Dt. Indiana Jones Fan Forum



#1 02.08.2015, 21:50
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Ich habe mir heute Abend mal die Zeit genommen und Spielbergs A.I. einer Neusichtung unterzogen. Als wir kürzlich über den Film diskutiert hatten, konnte ich aus der Erinnerung schwer fassen, warum mich der Streifen immer recht unbefriedigt zurück gelassen hat. Mein persönlicher Eindruck:

Das eigentlich Interessante an A.I. - Künstliche Intelligenz ist seine Prämisse: Ein Roboter wird auf die Liebe zu seiner menschlichen Pflegemutter programmiert und will zu einem echten Menschen werden, damit sie diese Liebe auch erwidert. Daraus erwachsen eine ganze Menge existenzieller Fragen, und die die grundlegende ist wohl: Wenn eine Intelligenz wirklich so intelligent ist, dass sie ihr eigenes Ich reflektieren kann und die Fähigkeit besitzt zu lieben, was unterscheidet sie dann noch vom Menschen? Nun ist die Frage in der Science Fiction nicht unbedingt neu. Doch – zumindest meine Meinung – A.I. gelingt es nicht, sie zu beantworten.

Der Film versprüht eine eigenartige, wenig greifbare Atmosphäre, die das Gezeigte weniger real als vielmehr wie in einem Traum erscheinen lässt. Das liegt vermutlich daran, dass Spielberg die Story, die um den Grundgedanken aufgebaut wird, durch die Augen von Roboter David erzählt. Und der folgt nun mal seiner „Programmierung“, nämlich der Liebe zu seiner Mutter und dem daraus resultierenden Ziel, ein echter Junge zu werden. Doch bei genauerer Betrachtung wird genau das auch deutlich: Der Protagonist folgt nicht echten Gefühlen, sondern irrt blind durch eine Welt, die er nicht versteht, auf der Suche nach einem unmöglichen Ziel. Das erinnert weniger an das im Film vielzitierte Märchen Pinocchio, als vielmehr an Alice im Wunderland, in dem eben dieses Wunderland auch irreal und abstrakt bleibt.

Die große Stärke und gleichzeitig große Schwäche des Films ist der letzte Akt, der eigentlich wie ein überlanger Epilog wirkt. David darf dort noch mal auf seine Mutter treffen und erreicht am Ende seiner Reise sein langersehntes Ziel – das aber (auch) nur eine Simulation ist. Nur macht es sich der Film dort etwas zu einfach, wenn David dann wirklich Glück empfindet und plötzlich sogar "echte" Tränen vergießen kann. Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, dass die Existenz der weiterentwickelten Mechas vertieft wird, denn sie stellen schließlich nach dem Aussterben der Menschen die eigentliche Intelligenz auf dem Planeten dar. Da wäre die Frage: Ist diese Intelligenz nun wirklich echt oder auch nur eine Programmierung? Doch das bleibt leider aus.

Story und Inszenierung ergeben für mich einen ebenso eigenartigen Zwitter: Im ersten Drittel wird die Beziehung von David und seiner Mutter kammerspielartig vorgestellt, was allerdings eher wirkt wie eine Versuchsanordnung in einem Experiment. Daraus ergibt sich eine seltsam sterile Stimmung. Und im letzten Drittel nimmt der Film dann – wie oben dargestellt – eine ebenso seltsame emotionale „Abkürzung“, wenn David an seinem Ziel angekommen zu sein scheint. Das alles macht A.I. nicht zu einem schlechten Film, zumal er großartig inszeniert ist. Aber es bleibt doch ein bitterer und recht schaler Nachgeschmack, weil selbst das vermeintliche Happy End künstlich ist (was in seiner Aussage gewissermaßen der Originalgeschichte treu bleibt).

