IndyWanKenobi
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Betreff: Re: Neuzugänge und Prop Projekte
Wie einige hier auf dem Forum schon wissen, habe ich schon eine ganze Weile an meinem René Belloq Reisepass Projekt gearbeitet. Das Projekt konnte ich jetzt am letzten Summit abschliessen und möchte hier nun den Vorgang im Detail aufzeigen für alle die Interesse daran bekundet haben und vielleicht auch als eine Art Leitfaden für diejenigen, die sich selbst einmal an diesem Prop versuchen möchten.
Noch vorab warum Belloq überhaupt einen deutschen Pass besitzen würde:
Die Idee dahinter ist, dass Belloq für seine Anstellung für die Tanis Grabungen, von den Nazis einige Unterlagen erhalten hat. Darunter auch einen deutschen Pass, um ihn als "besonderes" Mitglied auszuweisen. Soweit zumindest der Gedanke, um das Ganze plausibel zu machen.
Der Anfang
Die Idee mich selbst an diesem Paper Prop zu versuchen kam mir, als ich vor etwas mehr als einem Jahr die Magnoli Props Version des Belloq Passes online entdeckt hatte.

Mir fielen da aber schon einige kleine Unstimmigkeiten auf und der Anreiz, ein historisch so akkurates Replikat wie möglich herzustellen, nahm schnell Form an.
Zu diesem Zeitpunkt wurde über die Planung eines weiteren Summits bereits schon diskutiert und die Wahrscheinlichkeit, dass Paul Freeman noch einmal zu Gast sein wird, wurde ebenfalls schon früh besprochen. Den entscheidenden Schubs, das Projekt zu starten, kam durch eben diese Chance für ein einmaliges Sammlerstück; einen Belloq Pass von René Belloq selbst unterschreiben zu lassen.
Ich setzte mich gleich an die ersten Schritte. Das ganze Projekt war von zwei entscheidenden Anteilen abhängig:
Der Pass selbst
Natürlich das A und O. Wie komme ich überhaupt an ein originalgetreues Passheft? Der erste Gedanke war, mich bei Magnoli Props um eine leere Version zu erkundigen, aber da waren die Ungenauigkeiten ein Problem. Das Ganze irgendwie selbst zu drucken war auch keine Option, wie käme ich auch zu einer akkuraten Grösse, Papierqualität usw.
Die Antwort war Krause Papierwerke. Ein Onlineshop aus den USA, der alles nur erdenkliche an Unterlagen und Dokumenten aus der NS-Zeit so originalgetreu wie möglich nachdruckt.

Als offizielles Statement der Seite wird angegeben:
Our products can serve several purposes:
-Educational and Movie Props: Accurately reproduced documents can be valuable tools for educators and filmmakers. They can help create realistic settings and help immerge in historical events.
-Recreation of Lost Family Documentation: For people of European descend whose family was directly or indirectly impacted by the global struggle, reproductions of long lost documents can offer a way to reconnect with their heritage.
-Enriching Public Education: We collaborate with non-profit reenactment organizations dedicated to accurate historical portrayal. These reproductions serve as educational tools, helping audiences visualize and understand complex historical periods. Krause Papierwerke products end up in public shows, small museums and even schools around the world to make education more appealing.
Disclaimer: Krause Papierwerke condemns the Nazi regime and its racial ideology. We believe education is key to preventing similar atrocities from happening in the future.
Joa. Ich hoffe mal schwer, dass diese Angaben auch stimmen und ich mit meinem Einkauf keine geheime Südstaaten Revolte finanziere...
Aber damit war Schritt 1 schon mal abgehakt.
Das Passfoto
Der zweite grosse Punkt war ein originalgetreues Passfoto.
Die meisten Passfotos der Zeit zeigten die Personen im 3/4 Profil, mit Blick entweder zur Kamera oder zur Seite. Im Idealfall sollte das Foto von Belloq dem möglichst nahe kommen.

Einen Screenshot oder ein Pressefoto aus Raiders zu verwenden war naheliegend aber vielleicht nicht die beste Option, da der Pass auch eine eigene kleine Geschichte erzählen kann, (Belloq's Reisen ausserhalb des Geschehens des Films) wollte ich bekannte Bilder aus der Produktion vermeiden, um so ein noch authentischeres Feeling zu erzielen.
Ich hatte ein riesen Glück, denn ich fand ein Foto von Paul aus der britischen TV-Serie "Scorpion Tales" von 1978 in der er für eine Folge mitgespielt hat. Blick, Gesichtsausdruck, Frisur, es war sogar schwarz-weiss, es passte einfach alles!

Der Rest war leichter, ich durchkämmte einige Archivfoto-Webseiten nach Fotos der damaligen Zeit, auf denen die Personen passende Anzüge trugen und die Körperproportionen stimmten, mit dem Ziel Pauls Gesicht einfügen zu können.
(Vor der Suche nach den Fotos schaute ich mir noch ein altes französiches Mode-Werbeplakat aus den 30er Jahren an, um mich auf einen passenden Anzugsstil achten zu können.)

