Aldridge | 01.06.2016, 12:30 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Bridge of Spies - Mr. Smith geht nach Washington - und Tom Hanks nach Ost-Berlin. Naja, jedenfalls gibt es in Bridge of Spies eine Szene vor dem Bundesgericht in Washington, die ganz klar an den Klassiker mit James Stewart erinnert. Und das ist irgendwie bezeichnend für den ganzen Film, denn Steven Spielbergs Episode aus dem Kalten Krieg kommt schon ein bisschen altmodisch daher. Der Regisseur liefert leicht pathetisches Erbauungskino mit einem einem stets aufrechten All-American-Hero ab, der russischen und deutsch-demokratischen Winkelzügen genauso erfolgreich trotzt wie einer hartnäckigen Erkältung. Und der dank des Drehbuchs von den Coen-Brüdern in seinen Dialogen auch immer ein paar schlaue Pointen spendiert bekommt. Das führt jedoch zu etwas Reibung, etwa wenn Spielberg mit Kamińskis überbelichtender Kamera einerseits den Mauerbau so inszeniert wie das Lagerleben in Schindlers Liste, andererseits frühe DDR-Funktionäre wie Harald Ott oder sogar der von Sebastian Koch gespielte Wolfgang Vogel karikierende Züge erhalten. Bridge of Spies macht damit zu viele Flanken auf, als dass der Film als Meisterwerk durchgehen könnte. Allerdings muss man ihm lassen: Er ist - wie von Spielberg gewohnt - sorgfältig inszeniert, toll gespielt, wirklich interessant, spannend und damit trotz seiner Laufzeit auch sehr kurzweilig. Es gelingt ihm, die bewegte Zeit mit leichter Hand zu vermitteln, und animiert auch dazu, sich mit den realen James Donovan, Rudolf Abel (eigentlich: William Fischer) und Wolfgang Vogel auseinander zu setzen. Die Musik fand ich übrigens gelungen: Sie klingt an Schlüsselstellen wie beim Austausch auf der Glienicker Brücke zwar unverkennbar nach Thomas Newman, untermalt den Film aber angenehm zurückhaltend und ist auch eher sparsam gesetzt. |
Lacombe | 01.06.2016, 14:19 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Mir gefiel die Art, wie die DDR Funktionäre karikiert wurden. Je staatsmännischer sie auftreten wollten, desto lachhafter waren sie. Man denke nur an Walter Ulbricht. Ich habe mir den Film vor zwei Wochen noch einmal mit meiner Frau angesehen. Ihr gefielen vor allem die Szenen mit Tom Hanks und Mark Rylance. Für sie war das "pure Magie". |
Aldridge | 01.06.2016, 14:23 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Die beiden harmonierten auch super. Vielleicht auch ein Grund, warum Rylance beim BFG wieder ran durfte. Ich fand´s unglücklich mit den DDR-Leuten. Zumal die Szenen mit Ott auch gezielt so angelegt waren (störende Anrufe z.B.). Die Sache mit den Fahrrädern, während Donovan auf Ott wartet, hatte dann schon wieder was Kafkaeskes... ![]() |
Lacombe | 01.06.2016, 14:53 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Ja, tolle Szene mit gutem Dialog. "Your English is really good." "Yes, I hesitate to say it's excellent, but it's really excellent!" ![]() Auch ich mochte die Musik von Thomas Newman sehr. Er darf wiederkommen. |
Aldridge | 01.06.2016, 14:58 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Ich hatte übrigens erst hinterher realisiert, dass ich Mark Rylance schon kannte. Aus Intimacy. Ganz schön alt geworden in den paar Jahren - auch wenn man bei Bridge of Spies nicht so viel von ihm gesehen hat wie dort. ![]() |
Toth | 01.06.2016, 16:30 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Zitat von Aldridge: [ Die Musik fand ich übrigens gelungen: Sie klingt an Schlüsselstellen wie beim Austausch auf der Glienicker Brücke zwar unverkennbar nach Thomas Newman, untermalt den Film aber angenehm zurückhaltend und ist auch eher sparsam gesetzt. Erst nach knapp 30 Minuten hört man zum ersten Mal Musik. Ein Rekordwert für einen Spielberg-Film. ![]() |