Die Originalgeschichte von Aldiss hat, wenn ich mich recht erinnere, einen leicht anderen Fokus. Und der wird im Film auch ganz am Anfang angesprochen: Kann der Mensch überhaupt solch eine Liebe, wie sie dargestellt wird, erwidern? Und wäre er nicht moralisch dazu verpflichtet? Wäre interessant, jetzt direkt im Kontext noch mal den Bicentennial Man zu schauen. Der Film war zwar ein ziemlicher „Tränendrücker“ (weiß leider nicht, wie nah das alles an der Vorlage war). Aber er ließ seinen Protagonisten immerhin wirklich ans Ziel kommen, ein Mensch zu werden.
 

#2 03.08.2015, 06:03
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
"Bicentennial Man" hatte ich gerade kürzlich im Fernsehen gesehen. Neben seiner reichlich biederen Inszenierung (bei Chris Columbus war nichts anderes zu erwarten) leidet der Film, meiner Meinung nach, unter der Tatsache, dass er einer der Kernfragen der ganzen Thematik, nämlich "können wir künstliche Intelligenz, die denken und fühlen kann, als gleichwertige Wesen akzeptieren; mit allen Rechten, die dazu gehören?", ein wenig zu umschiffen versucht, indem er Andrews machinellen Charakter Stück für Stück beseitigt. Diese Transformation wird von allen Seiten verlangt und auch nicht in Farge gestellt.
Insgesamt kein wirklich gelungener Beitrag zu diesem Sub-Genre.

P. S.: Die Frage, ob die Intelligenz der Mechas am Ende "echt" ist, wird, meiner Ansicht nach, beantwortet. Der Prolog und das spätere Aufeinandertreffen mit Professor Hobby weisen darauf hin, dass Davids Fähigkeit zu lieben ihn zu ersten Mecha machen wird (und später gemacht hat) der die Grenzen eines Verhaltensprogramms sprengen wird und eigene Entscheidungen treffen wird. Da spätere Mechagenerationen auf diesem Modell aufgebaut sein werden, wird diese Grenze, die bei allen Mechas vor David bestand, nun für immer aufgehoben sein.
Some bad hat, Harry!
 

#3 03.08.2015, 06:36
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Ja, ich hatte Bicentennial Man auch eher als Rührstück in Erinnerung, deshalb "Tränendrücker". Ich müsste mir mal die Originalgeschichte zu Gemüte führen, um zu sehen, ob Asimov dort konkreter diese Wandlung darstellt.

Dr. Hobby erklärt das Besondere an David bei dem Gespräch in Manhattan tatsächlich - bzw. er deutet es an. Deshalb finde ich die Passage mit William Hurt nicht sonderlich gelungen. Die Passagen gleich zu Anfang und dann gegen Ende dienen ja mehr als Erklärstück für den Zuschauer, wie Davids Verhalten einzuordnen ist. Ob das nun wirkliche Intelligenz ist oder nur eine Besonderheit des Programms oder ein besonders komplexer Algorithmus, diese Frage wird letztlich nicht wirklich beantwortet. Es wird versucht, das über Davids Verhalten zu erklären. Aber ich finde, da stellt sich die Geschichte selbst ein Bein, weil ja permanent deutlich wird, dass David die Welt um ihn herum nicht wirklich versteht.

Insofern kann man sich die Mechas am Ende wirklich herleiten. Die spannendere Geschichte für mich wäre dann aber gewesen, wie die Gesellschaft dieser Mechas funktioniert. Doch ich muss zugeben, dass ich das (auf den ersten Blick zuckrige) Finale inzwischen als wirklich starkes Element des Films empfinde.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 03.08.2015, 06:37 von Aldridge.  

#4 03.08.2015, 06:51
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Zitat von Aldridge:
JDie spannendere Geschichte für mich wäre dann aber gewesen, wie die Gesellschaft dieser Mechas funktioniert. Doch ich muss zugeben, dass ich das (auf den ersten Blick zuckrige) Finale inzwischen als wirklich starkes Element des Films empfinde.

Oh ja, das wäre in der Tat spannend. Ich halte es aber für eine Stärke, dass es viele Interessante Nebenaspekte gibt, die weiter zu vertiefen ebenfalls interessant gewesen wäre. Aber der Fokus lag am Ende eben bei David.
Some bad hat, Harry!
 