Für das perfekte Ergebnis (mit Photoshop bin ich selbst leider nicht so bewandert) habe ich über die Dauer des Projekts insgesamt drei Freelancer über Fiver mit der Bildbearbeitung beauftragt. Kopf ersetzen, Hintergrund anpassungen, Schatten überarbeiten usw. usw.
Das Ergebnis war fantastisch!

Dann begann die eigentliche Recherche:
Die Angaben
Die Passangaben waren eine einfachere Aufgabe, da ich mich auf Infos aus Indy Wikis, oder auf Beispiele von originalen Pässen stützen konnte.


So ist beispielsweise Marseille der allgemein akzeptierte Geburtsort von René Belloq und da es auch die älteste Stadt Frankreichs ist, ist sie ohnehin sehr passend für einen Archäologen.
(Für die Schreibweise, wie eine im Ausland geborene Person eingetragen wird, konnte ich glücklicherweise ein Beispiel finden. Hierbei war der Geburtsort Norwegen.)

Für Belloq's Geburtstag entschied ich mich, als eine kleine Hommage, Paul's echte Geburtstagsdaten zu nehmen, als Jahr nahm ich 1895 was Belloq 4 Jahre älter macht als Indy. (Für graue Haare doch ganz okay. )
-Wohnort -Gestalt -Gesichtsform -Farbe des Haares und -Besond. Kennzeichen waren schnell entschieden. (Obwohl ich sagen würde, dass Paul eine runde Gesichtsform hat, waren bei originalen Pässen so gut wie immer die Bezeichnung "oval" zu finden, selbst wenn die Person ein regelrechtes Kugelgesicht hatte. Also tat ich es gleich.)
An dieser Stelle schon mal ein grosses Danke an Kal, der Paul sogar direkt nach seiner Augenfarbe gefragt hat, damit ich ganz sicher sein konnte!
Die Berufsbezeichnung war noch so ein Ding. Um nochmals auf Magnoli zurückzukommen, auf dessen Pass steht nämlich als Beruf "Altertumsforscher" was tatsächlichen Grund zur Überlegung gibt, da das Regime damals viele Wörter "eingedeutscht" hat.
Um auch hier ganz sicherzugehen stiess ich nach kurzer Suche auf die archäoligische Zeitschrift "Mannus", welche später aufgrund ihrer "Propaganda-Archäologie" und "Ahnenforschung" bekannt werden sollte. Mit Hilfe eines Online Archivs konnte ich eine Ausgabe von 1935 auf Begriffe durchsuchen und das Wort "Archäologe" erzielte doch 2 Treffer! Damit war auch diese Info sicher.

Auf der ersten Seite des Passes gab es auch etwas zum Grübeln.
Belloq's Name. Einige werden sicher schon bemerkt haben, dass ich seinen, in Wikis oft genannten, Zweitvornamen Emile ausgelassen habe.
Ich habe lange überlegt ihn zu verwenden, habe mich dann aber dagegen entschieden hauptsächlich weil er nirgends im Film selbst vorkommt und die erste "canon" Erwähnung des Namens von IndianaJones.com kommt, wo er als Anspielung an Belloq's ursprünglichen Vornamen aus den ersten Scriptentwürfen eingebaut wurde.
Dazu kamen noch die Passnummern die oben von Hand eingetragen wurden. Ich konnte kein klares Muster bei den echten Vorlagen erkennen, also habe ich mich entschieden hier ein weiteres "Easter Egg" einzubauen. Die Nummer 12/6/81 ist das US Premieredatum von Raiders. 

Die Stempel
Was wäre schon ein Pass ohne ordentliche Stempel.
Den besten Anhaltspunkt gab mir der runde Adlerstempel, der auf allen drei Hauptseiten vorkommt. Am Rand des Stempels steht immer das zuständige Polizeirevier und die jeweilige Nummer geschrieben.

Nun die Frage; welches der unzähligen Reviere würde für Belloq zuständig sein? Die meisten Pässe hatten den Stempel "Abteilung II" aufgedruckt. Ich suchte also im Internet nach dessen Bedeutung und wurde erneut dank eines Online-Archivs fündig!
In den Ausgaben "Amtliche Nachrichten des Polizeipräsidiums in Berlin" hatte ich es schwarz auf weiss. Abteilung II war das Ausländeramt. Perfekt geeignet für den Franzosen Belloq.

