FloW 05.10.2024, 22:42
Betreff: Re: Der letzte Film

Joker: Folie à Deux

Gleich vorneweg ich kann das Bashing bei Joker 2 nicht nachvollziehen. Es ist ein gelungenes Gerichtsdrama und Musical mit tollem Retrocharme wie im ersten Teil. Es wird eine ernsthafte Geschichte konsequent weitererzählt. Es gibt überraschende Wendungen und Joaquin Phoenix als Joker und Lady Gaga als Harleen „Lee“ Quinzel überzeugen schauspielerisch als auch gesanglich. Musiktechnisch und von den visuellen als auch auditiven Stimmungsbildern bietet dieser Film alles was man sich von einem Hollywoodstreifen, der in New York in den 1980ern spielt, wünscht. Die Fortsetzung des ersten Films von 2019 (dieser zeigte 1981) ist überraschend und verständlich und zugleich gibt es auch harte Wendungen. Aus meiner Sicht kein Flop! Er gehört für mich zu den besten Filmen des Jahres. Ein Mordsmusikfilm, der sehr stimmungsvoll und treffsicher inszeniert ist. Beide Hauptrollen singen selbst und die musikalische Untermalung ist hauptsächlich zeitgemäßer Jazz und erster Güte. Für Fans von purer Action und endlosen bombastischen Spezialeffekten ist dieser Film eher nix. Hier steht die Liebesgeschichte und die tiefere Psychoanalyse des Jokers, in Form der Gerichtsverhandlung für seine Vergehen in Teil 1 im Vordergrund. Für mich sind die Songs im Film und das neue Album Harlequin von Lady Gaga zum neuen Jokerfilm, die eigentlichen Schätze. Beides ergänzt sich gut und es ist auch zu empfehlen das Album vor dem Film zu hören. Dieser Film ist Theaterkunst im besten Sinne und absolut empfehlenswert für Kinofans, die Filmmusik lieben und nicht nur seichte Unterhaltung mögen.

Von mir und meiner Frau bekommt Joker: Folie à Deux: ⭐⭐⭐⭐

Einziger Kritikpunkt ist vielleicht, dass es dramaturgisch, für den Joker typisch, kein Happy End geben darf.

Joker 2 ist auf jeden Fall ein Film, den man sehr gut unter verschiedenen Gesichtspunkten wie zum Beispiel Recht und Gesetz, Psychologie, Theater und Musik besprechen und analysieren kann. Kein einfacher Stoff. Dennoch beschwingt und gleichzeitig melancholisch. Solider Hollywoodfilm im Rennen um die Oscars 2025! Klassischer Kinobesuch lohnt.

Kukulcan 08.10.2024, 07:14
Betreff: Re: Der letzte Film

Joker: Folie à Deux

Auf einer Metaebene kann man durchaus sagen, dass hier das meiste richtig gemacht wurde. Eine konsequente „Story“, ein gewohnt kompetent verrückt spielender Joaquin Phoenix und zwei interessante Stimmen.

Was gefühlt rüberkam, war ein oft zäher Film, der für uns beide nicht wirklich funktioniert hat, vor allem für mich nicht als Musical. Auch wenn sich durch das Ende durchaus alles fügte, wusste ich während des Films nie, wo die Reise hingehen soll und es fehlte die Stringenz und das „Musical“, wenn Lady Gaga involviert war, kam eher wie eine schaumgebremste Schulaufführung rüber, da fehlte mir einfach der Esprit. Beim Joker alleine funktionierte es in der Theorie, um seinen Schmerz zu illustrieren, gefühlt oft aber einfach zu dröge, und während gut gesungen, doch eher unoriginell.

Auf überraschende Wendungen habe ich vergeblich gewartet, mal abgesehen vom Ende, das zwar die Filme einordnet, aber für mich keine Handlungswendung war.

5 von 10 echten Schattenjokern

Indy2Go 19.10.2024, 00:32
Betreff: Re: Der letzte Film

Joker: Folie à Deux

Mal unabhängig von der Frage nach dem "Warum?" ist es nicht mal so, dass ich den Ansatz, den Film als Musical zu erzählen, komplett absurd finde. Ich meine, einen Arthur Fleck, der mit der Musik als Therapiemethode in Berührung kommt und beginnt sich in imaginäre Showeinlagen zu flüchten... Das hätte ich unter bestimmten Voraussetzungen absolut gekauft. Das Problem ist nur, dass es hier - meiner Meinung nach - nicht wirklich gut umgesetzt wurde; zumindest erzählerisch. Eigentlich nutzt man die Gesangseinbindungen ja vor allem, um emotionale Höhepunkte, zentrale Charakterentwicklungen oder Wendepunkte in der Story besonders herauszuarbeiten. Bei "Folie à Deux" hat es sich aber oft eher so angefühlt, als stünde die Handlung gerade kurz vor einem Höhepunkt, der dann von einer überraschend wenigssagenden Showeinlage unterbrochen und später nicht wieder aufgegriffen wird.

Ich hab kein Problem damit, dass Arthur Fleck hier nicht zum Joker, und der Joker nicht zu einem cartoonhaften Bösewicht wird, wie es sich ja scheinbar viele Leute "Fans" erhofft hatten. Generell finde ich, dass man schon mit dem ersten Teil etwas komplett anderes wollte und eine Figur kreiert hat, die nur viel zu nur viel zu lose auf den DC-Charakter basiert. Und genau das ist ja auch die große Stärke des Films - auf Grundlage von etwas wohlbekanntem etwas neues zu schaffen. Finde den groben Weg vom Sequel daher auch gar nicht verkehrt. Aber der schlechte Fluss wegen der Showeinlagen und die schwach ausgearbeitete Charakterbeziehung zwischen Arthur und Lee, die in Arthur mal kurz wieder den Joker entfacht, nur um ihn dann wieder in die Opferrolle zu stoßen... Das fand ich irgendwie zu wenig für das ganze Drumherum.