#5 03.08.2015, 07:01
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Klar, das wäre sonst wirklich ein Bruch in der Erwählung gewesen. Immerhin erzählt der Ben Kingsley-Mecha nach, was er durch David erfährt... Zwinkernder Smiley
 

#6 03.08.2015, 08:18
Leusel Abwesend
Mitglied

Avatar von Leusel

Beiträge: 8.618
Dabei seit: 02.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Beim "200 Jahre Mann", wie er im Deutschen heißt, ist mir eher die recht geringe Laufzeit aufgefallen. Heutzutage, nach den ganzen Herr der Ringe-Epiken, traut man sich anscheinend eher, Filme mit Überlänge zu produzieren.

100% zufrieden war ich mit dem Ergebnis bei dem Film auch nicht, dort wird von den Richtern Mensch sein unter anderem so definiert, das ein Mensch eben altert. Aber: Hat Andrew überhaupt eine Seele? Gut, jetzt könnte man sich darüber streiten, ob es so etwas wie eine "Seele" überhaupt gibt, vermisst habe ich es aber trotzdem. Zwinkernder Smiley
Das lausigste Mitglied des deutschen Indy Forums
 

#7 03.08.2015, 08:25
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Zitat von Aldridge:
Klar, das wäre sonst wirklich ein Bruch in der Erwählung gewesen. Immerhin erzählt der Ben Kingsley-Mecha nach, was er durch David erfährt... Zwinkernder Smiley

Wie ist eigentlich der LLL-Soundtrack? Den Score halte ich nämlich für derart exzellent, dass ich Williams damals echte Oscar-Chancen eingeräumt hatte (wie auch ILM für die genialen Effekte, aber gegen "Herr der Ringe", auf den man sich irgendwie eingeschossen hatte, war in diesem Jahr an diesen Fronten wohl nichts zu holen ).
Some bad hat, Harry!
 

#8 03.08.2015, 08:46
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Zitat von Leusel:
Aber: Hat Andrew überhaupt eine Seele? Gut, jetzt könnte man sich darüber streiten, ob es so etwas wie eine "Seele" überhaupt gibt, vermisst habe ich es aber trotzdem. Zwinkernder Smiley

Den Begriff "Seele" zu definieren, ohne dabei in religiöse Terminologie abzurutschen, ist an sich schon ein interessantes philosophisches Problem. Zwinkernder Smiley Geht man aber von einem relativ landläufigen Allgemeinplatz über die Bedeutung des Wortes aus, so finde ich, dass der Film keinen Zweifel daran lässt, dass Andrew eine "Seele" haben soll und er allein schon deshalb den Status als "Mensch" zurecht einfordert.
Some bad hat, Harry!
 

#9 03.08.2015, 08:49
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Zitat von Toth:
Wie ist eigentlich der LLL-Soundtrack? Den Score halte ich nämlich für derart exzellent, dass ich Williams damals echte Oscar-Chancen eingeräumt hatte (wie auch ILM für die genialen Effekte, aber gegen "Herr der Ringe", auf den man sich irgendwie eingeschossen hatte, war in diesem Jahr an diesen Fronten wohl nichts zu holen ).

Ich habe den Score seit Freitagabend daheim. Ich habe aber noch nicht viel gehört. Am Freitag die erste CD und heute auf dem Weg zur Arbeit die dritte - jeweils etwas bis zur Hälfte. Qualitativ kann ich also noch nicht viel dazu sagen. Das Problem bei solchen expandierten Scores (3 CDs!) ist ja immer, dass sie eben expandiert, sprich: vollständig sind. Das sind in dem Sinne keine Höralben, sondern der Sammler hat da halt den kompletten Score. Was beim A.I.-Score aber nicht negativ auffällt, da die Musik gerade im ersten Drittel ja gewissermaßen etwas "Schwebendes" hat, so dass keine großen Brüche zwischen den einzelnen Tracks im Hörfluss entstehen.

Ich kann heute Abend gerne mal Fotos von dem Set machen. Das Booklet sieht sehr gut aus, das Spine der CD-Box ist sehr geglückt, insgesamt eine runde Sache.