Ich habe anhand den Originalen auch entdeckt, dass jeder Pass der Abteilung II seine Gültigkeit nach einem Jahr bereits wieder verliert. Das war für die erfundene Geschichte des Passes ebenfalls sehr passend. Belloq würde nach nur einem Jahr seine "Sonderbehandlung" bereits wieder verlieren. Bis dahin sollte sein Auftrag ohnehin schon erfüllt sein.
Anhand des Polizeirevierstempels konnte ich auch den Rest der Stempel ableiten, ich brauchte nur noch ein passendes Ausstelldatum zu finden.
Da im Film selbst keine Kalenderdaten genannt werden, und Angaben in Wikis sich teils unterscheiden, habe ich mich mit dieser Frage an die Community gewendet.
Hier nochmals ein grosses Danke an Fab, Flow und Gerd für eure inputs! 🤠
Ich habe mich dann für den 9. April entschieden. Dafür habe ich mir einen Onlinekalender von 1936 angeschaut.

Ich nahm hierfür an, dass Belloq, nachdem er in Südamerika das Idol gestohlen und in Marrakesch verkauft hatte, unverzüglich von den Nazis beauftragt wurde, nach Ägypten zu reisen. Indys eigene Reise bis nach Ägypten könnte, mit einem Abstecher nach Nepal, parallel verlaufen sein. So wäre Belloq einige Tage vor Indy an den Grabungen und Sallahs Aussage, sie hätten den Kartenraum vor 3 Tagen gefunden, würde aufgehen.
Zur Orientierung habe ich mich auf die Tageszeiten der jeweiligen Schauplätze geachtet um so eine ungefähre Flug- und Ankunftszeit zu berechnen und die Reisetage der beiden in etwa abzugleichen damit alles Sinn machen kann.
Damit waren alle Angaben für die Stempel komplett. Insgesamt wurden es 6 Stück.
Für deren Herstellung kontaktierte ich Chris von In Trenches aus den USA, der sich auf die originalgetreue Reproduktion von deutschen Stempeln aus beiden Weltkriegen spezialisiert hat. Die Schriften werden direkt von den Vorlagen gescannt und anhand einer Passvorlage auf die exakte Grösse angefertigt.
Die fertigen Stempel sind von Echten kaum zu unterscheiden, eine fantastische Arbeit!

Alles kommt zusammen
Damit waren alle Vorbereitungen getroffen und es ging ans "zusammenbauen".
Der erste Schritt war wieder das Foto.
Um mich für ein passendes Fotopapier zu entscheiden, konnte ich mich, wieder durch Glück, an einem Original orientieren, bei dem die matte Oberfläche durch das Reflektieren des Lichts sehr gut erkennbar ist.
Durch einige Testdrucke von Fotodruckshops in der Umgebung fand ich schnell ein passendes Resultat.

Auch hier nochmals ein grosses Dankeschön an Kal für die Hilfe bei der Grössenanpassung des Fotos.
Um das Foto im Pass anzubringen gab es, soweit ich das richtig erkannt habe, drei Möglichkeiten. Es wurde getackert, eingeklebt oder die häufigste Variante, mit einer Öse eingestanzt.

Die richtigen Ösen zu finden war eine mühsame Angelegenheit, denn sie mussten den richtigen Innen- und Aussendurchmesser, sowie vorgefertigte Einkerbungen an den Rückseiten haben, um ein sauberes Festdrücken am Papier zu ermöglichen.
Es waren einige Versuche und einige Fahrten zu verschiedenen Baumärkten nötig, bis ich mit den richtigen Ösen ein perfektes Ergebnis bekam.

(Am Ende habe ich mich bei meinem eigenen Pass dann doch für die geklebte Variante entschieden.)
War das Foto einmal befestigt konnte die Briefmarke (ebenfalls von Krause Papierwerke) auf Seite 1 eingeklebt werden. Danach folgten die Stempel.
Hier war einiges an Vorsicht geboten, da sich das Papier der Seiten als sehr viel saugstärker herausgestellt hat als zuerst gedacht. Ich stempelte immer einmal ab und ging erst dann damit auf den Pass um auch ganz sicher ein durchdrücken der Farbe zu vermeiden. Das Ganze musste ich dreizehnmal sauber hinkriegen. Uff!
War diese Arbeit erst einmal geschafft, war mein Teil des Projekts abgeschlossen, denn fürs Eintragen der Angaben gab ich den Pass an eine Kalligraphin in Zürich ab.
Eine hervorragende Wahl! Die Dame kannte sich mit der genauen Schriftart der damaligen Zeit bestens aus und konnte mich über weiteres Vorgehen genaustens beraten.
Nach einer Woche konnte ich den Pass bereits abholen und war begeistert vom Endresultat. Sorgfältig wurden alle Zeilen mit Tusche und Schreibfeder ausgefüllt und mit einem speziellen Acrylspray versiegelt.
Damit war der Pass fertig und bereit um mit ans Summit gebracht zu werden!


Was kann ich da noch hinzufügen. Paul treffen zu dürfen war ein grossartiges Erlebnis und ein grosses Highlight meines "Indy-Sammel-Prop-Nerd" Hobbys wie es sicherlich für viele der Fall war.
Zuletzt nochmals ein ganz herzliches Danke an euch für die Unterstützung bei den Infos/Fotos und nochmals ein herzliches Danke an die Organisatoren des fantastischen Summits! 🤠
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