Aldridge | 13.01.2014, 21:56 |
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Betreff: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Hallo zusammen, man mag zur Young Indy-Serie stehen, wie man will, aber sie hatte unzweifelhaft Kinoqualitäten. Der Anspruch der Macher, allen voran George Lucas, zeigte sich in allen Facetten der Serie - Originalschauplätze, Ausstattung, Kinoregisseure etc. Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts war - wie bei allen Lucas-Produktionen - die Musik. John Williams hatte die Messlatte in den Kinofilmen natürlich sehr hoch gelegt und nicht zuletzt mit dem Raiders-Marsch ein ikonisches Stück Popkultur geschaffen. Und damit verbot es sich eigentlich von selbst, Young Indy irgendein generisches Hintergrund-Gedudel zuzumuten. Nun steht ein John Williams bekanntlich nicht (mehr) für Fernsehprojekte zur Verfügung. Und auf das London Symphony Orchestra wird bei solchen "kleineren" Projekten auch nicht oft zurückgegriffen. Dennoch fand man seinerzeit vielversprechenden Ersatz: Als Komponisten engagierte man den Veteranen Laurence Rosenthal sowie den relativen Newcomer Joel McNeely. Rosenthal war bereits in Salzburg am Mozarteum tätig gewesen und schrieb bereits seit den 1960ern Filmmusik, darunter auch für den Harryhausen-Heuler Kampf der Titanen. Anfang der 1990er vertonte er mit Stauffenberg und Die Strauß-Dynastie bereits zwei "historische" Projekte und war für Young Indy somit geradezu prädestiniert. McNeely dagegen war erst seit wenigen Jahren im Geschäft und hatte vorrangig für Disney im TV-Bereich gearbeitet. Er blieb später Disney treu und vertonte solche Filme wie Iron Will, Terminal Velocity, Gold Diggers oder veredelte DTV-Ware wie Disneys Return to Neverland und die Tinkerbell-Reihe. Auch kam Lucasfilm später noch mal auf ihn zu, um den Score für Shadows of the Empire zu komponieren. Der Score zur Serie ist Anfang der 1990er Jahre von Varese Sarabande auf vier CDs aufgelegt worden, die heute out of print und somit nicht mehr ganz so leicht zu finden sind. Zwischenzeitlich waren sie nur für richtig viel Geld zu bekommen. Um die CDs mal der Reihe nach vorzustellen: Die erste CD wurde mit den Münchner Symphonikern eingespielt und enthält - in dieser Reihenfolge - die Musik zu den Episoden Verdun 1916, Peking 1910, Paris 1916 und Barcelona 1917 sowie das voll orchestrierte Titelthema in einer langen Version. Die Musik wird jeweils in Suiten, als quasi in einem Best of der Score-Stücke mit einem durchgängigen Hörfluss, präsentiert. Die Trackliste: 1. Main Title - Album Version 2:08 (Laurence Rosenthal) I. Verdun 1916 (Joel McNeely) 2. Remembering Verdun 1:40 3. Race To The Front 1:04 4. The Retreat 1:43 5. Visiting Remy 4:10 6. Aerial Pursuit 2:40 7. Nocturnal Mission 2:36 8. Requiem 3:26 II. Peking 1910 (Laurence Rosenthal) 9. An American Thanksgiving - A Chinese Adventure 5:56 10. Indy Is Ill 1:30 11. The Long Night Of Dr. Wen Ch-iu 7:09 12. West Meets East 1:53 III. Paris 1916 (Joel McNeely) 13. Arrival In Paris 1:59 14. Afternoon Tea 2:50 15. Breakfast With Mata 2:13 16. Mozart: Viola Quintet in G minor 2:44 17. Parisian Stroll 1:40 18. Still Life 2:04 19. L'Affaire d'amour 2:12 20. Lover's Farewell 2:05 IV. Barcelona 1917 (Laurence Rosenthal) 21. Boulevards of Barcelona 1:30 22. Picasso and Diaghilev 3:02 23. The Dressing Room 2:23 24. The Contessa 6:42 25. Ballerina In Bondage 2:59 26. Lead For Breakfast 4:39 Highlight ist für mich natürlich die doch sehr melancholische Musik zur Verdun-Folge von Joel McNeely. Hervorzuheben sind die beiden Stücken „Visiting Remy“, einem Pianostück mit Streichern, sowie „Requiem“, dem sehr tragischen Chor-Orchester-Stück, das gegen Ende der Folge gespielt wird und sich zu den