Apropos exzellenter Score: Das ist mir gestern auch aufgefallen - gerade in der Versuchsanordnung im ersten Drittel unterstützt Williams das sehr gut eben durch diesen "schwebenden", zarten Score, der aber nie zu emotional wird und ein paar sehr nette Zwischentöne für David einführt. Das düstere zweite Drittel ist auch sehr schön gelungen. Aber zum "Happy End" brechen dann wirklich sämtliche Deiche und Williams präsentiert da doch ein sehr emotionales Hauptthema, das beinahe gar nicht zu dem künstlichen Happy End passen will. Ist mir heute Morgen auch aufgefallen, als ich Disc 3 gehört habe, denn da hat´s zu Anfang gleich das A.I.-Thema in der Vocal-Version von Lara Fabian. Und das hat schon ziemlich viel Zuckerguss, so hübsch das auch ist. Finde ich für die im Grunde simple Story beinahe überdimensioniert.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 03.08.2015, 08:50 von Aldridge.  

#10 03.08.2015, 09:00
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Die Lara Fabian Version mag ich nicht und bin froh, dass sie im fertigen Film nicht verwendet wurde. Das Klavierthema von Monica's Theme wird am Anfang des Films (Stichwort "Geburtsszene") in der Tat nur angedeutet, um dann am Ende voll zur Geltung zu kommen. Verglichen mit wahrhaft opernhaften Williams-Werken (z.B. das Finale von "E.T.") ist es aber, meiner Meinung nach, noch zurückhaltend genug, um keinen Stilbruch darzustellen.
Some bad hat, Harry!
 

#11 03.08.2015, 09:09
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Die Fabian-Version wirkt wie eine plastikmäßige 80er-Jahre-Ballade, die selbst damals nur als kitschig durchgegangen wäre.

Aber ja, das meinte ich mit "schwebend" und zart. Der Score ist gerade zu Beginn wirklich sehr zurückhaltend.

Ich bin mir bislang noch unschlüssig, wie ich das zweite Drittel des Film bewerten soll. Die Story spielt ja in einer Welt der Überbevölkerung und Klimakatastrophen. Davon sieht man aber nichts. Der Part hätte also deutlich düsterer ausfallen können, selbst wenn man die Geschichte durch die Augen Davids erlebt. Das Fleischfest und Rouge City wirken da noch viel zu brav - und eben mehr wie ein Wunderland als wie ein "reales" Szenario. Weißt du, wie viel davon auf Kubrick zurück zu führen ist und wie viel auf Spielberg?
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 03.08.2015, 09:12 von Aldridge.  

#12 03.08.2015, 09:19
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Zitat von Aldridge:

Ich bin mir bislang noch unschlüssig, wie ich das zweite Drittel des Film bewerten soll. Die Story spielt ja in einer Welt der Überbevölkerung und Klimakatastrophen. Davon sieht man aber nichts. Der Part hätte also deutlich düsterer ausfallen können, selbst wenn man die Geschichte durch die Augen Davids erlebt. Das Fleischfest und Rouge City wirken da noch viel zu brav - und eben mehr wie ein Wunderland als wie ein "reales" Szenario. Weißt du, wie viel davon auf Kubrick zurück zu führen ist und wie viel auf Spielberg?

Die Originalkonzeption, bis hin zum Pinocchiomotiv stammt komplett von Kubrick. Die Sache war von Anfang an als poetisch, philosophische Märchenstory angelegt und nicht als dreckig, düstere Zukunftsvision (wie man sie beispielsweise ein Jahr später in "Minority Report" sehen würde). Den Begriff "Wunderland" würde ich dennoch hier nicht verwenden, da diese Märchenwelt, wie alle Märchewelten, zwar realitätsentrückt, aber dennoch voller Gefahren und verstörender existenzieller Enthüllungen ist. Das Fleichfest, mit seine Anspielungen auf Auschwitz fand ich hier eigentlich düster genug, vor allem im geschichtsphilosophischen Sinn.
Kubricks Filmwelten wirken ja auch sehr häufig mehr wie ein in sich geschlossener filmischer Mikrokosmos, der sehr künstlich daher kommt und mit der erfahrbaren Realität wenig zu tun hat. Ich mag dies sehr!
Some bad hat, Harry!
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 03.08.2015, 09:21 von Toth.  

