Es ist das Boot, in dem Noah der religiösen Überlieferung zufolge die Sintflut überlebte, als Gott bedauerte, „wie groß die Schlechtigkeit der Menschheit auf der Erde geworden war“, zusammen mit seiner Frau, ihren Söhnen, deren Frauen und einer beträchtlichen Anzahl an Tieren (zwei von jeder Art). Nachdem das Wasser zurückgegangen war, soll die Arche schließlich "auf den Bergen von Ararat gestrandet sein". Das Wort „Arche“ leitet sich aus dem lateinischen Wort für Kasten (arca) ab, was dem hebräischen Wort für Kasten (tēvāh) entspricht. Die deutsche Form „Arche Noah“ statt „Arche Noahs“ entstammt der Übersetzung Luthers.
Bild: Arche Noah
Gemälde: Edward Hicks, Öl auf Leinwand (1846)
Wo ist die Arche heute?
Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Orte für die letzte Ruhestätte Noahs und seiner Familie diskutiert, und die vermeintlichen Überreste ihres Schiffes wurden an vielen verschiedenen Orten „entdeckt“. Laut der jüngsten Medienaufregung wurde sie nun endlich gefunden. Wieder einmal. Aber ist sie das wirklich? (Spoiler: Die Antwort lautet: Nein. Wieder einmal.)
Diesmal in Form der Felsformation Durupınar unweit der Stadt Doğubeyazıt in der Türkei, knapp 30 Kilometer südlich des Ararat (der übrigens nicht unbedingt mit dem im biblischen Bericht erwähnten Gebirge identisch ist) liegt sie auf einer Höhe von 2.004 Metern am Hang des Vulkans Tendürek Dağı. Manche halten sie schon seit Jahrzehnten für die mögliche Ruhestätte der Arche. Diese Nachricht ist also nicht wirklich neu. Ursprünglich von einem kurdischen Hirten entdeckt, identifizierte der türkische Armeehauptmann und Kartograf Ilhan Durupınar die Formation auf einer Luftaufnahme im Oktober 1959, nachdem sie bereits elf Jahre zuvor, 1948, durch starke Regenfälle und Erdbeben freigelegt worden war. Seitdem hält sich die Vorstellung, dass diese „bootsförmige Formation“ die Überreste der Arche Noah enthält.
Die Felsformation Durupınar am Hang des Tendürek Dağı. Foto: Mfikretyilmaz, CC BY 3.0
Auch die geophysikalischen Untersuchungen vor Ort, die kürzlich Schlagzeilen machten, sind nicht ganz neu. Laut der Noah’s Ark Scan Group, dem in den USA ansässigen privaten Forschungskollektiv, das hinter diesem Unternehmen steht, wurden diese Untersuchungen, die Bodenradar und elektrische Widerstandstomografie umfassten, im Herbst 2021 durchgeführt. Rechteckige Strukturen sollen auf drei Ebenen dokumentiert worden sein, entsprechend den drei Decks der Arche im biblischen Bericht. So steht es zumindest in zahlreichen Medienberichten.
Die veröffentlichten Radarbilder zeigen jedoch vor allem eine Reihe lokaler Signale in unterschiedlichen Tiefen. Dass diese der Oberflächentopografie zu folgen scheinen, steht jedoch im Einklang mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen. Tatsächlich sind dies nicht die ersten Bodenradar-Scans, die hier durchgeführt wurden. Seit den 1980er Jahren wurden mehrere ähnliche Untersuchungen durchgeführt. Diese lieferten jedoch keine besonders brauchbaren Ergebnisse. Im Gegenteil, sie ergänzten im Wesentlichen die vor Ort gemachten Befunde der geologischen Untersuchung, dass die auffällige Formation natürlichen Ursprungs sei. Geologische Kartierungen weisen unmittelbar westlich der Formation auf eine Verwerfung im Untergrund hin. Die vermeintlichen Schiffswände scheinen somit durch Erdbewegungen entlang dieser Verwerfung entstanden zu sein. Es ist daher kein Zufall, dass die Struktur erst nach einem Erdbeben von 1948 sichtbar wurde und ihr Relief nach einem weiteren Erdbeben von 1978 im Vergleich zum umgebenden Gelände deutlicher hervortrat. Allmähliche Erosion, Regenfälle und lose Erde, die das abfallende Gelände hinabrutschte, trugen dann zu ihrer Entstehung bei. Der dynamische Schlammfluss umging das stabile, durch die Erdbeben nach oben gedrückte Grundgestein und formte schließlich die stromlinienförmige Bootsform. Dies erklärt auch, warum genauere Untersuchungen der vermeintlichen „Schiffswände“ nur Schlamm und lokales Gestein zutage förderten und sich jeder vermeintliche Fund von versteinertem Holz letztlich als Produkt natürlicher Bodenbildung herausstellte. Angebliche Schiffsspants und Planken stellten sich als Andesit und Basalt vulkanischen Ursprungs heraus, und ein Metalldetektor bestätigte lediglich das Vorhandensein natürlicher Konzentrationen eisenhaltiger Gesteine, anstatt zahlreiche Nieten entlang eines Schiffsrumpfes freizulegen.