Aldridge | 01.06.2016, 17:05 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Ich muss mal schauen, wie lang das Score-Album ist. Ich habe das daheim zwar rumliegen, aber bislang nur immer unterbrochen durchlaufen lassen. Mein Eindruck war aber, dass es mehr als 35 Minuten sind. Ich schaue mal nach... |
Lacombe | 01.06.2016, 17:05 |
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Betreff: Re: Der letzte Film "Intimacy" war ja der Grund, warum Rylance sich jahrelang aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatte. Er war nicht begeistert von der Zusammenarbeit mit Patrice Chéreau (dessen Filme ich schätze), so dass er sich aufs Theater konzentrierte. Die Beziehung mit Spielberg scheint im Gegensatz dazu umso besser zu klappen. Nicht nur in BFG durfte er wieder ran. Auch für Spielbergs nächste Regiearbeiten "Ready Player One" und "The Kidnapping of Edgardo Mortara" ist Rylance wieder fest gebucht. |
Aldridge | 01.06.2016, 17:08 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Echt? Intimacy wurde doch sehr gelobt und hatte einige Preise abgeräumt... Spielt er in RPO dann den Oasis-Erfinder? |
Lacombe | 01.06.2016, 17:21 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Stimmt, Intimacy wurde hochgelobt und räumte Preise ab. Trotzdem verlief die Zusammenarbeit zwischen Chéreau und Rylance nicht gut. Vor allem der mangelnde Spielraum für die Hauptdarsteller frustrierte anscheinend Rylance. In RPO spielt Rylance den Character des James Donovan Halliday. |
Aldridge | 01.06.2016, 17:25 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Ach, das wäre ja so, als würde Léa Seydoux nicht mehr spielen, weil Blau ist eine warme Farbe so... fordernd... war. ![]() Jupp, Halliday ist der Oasis-Gründer. Passt. Ansonsten dürften in dem Film ja überwiegend nur junge Leute auftreten... |
Toth | 01.06.2016, 17:30 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Zitat von Lacombe: In RPO spielt Rylance den Character des James Donovan Halliday. War James Donovan nicht Hanks Rolle? ![]() |
Aldridge | 01.06.2016, 17:54 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Hieß nicht auch bei Indiana Jones jemand Donovan...? ![]() |
Indy2Go | 01.06.2016, 18:21 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Der hieß aber doch Walter. ![]() |
Aldridge | 01.06.2016, 18:42 |
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Betreff: Re: Der letzte Film War der Bruder. ![]() |
Aldridge | 01.06.2016, 22:03 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Die City-Cobra - Intelligenter Großstadt-Thriller. Auteur Sylvester Stallone nimmt sich hier auf äußerst diffizile Weise des Themas Selbstjustiz an und diskutiert es exemplarisch anhand der zunehmenden Verrohung der Gesellschaft in der gesichtslosen amerikanischen Metropole. Getragen wird der Diskurs von außergewöhnlichen Schauspieler-Leistungen, die selbst kleinste Nuancen in der inneren Zerrissenheit der Hauptfiguren zwischen gesetzlichem Regulierungswahn einerseits und dem Recht des Stärkeren andererseits vor dem Hintergrund der Regierung Reagan und der in den 1980er Jahren aufkommenden Materialismus-Debatte erkennen lassen. Bemerkenswert dabei nicht nur die Zeichnung des Helden als quasi-archetypischer Einzelgänger US-amerikanischer Prägung mit juveniler Verlegenheit unter dem schwitzenden harten Kern, also als legitimer Nachfolger des bekannten