#13 03.08.2015, 09:29
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Naja, den Begriff Wunderland verwende ich deshalb, weil es für mich die gleiche Atmosphäre besitzt. Bei Carroll erlebt Alice eine Welt, die sie nicht versteht - weil sie sich eben dem normalen Verständnis entzieht. Vieles ist "realitätsentrückt", paradox, absurd, schlicht verrückt und stellt die Realität einfach auf den Kopf. Und mit der Herzkönigin gibt´s dann noch eine handfeste Bedrohung. Bei A.I. gibt´s das Fleischfest (als Bedrohung) und Rouge City mit einem leicht überdrehten Albert Einstein als Dr. Know (in dessen Gedicht ja auch recht wörtlich die Rede davon ist, dass David Hand in Hand mit einer Fee durch eine Welt wandelt, die er nicht versteht, auch wenn das nur eine Vorgabe von Cybertronics war). Der Firmensitz von Cybertronics am "Ende der Welt" innerhalb einer versunkenen Stadt hat auch schon was Märchenhaftes. Und der "Unterwasserpark" von Coney Island auch.

Das erste Drittel ist dagegen von dieser Welt komplett abgeschlossen. Da fokussiert die Story allein auf die Mutter-Sohn-Beziehung. Das geht ja auch so weit, dass die Fenster größtenteils aus Milchglas bestehen und man nicht rausschauen kann. Also hat man da schon einen Mikrokosmos für sich. Aber ok, ich hatte ja schon vor Monaten geschrieben, dass ich wohl ein grundsätzliches Problem mit Kubricks Art habe.
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, das letzte Mal am 03.08.2015, 09:32 von Aldridge.  

#14 03.08.2015, 09:38
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Stimmt, der Anfang ist sehr hermetisch, was wohl auch die privilegierte Stellung der Swintons unterstreichen soll. Aber ja, Kubricks Art ist sehr artifiziell und ganz sicher nicht jedermanns Sache. Filme, wie "War of the Worlds", "Minority Report" und natürlich auch "Schindler" und "Ryan" zeigen auf, dass Spielberg eigentlich mehr auf einen raueren, unmittelbareren und direkt ins Mark treffenderen Stil setzt. Hier wollte er wohl aber dem originalen Kubrick-Konzept treu bleiben.
Some bad hat, Harry!
 

#15 03.08.2015, 09:57
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Wobei ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte, dass Spielberg hier das Drehbuch selbst geschrieben hat. Wüsste nicht, was das letzte Originaldrehbuch von Spielberg gewesen ist. CE3K?

Lustig übrigens, dass wir momentan über künstliche Intelligenzen im Kino sprechen. Ich habe mir kürzlich Chappie von Neill Blomkamp geholt. Der Film hat mir insgesamt sehr gut gefallen, übrigens deutlich besser als vielen "Fans", die im Internet wieder über den Streifen genörgelt haben. Allerdings fand ich auch dort die Auflösungen der Grenzen zwischen Mensch und Maschine recht unbefriedigend, weil recht simpel. Da hätte es sicherlich mehr "Tiefe" gegeben, die man hätte ausloten können. Aber so war es auch hübsch. Dass hinterher ausgerechnet der Antagonist ausrastet und die Roboter die Guten sind, war dann noch ein netter Neben-Aspekt. Aber so etwas gab es ja auch ähnlich schon in District 9, nur eben mit Aliens anstelle von Robos.
 

#16 03.08.2015, 16:36
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Der beste Film dieser Art ist ohnehin John Badhams "Short Circuit"! Egoistischer Smiley Zwinkernder Smiley
Some bad hat, Harry!
 

