Komplettes Thema anzeigen 06.09.2009, 17:03
Ah, Rats!! Abwesend
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Dabei seit: 24.08.2009
Wohnort: Berlin


Betreff: Re: Neulich im Grunewald... (Peitsche im Alltag)
Natürlich bleibe ich den Viechern fern. Und ich versuche, auf uns aufmerksam zu machen, damit die Tiere sich nicht erschrecken. Es ist nicht so, dass wir nach Wildschweinen suchen - wo wir können, gehen wir ihnen aus dem Weg. Ist vor uns eine Rotte zu hören, drehen wir um, und gehen einen anderen Weg.

Der Sachsenwald ist durchaus was Anderes als der Spandauer Forst oder der Grunewald in Berlin. Das ist mehr sowas wie ein großer, bewaldeter Park. Die Wildschweine haben sich den Bereich "erobert", weil sie wegen der Stadtnähe dort nur unter bestimmten Umständen bejagt werden dürfen - eben weil das mehr ein Naherhohlungsgebiet ist, als ein Wald. Sie sind zum Kulturfolger geworden, und ziehen von da aus nach Einbruch der Dämmerung in die Stadt. Diese Tiere (und das ist in Deutschland bislang einmalig) haben sich an den Menschen und seine Gegenwart gewöhnt, was Verhaltensweisen hervorgebracht hat, die sonst bei keinen Wildschweinpopulationen zu finden sind.
Ein Beispiel: Hört ein Wildschwein einen Menschen, läuft es weg. Hier bleibt ein Wildschwein selbst dann stehen, wenn der Mensch mehr oder weniger auf das Schwein zugeht. Denn es weiß, dass es Wanderer und Jogger und Fahrradfahrer gibt. Erst wenn der Mensch ihm zu nahe kommt (und das kann der Mensch nur merken, wenn er z.B. das Schwein früh genug sieht, oder es z.B. riecht, was ganz gut funktioniert), dann wechselt es entweder zu Flucht oder zu Angriff. Diese Kombination ist für Wildschweine unüblich, sowas gibt es nur hier in der Ecke, und zählt zum nicht arttypischen Verhalten.

Für den Fall, dass Du es überlesen hast: Ich brauche hin und wieder auch mal ein wenig Natur, und tagsüber arbeite ich (an einigen Tagen bis zu 14 oder 16 Stunden lang). Ein oder zwei Stunden im Stadtwald tankt die Akkus wieder auf, und manchmal ist es halt Dämmerung oder Nacht, wenn ich dazu komme. Darauf zu verzichten, weil ich dann ins "Schlafzimmer" der Wildschweine eindringen würde, steht nicht zur Debatte. Ich bleibe auf den Wegen, und ich dringe nicht in Schohnungen ein, aber es kann nicht sein, dass der Wald zwischen 22 und 6 Uhr tabu ist. Da muss das Schwein wohl genau so durch, wie ich dadurch muss, dass die Schweine in die Stadt eindringen, und wir ihnen oft genug auch auf der Auffahrt zur Wohnung meiner Freundin gegenüber stehen. Da muss ich dann durch - das stört die Schweine auch nicht, dass da UNSER Schlafzimmer ist, zu dem wir gerne zurück möchten. Wir leben halt mit zu vielen Menschen und zu vielen Schweinen auf engem Raum zusammen. Ich kanns nicht ändern, und das Schwein kann es auch nicht - also passen wir uns alle an. Und dazu gehört auch, dass man Vorkehrungen trifft, sich vor dem Angriff eines Wildschweins adäquat zu schützen. Das als Tierquälerei abzutun, und womöglich auch gleich den Gang durch den Stadtwald als Tierquälerei anzutun, noch dazu ohne die Hintergründe zu kennen, und das mit dem Sachsenwald zu vergleichen, ist leider am Thema vorbei. Wenn Du gegen wen wettern willst, dann mach das bei Leuten, die am Wochenende zum Spaß auf die Jagd gehen - denn die dringen wirklich in den Wald ein, und die haben den Vorsatz, Wildschweine zu bedrängen und sogar zu töten. Aber wirf mir nicht mangelnden Respekt für die Fauna vor, wenn Du weder mich, noch die Situation hier vor Ort kennst. Vielen Dank.
Chris H.