imposanten Bildern immer mehr steigert. Hier etwa ab der 50. Sekunde: https://www.youtube.com/watch?v=12yADOwa75s Sehr stimmungsvoll finde ich auch die Musik von Laurence Rosenthal zur Barcelona-Folge, die atmosphärisch eine hübschen Spagat hinlegt: Die Folge wurde von Monthy-Python Terry Jones inszeniert und besitzt einen recht surrealen, teils absurden Ton. Andererseits wird auch das Ballets Russes von Djagilew thematisiert. Entsprechend gibt’s Rimsky-Korsakovs berühmtes Scheherazade zu hören, aber auch Reminiszenzen an Tschaikowski und Strawinski genauso wie Anklänge an den Flamenco mit den unvermeidlichen Kastagnetten. Unvergessen natürlich Indys Morsezeichen mit dem "Hosenlatz"... https://www.youtube.com/watch?v=-_OFXmhMO-I Die CD führt auch Musik aus den Bookends zu Verdun und Peking. Meine Lieblings-CD aus der Reihe ist sie aber nicht, da eben mit Paris und Peking zwei Episoden vertreten sind, die ich zu den schwächsten der Serie zähle. Verdun und Barcelona halte ich zwar für zwei der stärksten Folgen, aber insgesamt gibt’s somit einen ausgewogenen Eindruck. To be continued... |
Plissken | 13.01.2014, 23:28 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Schöner Thread. Freu mich auf die Weiterführung Die Musik zu der Serie war und ist absolut stimmig in meinen Augen. Auch hier dürfte es aber nicht für jedermann sein da die Musik ähnlich wie die Serie doch recht stark vom Filmvorbild abschweift. Wenn man sich dann aber drauf einlässt wird man mit wirklich schöner abwechslungsreicher Musik belohnt. Vol. 1 und 2 bekommt man noch recht einfach zu einem vernünftigen Preis. 3 und 4 sind dann schon eine ganze Ecke schwerer zu bekommen. Lohnt sich aber. |
Muggenhorst | 14.01.2014, 08:20 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Ich habe leider erst die 1 und 2 und halte weiter Ausschau. |
Aldridge | 14.01.2014, 08:25 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Was umso schwerer wiegt, als dass ich die 3 und 4 für die besten Zusammenstellungen zur Serie halte. Phantom Train of Doom lieferte schließlich und endlich eine reinrassige Abenteuerfanfare, die sich durchaus mit den Williams-Werken messen konnte. Doch dazu später mehr... |
Pascal | 14.01.2014, 09:20 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Das ist ein sehr schoenes Foto. Ich wusste bislang garnicht, das der Soundtrack auf CD veroeffentlicht wurde und bin entsprechend hoechst neugierig, was Du noch darueber berichten kannst. |
PepiloJones | 14.01.2014, 10:32 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Schöner Fred, Danke. Die 4 genannten CDs besitze ich schon länger, inkl. der Best Off Disk. Off-Topic: Die DVDs habe selbstredend auch. |
Aldridge | 14.01.2014, 15:56 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Ich muss gestehen, nach der Best of musste ich jetzt selbst mal Ausschau halten. Ich kannte wohl die Satellite-Single, die seinerzeit von Sat.1 herausgegeben wurde, aber nicht diese Best of. Wo hast du sie ergattert? |
PepiloJones | 14.01.2014, 16:00 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Via Amaon. Hat einige Zeit gedauert bis ich alle 5 Scheiben zusammen hatte. Teil neu, teils gebraucht zu einem jeweils guten Kurs erstanden. |
The German | 14.01.2014, 16:20 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks ich hab die klasssischen 4 alle ganz normal im laden gekauft. Es freut mich einen YI-Score-Fred hier zu finden. Ich werde ein treuer Leser! Mein Lieblingsstück auf der ersten Disk ist Requiem for the Soldiers. Die darstellung der Angriffe auf die deutschen Stellungen sind für mich dir intensivsten in dieser kurzen Zeitspanne die ich kenne. Das ganze durch die musikalische Untermalung und den Chor Szenerie spiegelt sehr emotional den Schrecken und die Angst der beteiligten Soldaten wieder. Als sehr bewegend empfand ich die kurze Szene (ca. 2:29) als sich der verängstigte Franzose trotz des Infernos um ihn herum um seinen getroffenen kammeraden beugt. DAS sind die wahren Helden des krieges. Nicht die weiterstürmenden kampfmaschinen: Welche Intensionen sie auch immer haben... Diese Folge ist auch SPFs Lieblingsfolge. |