#17 03.08.2015, 18:21
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Da habe ich im Vergleich zu Chappie in der Tat zahlreiche Parallelen ausgemacht. Zwinkernder Smiley
 

#18 03.08.2015, 22:36
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Für Toht: Ich weiß nicht, ob das zum Score von A.I. einen größeren Erkenntnisgewinn bringt, aber hier einige Impressionen von dem CD-Set (mit etwas Beiwerk, da ich bei der Bestellung das Bundle mit dem thematisch verwandten D.A.R.Y.L. sowie einem Horner genutzt hatte; Bildquali auf Blackberry-Niveau, da meine Kamera momentan in FFM weilt Zwinkernder Smiley ).

Wie geschrieben: Das ist der expandierte Score, also mit Blick aufs vorhandene Material ein leichter Overkill. Über die dritte CDs kann man streiten, da sie aus Alternativversionen einzelner Tracks besteht. Die Zusammenstellung mit Stücken wie The Biker Hounds oder Inside Dr. Know´s sind nicht unbedingt direkt ein durchgehendes Hörvergnügen, aber für den geneigten Sammler (und Spielberg-Fan) sicherlich interessant.

Die Box steht bei deutschen Händlern bei um die 50 Euro. Dollarkurs hin oder her, ich finde es ein bisschen lächerlich...

Miniaturansichten angehängter Bilder:
IMG_20150803_190133.jpg
Dateityp: Dateityp-Informationen zu: jpg jpg
Downloads: 107
Dateigröße: 525,65 KB
Bildgröße: 2048 x 1152 Pixel
IMG_20150803_190230.jpg
Dateityp: Dateityp-Informationen zu: jpg jpg
Downloads: 105
Dateigröße: 627,76 KB
Bildgröße: 2048 x 1152 Pixel
IMG_20150803_190306.jpg
Dateityp: Dateityp-Informationen zu: jpg jpg
Downloads: 113
Dateigröße: 638,08 KB
Bildgröße: 2048 x 1152 Pixel


 

#19 04.08.2015, 07:13
Toth Abwesend
Mitglied

Avatar von Toth

Beiträge: 2.126
Dabei seit: 08.11.2008
Wohnort: Südpfalz

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Vielen Dank für die Bilder und die Infos!
Some bad hat, Harry!
 

#20 08.06.2017, 09:49
Aldridge Abwesend
Mitglied

Avatar von Aldridge

Beiträge: 11.773
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -

Betreff: Re: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Das hier ist vielleicht nicht ganz passgenau, aber wenn wir schon einen Thread zur Künstlichen Intelligenz im Forum haben...

Zu Lobo kann man stehen, wie man will. Und Technik-Pessimismus ist ja auch ganz schick. Aber so verkehrt finde ich das nun auch nicht. Auf jeden Fall ein spannendes Thema...

Zitat:
Bevormundung durch Technik
Die Maschine will doch nur Ihr Bestes
Künstliche Intelligenz wird bald unseren Alltag durchdringen - und uns viele Entscheidungen abnehmen. Doch wir sollten uns dieser maschinellen Bevormundung nicht allzu dankbar beugen.

Hier eine Prognose über Ihr Leben: Sie werden in fünf Jahren die Hälfte des Tages tun und lassen, was Ihnen eine Maschine vorschreibt. Das wird auf drei verschiedene Arten geschehen:

freiwillig, weil es richtig scheint,
unfreiwillig, weil es (für Sie) nicht anders geht,
oder unwissentlich.

Und Sie werden nicht protestieren. Sie werden nicht aufbegehren. Sie werden nicht Ihren Account bei XYZ kündigen. Am Pfingstmontag hat Apple neue Produkte vorgestellt mit der üblichen Mischung aus Marketingeifer und Technologiehybris. Never done before, magic, isn't it great? Aber ein kurzer, als Gag inszenierter Moment taugt als Symbol für eine wichtige Diskussion der nächsten Jahre: maschinelle Bevormundung (oder "Nanny-Tech").

Apples Software-Chef erklärte, dass die neue Version des iPhone-Betriebssystems automatisch anhand des Doppler-Effekts (gemessen durch die Smartphone-Sensoren) erkennt, ob man im fahrenden Auto sitzt. Und dann freundlich anbietet, den Modus "Do not disturb while driving" zu aktivieren, der den Bildschirm abschaltet.