Loner-Motivs aus dem klassischen Western. Nein, auch die Charakterisierung der Bösewichte als Architekten einer alternativen, vielleicht sogar besseren öffentlichen Ordnung, die jedoch nur mit Hilfe roher Gewalt umgesetzt werden kann, regt zum Nachdenken an und entlarvt den Zuschauer beinahe als Komplizen einer verführerischen, doch letztlich nur zu leichten Lösungsperspektive sozialer Problemfelder. Der griechisch-italienische Regisseur George Pan Cosmatos löst sich dabei bewusst von den Fesseln des neorealistischen Erbes seines teilweisen Heimatlandes und beweist einen sicheren Sinn für eine Inszenierung fern jeglicher Klischees. So lässt er selbst actionreichere Handlungselemente nie als reinen Selbstzweck erscheinen, sondern stellt sie selbst im beinahe exzessiv vor dem Zuschauer ausgebreiteten Finale anhand sorgfältig ausbalancierter Suspense- und Schock-Elemente in den Dienst von Handlung und Botschaft. Kluge Milieustudie, die der für ihre sozialkritischen Problemfilme bekannten Produktionsfirma Cannon Group ein frühes Denkmal setzt. Verdient, wie ich finde. |
IndianaJonesJr1981 | 01.06.2016, 23:25 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Zitat von Aldridge: Die City-Cobra - Intelligenter Großstadt-Thriller. Auteur Sylvester Stallone nimmt sich hier auf äußerst diffizile Weise des Themas Selbstjustiz an und diskutiert es exemplarisch anhand der zunehmenden Verrohung der Gesellschaft in der gesichtslosen amerikanischen Metropole. Getragen wird der Diskurs von außergewöhnlichen Schauspieler-Leistungen, die selbst kleinste Nuancen in der inneren Zerrissenheit der Hauptfiguren zwischen gesetzlichem Regulierungswahn einerseits und dem Recht des Stärkeren andererseits vor dem Hintergrund der Regierung Reagan und der in den 1980er Jahren aufkommenden Materialismus-Debatte erkennen lassen. Bemerkenswert dabei nicht nur die Zeichnung des Helden als quasi-archetypischer Einzelgänger US-amerikanischer Prägung mit juveniler Verlegenheit unter dem schwitzenden harten Kern, also als legitimer Nachfolger des bekannten Loner-Motivs aus dem klassischen Western. Nein, auch die Charakterisierung der Bösewichte als Architekten einer alternativen, vielleicht sogar besseren öffentlichen Ordnung, die jedoch nur mit Hilfe roher Gewalt umgesetzt werden kann, regt zum Nachdenken an und entlarvt den Zuschauer beinahe als Komplizen einer verführerischen, doch letztlich nur zu leichten Lösungsperspektive sozialer Problemfelder. Der griechisch-italienische Regisseur George Pan Cosmatos löst sich dabei bewusst von den Fesseln des neorealistischen Erbes seines teilweisen Heimatlandes und beweist einen sicheren Sinn für eine Inszenierung fern jeglicher Klischees. So lässt er selbst actionreichere Handlungselemente nie als reinen Selbstzweck erscheinen, sondern stellt sie selbst im beinahe exzessiv vor dem Zuschauer ausgebreiteten Finale anhand sorgfältig ausbalancierter Suspense- und Schock-Elemente in den Dienst von Handlung und Botschaft. Kluge Milieustudie, die der für ihre sozialkritischen Problemfilme bekannten Produktionsfirma Cannon Group ein frühes Denkmal setzt. Verdient, wie ich finde. Das Drehbuch wurde übrigens immer abgelehnt und dann haben die daraus den Beverly Hills Cop gemacht , womit Soy allerdings nichts zu tun haben wollte und hat dann später den deutlich brutaleren Film gedreht , wie wir ihn kennen. |