Aldridge | 14.01.2014, 16:35 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Wobei auch zu bemerken ist, dass die Inszenierung (Regie: René Manzor) in den Kampfszenen viele Stilmittel vorweg genommen hat, für die Saving Private Ryan einige Jahre später so gefeiert wurde (dreckige Optik mit Spritzern, Handkamera, "Gewehrsicht" etc.). Für eine Fernsehfolge war das extrem ungewöhnlich und kinoreif, gerade Anfang der 1990er. Und dazu dann die Musik... Wahrscheinlich waren die Zuschauer darauf gar nicht vorbereitet. |
Leusel | 14.01.2014, 17:23 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Die Titelmelodie war wirklich ziemlich schwach. Aber ansonsten kann ich nur zustimmen, vor allem beim Phantom Train of Doom. |
The German | 14.01.2014, 18:28 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks @ Aldridge: ja sehe ich auch so. Als ich die Folge damals im fernsehen sah war ich sehr erstaunt über die darstellung auf dem Schlachtfeld. Da brauchte es garkein Blut um den Schrecken darzustellen. Die Dramatik und die Musik ging da eine hervorragende Symbiose ein. Ja, ich war auch nicht vorbereitet. :-) @ Serano: Also ich empfand die Titelmelodie als sehr erfrischend. Sie wirkte auf mich wie eine jungendliche version der klassischen Indyfanfare. Wenn die Indymusik den Helden darstellt welcher schon einige Abenteuer hinter sich hat, bodenständig und ein "Profi" ist empfinde ich die YIJ-Titelmusik als kindliches Aufstreben einer angehenden Abenteurers dem die Welt noch offen steht und der raus in die Welt will. Leicht naiv aber positiv. So wenig wissend wie grausam die Welt sein kann. |
Aldridge | 14.01.2014, 18:35 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Das zum einen, und zum anderen spiegelt die Musik natürlich auch die Zeit der 10er und 20er wider, insbesondere die Einflüsse von Jazz und Blues zu der Zeit. Jetzt kann man natürlich gegenhalten, dass Williams in seiner Musik nicht die 30er Jahre widerspiegelt, was aber nicht stimmen würde: Williams brachte in seinen Musiken, insbesondere bei Star Wars, aber eben auch bei Indy die Leitmotiv-Technik von Max Steiner aus den 30er Jahren zurück. |
Aldridge | 18.01.2014, 21:52 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Dann machen wir mal weiter mit... Auch dieses Mal durften die Münchner Symphoniker ans Werk gehen. Neben dem kurzen Intro-Stück sind Suiten zu den Folgen Vienna 1908, German East Africa 1916 / The Congo 1917, London 1916 sowie British East Africa 1909 enthalten. Die Trackliste: 1. Main Title - Alternate Version (Laurence Rosenthal) I. Vienna 1908 (Laurence Rosenthal) 2. Indy And The Princess (6:10) 3. Skating In The Prater (1:49) 4. The Poetry Lesson (3:40) 5. Outfoxing The Fox (3:16) 6. Sophie's Chamber (4:08) II. German East Africa 1916 / The Congo 1917 (Joel McNeely) 7. Desert Trek (3:20) 8. Morning (4:08) 9. Desert Storm (4:15) 10. Arrival At Port Gentil/Death Of Bartelomy (4:57) 11. Albert Schweitzer, Prisoner Of War (2:25) 12. Schweitzer Says Goodbye (2:34) III. London 1916 (Joel McNeely) 13. Oxford (:24) 14. Countryside Courtship (1:29) 15. Zeppelin Attack/Meeting Vicky (2:01) 16. War Of Words (3:25) 17. Suffragette Meeting (1:55) 18. Celtic Love (2:55) 19. Proposal/Reunion (3:54) IV. British East Africa (Laurence Rosenthal) 20. African Port (1:07) 21. Two New Friends (3:27) 22. Meto (3:05) 