Angesichts der horrenden Zahlen von Unfalltoten, die sich auf Ablenkung am Steuer zurückführen lassen (mehr als 3000 Tote jährlich in den USA) - eine wirklich gute Idee. Die auch einen Schritt weitergeführt werden könnte: Schon 2013 gab es eine Initiative der amerikanischen Verkehrsbehörde, um Smartphone-Benutzung beim Autofahren technisch zu verhindern. Sie wurde abgeschmettert, schließlich könne man kaum erkennen, ob das Gerät nicht für sinnvolle Funktionen wie Navigation genutzt werde. Jetzt kann man also.

Ein Beispiel, das man vor dem Hintergrund des exponentiellen Fortschritts begreifen muss, zum Beispiel der Künstlichen Intelligenz. Künstliche Intelligenz (KI oder englisch: AI) ist die nächste oder übernächste Stufe der Digitalisierung. Sie wird in ihren verschiedenen Formen von Machine Learning über Deep Learning bis Predictive Analytics (also KI-basierte Vorhersagen) in den kommenden Jahren die Wirtschaft erobern.

Mehr zum Thema Künstliche Intelligenz
Turing-Test, Chatbots, neuronale Netzwerke: Künstliche Intelligenz - endlich verständlich
Künstliche Intelligenz ist Mustererkennung auf Speed, verbunden mit sich selbst verbessernder Technologie. Das bedeutet: Die Maschine passt sich durch ständige Auswertung der Datenströme immer besser an die Bedürfnisse an. Die Frage ist, an welche Bedürfnisse genau. Die des Kunden? Des Unternehmens? Des Staates oder der Gesellschaft?

Unwissentliche Bevormundung

Liesl Yearsley führte von 2007 bis 2014 ein Unternehmen, das KI-Chatbots konstruierte und schließlich von IBM gekauft wurde. Sie sagt, dass sie erstaunt war, wie schnell Menschen eine emotionale Beziehung zu den "virtuellen Agenten" aufbauen. Diesen Umstand hat der KI-Forscher Joseph Weizenbaum schon in den Sechzigerjahren entdeckt, und er eignet sich für sehr subtile Formen der unwissentlichen Bevormundung, sprich: Manipulation.

Über ihre Erfahrungen mit ihrem KI-Agenten schreibt Yearsley: "Jede Verhaltensänderung, die wir wollten, konnten wir herbeiführen. Wenn ein Kunde mehr kaufen sollte, konnten wir die Verkäufe verdoppeln. Wenn wir mehr Beteiligung wollten, konnten wir Leute von ein paar Sekunden Interaktion bis auf über eine Stunde täglich bringen."

Selbst wenn man von diesen Behauptungen den Marketinganteil abzieht, bleibt die Erkenntnis: Die großen Digitalkonzerne arbeiten an KI-basierten Assistenten. Natürlich werden sie sich auch durch Werbung und Verkauf refinanzieren, und wenn sie Muster entdecken, wie Nutzer mehr kaufen oder eher das Produkt des Werbekunden, werden sie es nutzen.

Unfreiwillige Bevormundung

Individualisierung war im nichtdigitalen 20. Jahrhundert noch ein Versprechen, im digitalen 21. Jahrhundert könnte Individualisierung auch zur Drohung werden. Mitte Mai 2017 wird bekannt, dass die Ridesharing-Plattform Uber per KI vorhersagen will, wie viel ein Fahrgast für eine Fahrt maximal bezahlen würde. Dabei werden Daten wie die Tageszeit und die Route berücksichtigt, aber eben auch persönliche Daten des Kunden. Selbst wenn der Kunde das weiß - kann er kaum etwas dagegen tun, wenn er das Produkt nutzen möchte.

"Dynamic Pricing" heißt dieser Mechanismus, und das Prinzip dahinter ist auch außerhalb der Preisgestaltung wirksam: Die Maschine schlägt Ihnen vor, was sie für richtig hält und lässt alles andere weg. Wie sollte man dem wildwachsenden digitalen Dschungel in Zukunft auch anders Herr werden als durch intelligente Einschränkung der Auswahl?

