandwurm nur unter bestimmten Umständen Grund zur Sorge bringt (eine Begegnung mit einem Fuchs ist da weit weniger riskant als eine Begegnung mit Waldbeeren), genieße ich diese Begegnungen.
Die Füchse hier haben mittlerweile gelernt, dass sich der weggeworfene Döner sehr viel leichter bejagen lässt, als lebende Ratten und Mäuse - und ohne es zu wissen, tragen sie so sogar zur Stadtreinigung bei. Das ist richtig niedlich, da zum Beispiel mitten in der Stadt die Jungtiere beim Herumtollen beobachten zu können.

An einer Endhaltestelle hier spielt sich regelmäßig das selbe Schauspiel ab: Bus kommt, und hat 20 Minuten Aufenthalt/Pause. Fuchs kommt aus dem Buschwerk getrottet, setzt sich vor die Fahrertür. Wenn der Fahrer nicht öffnet, fänngt er nach einer Weile an, mit beiden Vorderpfoten an der Tür zu kratzen. Fahrertür geht auf, Fuchs springt in den Bus. Eine Sekunde später: Fuchs springt aus dem Bus, mit einem Sandwich in der Schnauze, und verschwindet im Wald.
An der Stelle hab ich schon ein paar irre Fotos machen können.
Chris H.
 

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