All dies sollte uns angesichts der medialen Aufregung um diese vermeintliche Entdeckung zu mehr Vorsicht ermutigen. Diese Kritik schließt nicht aus, dass die veröffentlichten Bodenradarbilder auf Spuren früherer menschlicher Aktivität hinweisen. Nur eine detaillierte Analyse – und, falls erforderlich und angebracht, Ausgrabungen – können dies aufdecken und die Natur möglicher Überreste bestimmen. Tatsächlich wurden Ausgrabungen bereits angekündigt. Umgekehrt beweist dies nicht, dass sich die Arche aus dem biblischen Sintflutmythos hier befinden kann, noch beweist es die Sintflut selbst. Die Überlieferung eines religiösen Mythos reicht nicht aus, um die Behauptung zu stützen, er stelle historische Ereignisse dar, oder um diese physisch zu lokalisieren. In jedem Fall bräuchte die Identifizierung als Arche Noah stichhaltigere Beweise als vage Anzeichen von Bodenveränderungen in einem Radarbild. Die Interpretation solcher Ergebnisse erfolgt am Ende des Forschungsprozesses wenn alle verfügbaren Daten zusammengefasst werden. Dieses Ergebnis vorwegzunehmen und mit der Schlussfolgerung (dass es sich tatsächlich um die Arche Noah handelt) zu beginnen, ist schlicht pseudowissenschaftlich, da es die Ergebnisse der Interpretation unterordnet und nicht umgekehrt.
Andere Theorien des Verbleibs der Arche:
Antike Historiker
Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus gibt die biblische Geschichte aus späterer Perspektive (1. Jahrhundert n. Chr.) wieder, präzisiert geografische Angaben und verweist auf weitere Quellen der Sintflut-Überlieferung wie Berossos und Nikolaos von Damaskus.Josephus erwähnt an vier Stellen Überreste der Arche Noah:
„Diesen Ort nennen die Armenier Apobaterion, das heißt ›Ort des Ausgangs‹, und man zeigt heute dort noch Reste der Arche.“
„Es heißt, dass noch jetzt in Armenien auf dem Kordyäergebirge ein Teil jenes Fahrzeuges vorhanden sei, und dass manche Harz davon entnehmen, um sich desselben als Zaubermittel gegen drohende Übel zu bedienen.“ (Zitat des babylonischen Priesters Berossos)
„Oberhalb Minyas in Armenien liegt ein gewaltiger Berg, Baris genannt, auf den viele zur Zeit der großen Flut geflohen sein sollen, wodurch sie gerettet wurden. Einer soll in einer Arche gefahren und auf dem Gipfel des Berges gelandet sein, und es sollen sich lange Zeit Überreste des Schiffsholzes dort erhalten haben.“ (Zitat von Nikolaos von Damaskus)
„Diese Gegend [die Landschaft Karrae] ist besonders ergiebig an Amomum, und es befinden sich dort auch noch Überreste der Arche, in welcher Noe der Sintflut entkommen sein soll. Jedem, der sie sehen will, werden die Trümmer noch bis auf den heutigen Tag gezeigt.“
Islam
Auch der Koran (7. Jahrhundert n. Chr.) erzählt die Geschichte von Noahs Arche in Sure 11. In dieser Version ertrinkt einer der Söhne Noahs, da er auf einem Berg Zuflucht finden will. Als Landestelle wird in der islamischen Traditionsliteratur der Berg Al-Judi genannt. Dieser befindet sich nach muslimischer und frühchristlicher Tradition in der südosttürkischen Provinz Şirnak.
Jesidentum
Eingang zum Hauptheiligtum der Jesiden in Lalisch. Rechts vom Eingang ist die schwarze Schlange abgebildet.
Im Jesidentum entspricht der Mythos der Arche Noah weitgehend dem der anderen abrahamitischen Religionen, mit einem wesentlichen Unterschied: Mit dem steigenden Wasser treibt die Arche über den von den Jesiden verehrten Berg Sindschar, wo der Rumpf an einem Felsen leck schlägt. Die Schlange rollt sich spiralig zusammen und stopft so das Loch, bis die Arche schließlich auf dem Berg Dschudi anlandet. Einer in der heiligen Schrift Mishefa Reş („Schwarzes Buch“) festgehaltenen Erzählung zufolge stellt sich die Rettung bringende Schlange jedoch später als böse heraus und wird gefangen und verbrannt.