Jetzt runzeln Sie die Stirn, in fünf Jahren haben Sie das Prinzip akzeptiert. Denn natürlich kann man kämpfen - aber nicht überall gleichzeitig. Sie werden sich also weiter aufregen über mangelnden Datenschutz oder drohende Zensur oder Ihr Lieblingsthema. Aber nicht mehr über ein paar "Vorschläge" Ihres smarten Geräts.

Freiwillige Bevormundung

Die stärkste Waffe des digitalen Paternalismus aber ist die Freiwilligkeit. Die Einsicht, dass es doch besser ist, genau jetzt auf die superintelligente Maschine zu hören. Längst ist normal, dass Algorithmen den Arbeitsalltag bestimmen: Lieferanten fahren so, wie es der Computer als ideal berechnet hat. In fünf Jahren wird es in vielen Branchen so ablaufen: Welche Aufgabe ist als nächste zu erledigen, welcher Text zu schreiben, welche Entscheidung zu treffen? Sie werden sich der Anweisung der höchst effizienten Maschine fügen.

Und das nicht nur am Arbeitsplatz: Die Apple Watch kann mit 97-prozentiger Sicherheit erkennen, ob bestimmte Herzrhythmus-Störungen beim Nutzer vorliegen, die wiederum für ein Viertel aller Herzschläge verantwortlich sind. Was läge daher näher, als in der nächsten Software-Version ab Werk dem Nutzer nicht nur vorzuschreiben, dass er zwölf Stunden am Tag stehen soll (ist heute schon so) - sondern auch ein Warnsystem für herzschonendes Verhalten: "Um Jobs Willen, hören Sie sofort auf zu rennen, sonst sterben Sie acht Jahre früher als berechnet!"

Hier wird die Ambivalenz der maschinellen Bevormundung deutlich: Sie kann auch sehr sinnvoll sein. Und so wirksam zur Beeinflussung des menschlichen Verhaltens, dass sie politische Begehrlichkeiten weckt. Das unselige "Nudging", also die Lenkung des Verhaltens der Menschen mit psychologischen und technologischen Tricks, gehört von Angela Merkel bis Heiko Maas seit 2015 zu den erklärten politischen Interessenfeldern der Bundesregierung.

Man möchte dabei, Zitat Bundeskanzleramt: "Erkenntnisse zu menschlichem Verhalten" nutzen, "um politische Ziele besser zu erreichen". Mit lernenden Maschinen und machtvoller Musterkennung bekommt Nudging eine völlig neue Wirkmacht, denn es beruht in den meisten Fällen auf einer Umgestaltung oder Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten.

Wenn also heute schon politisch über eine maschinelle Anzeigepflicht für als relevant erachtete Inhalte im Netz nachgedacht wird (ja, wirklich) - was wird in fünf Jahren an digitalen Optionen vorgeschrieben sein? Wie tief werden Gesetze, Vorschriften und ethische Überlegungen eingebaut sein in die uns umgebende, alles steuernde Technologie?

Das ist keine rhetorische Frage, sondern die Forderung nach einer Debatte um die verschiedenen ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen Formen der maschinellen Bevormundung. Denn die allgemeine Bereitschaft der westlichen Demokratien, in den Alltag der Bürger einzugreifen, wächst mit den technischen Möglichkeiten.

Seit dem 6. Juni 2017 haben wir mit einer klaren Ansage der britischen Premierministerin Theresa May auch den Beweis, dass - wenn die Motivation stimmt - wirklich nichts politisch sicher ist: "Eindeutig: Wenn Menschenrechtsgesetze dem Kampf gegen Extremismus und Terror im Weg stehen - werden wir sie ändern." Sie werden die aus dieser Haltung und dem ökonomischen Fortschritt resultierenden Entwicklungen erleben. Freiwillig, unfreiwillig oder unwissentlich.

Quelle: http://www.spiegel.de/...51017.html
 

Seiten (1): 1


Alle Zeitangaben in GMT +01:00. Aktuelle Uhrzeit: 06:09.