23. The Masai Elders (1:47) 24. Talking With Teddy (2:53) 25. Discovery Of The Oryx/Sacrifice (5:25) Klares Highlight der CD ist (für mich) die Musik zur Doppelfolge mit Albert Schweitzer. Schweitzer war zwar in erster Linie Arzt, gilt aber auch als Musikwissenschaftler, Organist und als einer der stilbildenden Interpreten der Musik von Johann Sebastian Bach. Wie überliefert, saß Schweitzer nach seiner Arbeit in seinem Tropenhospital an einem eigens für ihn gebauten Klavier mit Orgelpedal. Dies wird auch in der Serie dargestellt: Der österreichische Schauspieler Friedrich von Thun gibt dort als Schweitzer dem jungen Indy ein Ständchen, nämlich das Stück Jesu, meine Freude. Joel McNeely hat die bekannte Musik auch gleich dezent in den Score eingearbeitet und schafft so einen netten Kontrast zum afrikanischen Dschungel. Schweitzer erhält später während seiner "Ehrfurcht vor dem Leben"-Rede auch noch ein eigenes klassisch angehauchtes Thema, das wiederholt Verwendung findet. Habe leider kein passendes Video gefunden, aber als kleine Erinnerung... https://www.youtube.com/watch?v=74_5iEJFAaM Geradezu bestechend schön finde ich die Suite zur London-Episode mit der Liebesgeschichte rund um Indy und Vicky (dargestellt von einer jungen Elizabeth Hurley mit noch verhältnismäßig buschigen Augenbrauen ). McNeely bedient sich hier beim Irish Folk genauso wie bei verschiedenen britischen Komponisten wie Benjamin Britten, Vaughan Williams und Edward Elgar. Oxford wird beim Besuch bei Ms. Seymour gleich standesgemäß eingeführt. Und wenn Indy und Remy sich bei der Armee einschreiben, ist das irische Militärlied Minstrel Boy zu hören. Wenn Indy und Vicky frisch verliebt durch die Umgebung von Oxford "schweben", schafft McNeely unter Einsatz typisch irischer Instrumente (Penny Whistle, Hakenharfe) ein zuckersüßes Liebesthema (nomen est omen: "Celtic Love"). Insgesamt schöne, schwelgerische Musik... https://www.youtube.com/watch?v=9dE9B2m9WX4 Apropos schwelgerisch: Die Wien-Episode mit dem jungen Indy gibt für Freunde von Mahler und Strauss einiges her. Laurence Rosenthal hat da einen hübschen Spagat gemeistert zwischen Szenario (inklusive Zigeuner-Geiger) und Klein-Indys ersten romantischen Aufwallungen. To be continued... Disclaimer: Ich bin übrigens weder ein Musikwissenschaftler noch in anderer Hinsicht ein Fachmann, sondern lediglich begeisterter Laie. Wenn sich jemand im Stande fühlt, das ganze Werk musikalisch auch eingehender zu analysieren, dann immer gerne. Würde mich sehr interessieren. Genauso interessiert es mich aber auch, wie die Musik auf euch wirkt... |
PepiloJones | 20.01.2014, 11:56 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Was soll man da noch zu sagen. Schön geschrieben, Danke. Bin auch nur Genießer und kein Analyst. |
Pascal | 20.01.2014, 12:27 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Ein Thread mit soviel Infogehalt hat es verdient, angepinnt zu werden! |
MurdocXXL | 20.01.2014, 12:36 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Aber... Danke Pascal... UND DANKE ALDRIDGE für die gesammelten Infos. und Hintergründe Wirklich interessant zu lesen. |
Aldridge | 20.01.2014, 14:06 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Immer gerne. Dann sollte sich ja schon beinahe ein Thread über die Film-Scores anschließen, was? Mal sehen, ob ich da ein Member zwangsverpflichten kann... |
Kalmanitas | 20.01.2014, 14:29 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Hmm... zwangsverpflichten... das hört sich ja schon richtig motivierend an |
Pascal | 20.01.2014, 14:38 |
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Betreff: Re: Young Indiana Jones - Die Soundtracks Juhu! Kalmanitas ist bereits motiviert! Das ging ja schnell. |