Toth | 02.06.2016, 08:09 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Zitat von Aldridge: Die City-Cobra - Intelligenter Großstadt-Thriller. Auteur Sylvester Stallone nimmt sich hier auf äußerst diffizile Weise des Themas Selbstjustiz an und diskutiert es exemplarisch anhand der zunehmenden Verrohung der Gesellschaft in der gesichtslosen amerikanischen Metropole. Getragen wird der Diskurs von außergewöhnlichen Schauspieler-Leistungen, die selbst kleinste Nuancen in der inneren Zerrissenheit der Hauptfiguren zwischen gesetzlichem Regulierungswahn einerseits und dem Recht des Stärkeren andererseits vor dem Hintergrund der Regierung Reagan und der in den 1980er Jahren aufkommenden Materialismus-Debatte erkennen lassen. Bemerkenswert dabei nicht nur die Zeichnung des Helden als quasi-archetypischer Einzelgänger US-amerikanischer Prägung mit juveniler Verlegenheit unter dem schwitzenden harten Kern, also als legitimer Nachfolger des bekannten Loner-Motivs aus dem klassischen Western. Nein, auch die Charakterisierung der Bösewichte als Architekten einer alternativen, vielleicht sogar besseren öffentlichen Ordnung, die jedoch nur mit Hilfe roher Gewalt umgesetzt werden kann, regt zum Nachdenken an und entlarvt den Zuschauer beinahe als Komplizen einer verführerischen, doch letztlich nur zu leichten Lösungsperspektive sozialer Problemfelder. Der griechisch-italienische Regisseur George Pan Cosmatos löst sich dabei bewusst von den Fesseln des neorealistischen Erbes seines teilweisen Heimatlandes und beweist einen sicheren Sinn für eine Inszenierung fern jeglicher Klischees. So lässt er selbst actionreichere Handlungselemente nie als reinen Selbstzweck erscheinen, sondern stellt sie selbst im beinahe exzessiv vor dem Zuschauer ausgebreiteten Finale anhand sorgfältig ausbalancierter Suspense- und Schock-Elemente in den Dienst von Handlung und Botschaft. Kluge Milieustudie, die der für ihre sozialkritischen Problemfilme bekannten Produktionsfirma Cannon Group ein frühes Denkmal setzt. Verdient, wie ich finde. Ein satirischer Beitrag im Stile Loriots. Jedem noch so kruden Mist lässt sich ohne Probleme intellektuelle Legitimität verpassen, wenn man über die nötige Eloquenz verfügt und ein wenig "Reframing" betreibt. ![]() ![]() |
Aldridge | 02.06.2016, 09:29 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Zitat von IndianaJonesJr1981: Das Drehbuch wurde übrigens immer abgelehnt und dann haben die daraus den Beverly Hills Cop gemacht , womit Soy allerdings nichts zu tun haben wollte und hat dann später den deutlich brutaleren Film gedreht , wie wir ihn kennen. Sly sollte zuerst den Beverly Hills Cop drehen, wollte den Film aber deutlich ernster und hatte deshalb diverse... Vorschläge zum Drehbuch. Das Studio hat´s nicht mitgemacht und dann Murphy besetzt. Und Sly hat seine Ideen hier verwurstet. Mal ein gutes Beispiel für eine Studio-Einmischung, denn Slys ultrakonservative Weltsicht in der City-Cobra ist unsäglich. Zitat von Toth: Ein satirischer Beitrag im Stile Loriots. Jedem noch so kruden Mist lässt sich ohne Probleme intellektuelle Legitimität verpassen, wenn man über die nötige Eloquenz verfügt und ein wenig "Reframing" betreibt. Anders konnte ich mich dem Film einfach nicht nähern. Ich hatte nach der bislang einzigen Sichtung vor 20+ Jahren zwar noch im Kopf, dass der massiv "over the top" war. Aber so sehr over the top... Naja. ![]() Aus diesem Filmanalyse-Kanal werde ich übrigens auch nicht schlau. Ich habe den Eindruck, der Typ hatte das mal halb-satirisch begonnen, sich dann aber ziemlich gut gefallen in der Rolle. Nur eine Vermutung... |
IndianaJonesJr1981 | 02.06.2016, 09:42 |
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Betreff: Re: Der letzte Film Sag ich doch^^ |