Altorientalische Parallelen
Atraḫasis-Epos
Das Atraḫasis-Epos mit dem gleichnamigen Held Atraḫasis entstand im ausgehenden 19. Jahrhundert v. Chr. Der Bau der Arche erfolgte erst, nachdem drei Plagen die ungehemmte Vermehrung der Menschheit nicht stoppen konnten und die Götter eine Sintflut als letzte wirkungsvolle Möglichkeit ansahen. Enki, Gott der Menschen, warnte Atraḫasis vor der Katastrophe, sodass Atraḫasis mit dem Bau der Arche noch rechtzeitig beginnen konnte.
„Trenne dich von deinem Haus, baue ein Schiff!
Verschmähe den Besitz, erhalte dafür dein Leben.
Das Schiff, das du bauen sollst, […] sei würfel[förmig…]!
Der Wassertiefe gleich bedache es.
Nicht soll sehen der Sonnengott sein Inneres (ohne Fenster), bedacht sei es oben und unten!
Verstärkt seien die Ausrüstungen, die Verpichung sei stark, mache alles solide!
Reine (Tiere),[…], fette Tiere […]
Er (Atraḫasis) überquerte [den…(und) brachte hin]ein geflügelt[e Vögel] des Himmels.
Vieh […stell]te er hinein; Ge[tier…] aus der Steppe.
[Zu…] lud er seine Leute ein.
[…] ließ er seine Familie eintreten.
Des Gottes Stimme hörten sie;
da ward das Erdpech gebracht, dass er die Tür abdichte.
Als er ihre Tür verrieglt hatte,…da zerschnitt er das Tau (und) legte das Schiff ab.“
– Atraḫasis-Epos, Tafel 3, I, Verse 22 bis 55
Gilgamesch-Epos
Auch das wohl ursprünglich im 18. Jahrhundert v. Chr. entstandene Gilgamesch-Epos berichtet von einer Flut. In dieser Überlieferung, teilweise wortwörtlich dem Atraḫasis-Epos entnommen, erhielt Uta-napi¨ti vom Gott Ea den Befehl, ein Schiff zu bauen. Uta-napi¨ti wird an einigen Textstellen „Atraḫasis“ („Der überaus Weise“) genannt.
„Mann von ¦uruppak, Sohn Ubara-Tutus!
Reiß nieder das Haus und erbaue ein Schiff.
Lasse ab vom Reichtum und suche statt dessen nach dem, das atmet.
Die Habe sei dir zuwider, erhalte statt dessen das, was atmet, am Leben.
Hol den Samen all dessen, das atmet, herauf in das Innere des Schiffs.
Die Maße des Schiffs, welches du erbauen wirst, –
seien aufeinander abgestimmt:
Genau gleich sollen sein seine Breite und Länge.
Es selbst versieh, so wie das Apsû, mit einem schützenden Dach!“
Die würfelförmige Arche im Gilgamesch-Epos war mit 60 m × 60 m × 60 m (216.000 Kubikmeter) mehr als fünfmal so groß wie die Arche Noah:[9]
„Ein Feld groß war seine Bodenfläche,
Je zehnmal zwölf Ellen hoch seine Wände,
Zehnmal zwölf Ellen ins Geviert der Rand seiner Decke.
Ich entwarf seinen Aufriss und stellte es dar:
Ich durchzog es mit sechs Decken,
so teilte ich sieben Etagen ab.
Dann holte ich herauf in das Innere des Schiffes
meine gesamte Familie und Sippe.
Die Herdentiere der Steppe, die wilden Tiere der Steppe,
die Vertreter aller Künste holte ich herauf.
Ich trat ein in das Innere des Schiffes und verpichte dann mein Tor.“
Uta-napi¨ti strandete wie Atraḫasis und Noah mit seiner Arche schließlich auf einem Berggipfel, hier Nimu¨ genannt.
Keilschrifttafel des Gilgamesch-Epos (Tafel XI) mit der Sintflutgeschichte, Britisches Museum
Auf einer 2014 von Irving Finkel publizierten Tontafel wird in Keilschrift der Bau einer Arche beschrieben. Der Text beschreibt den Bau einer Arche aus Schilf, die mit Bitumen abgedichtet wurde. An Bord der Arche kamen von jeder Tierart ein Paar, die zusammen mit dem Erbauer und seiner Familie eine weitreichende Flut überlebten.
Der kreisförmige Grundriss der Arche weicht hingegen von der biblischen Überlieferung ab. „Entwirf das Schiff, das du bauen wirst, auf einem kreisförmigen Plan.“[10] Finkel vergleicht die Bauweise mit babylonischen Schiffchen, deren Pendants man heute als Coracle bezeichnet. Die Maße stimmen wiederum mit den Angaben im Gilgamesch-Epos überein.
Die zum Teil beschädigte Tontafel hat in etwa die Größe eines Smartphones und wird auf das Jahr 1.700 vor Chr. datiert.
Quelle: trowelandpen.com/wikipedia
Fabian
Nichts schockiert mich, ich bin Wissenschaftler
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mal editiert, das letzte Mal am 28.05.2025, 23:33 von Fabilousfab.