Komplettes Thema anzeigen 04.01.2018, 08:31
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Film-Musik Thread
Besprechung des "Score"-Films aus der Zeit:

http://www.zeit.de/...-hollywood

Bestätigt den Eindruck, den ich schon nach dem Trailer hatte, nämlich dass das ein gegenseitiges Schulterklopfen einiger Komponisten vor laufender Kamera ist...

Zitat:
Zutiefst affirmativ und flach: In Matt Schraders Film "Score" darf sich eine eng umzirkelte Gilde von Hollywood-Komponisten vor allem selbst für ihre Filmmusik loben.

[...]

Ohne die Musik wäre das Kino nur halb so wirkungsvoll, schön und interessant: Das ist die These, die Schrader in historischer wie in systematischer Weise zu belegen versucht, etwa, indem er den Psycho-Duschmord ohne Musik wiederholt, wodurch dieser gleich nur noch halb so schockierend wirkt. Auch lässt er Komponisten, Kritiker und eine Psychologin erläutern, wie sich die Wahrnehmung von Bildern durch die Zufügung von Musik verändert.

Das könnte nun nicht nur kinematografisch erhellend sein, aber leider ist Schraders Zugang zu eindimensional. "Veränderung" durch Musik interessiert ihn nur in einer einzigen Hinsicht: nämlich als Steigerung von emotionaler Intensität. Dass es auch Soundtracks gibt, die ihren Reiz aus der konsequenten Kontrapunktierung der Bilder beziehen (man denke an die Musik von Stanley Kubrick und Wendy Carlos für Clockwork Orange) – das ist Schrader entweder unbekannt oder es kümmert ihn nicht, weil diese Techniken nicht aus dem Blockbuster-Kino kommen.

[...]

So ist Score am Ende wenig mehr als ein Werbefilm für eine eng umzirkelte Gilde von Hollywood-Komponisten, die sich ausführlich – insbesondere im Fall von Hans Zimmer: allzu ausführlich – gegenseitig sowie selbst loben dürfen. Gern würde man weniger Gerede hören und dafür mehr Beispiele, auch historischer Art, für die Möglichkeiten gelungener Filmmusik sehen. Wobei man übrigens auch aus misslungenen Soundtracks etwas lernen kann. Ebenso wie man nicht alles gut finden muss, wofür John Williams steht – von dem klanglichen Erfindungsreichtum gerade der Science-Fiction-Soundtracks der späten sechziger und frühen siebziger Jahre war nach der von ihm ausgelösten Retro-Orchester-Score-Welle jedenfalls nichts mehr übrig. Auch so etwas könnte man in einem Film über Filmmusik erwähnen. Doch dazu müsste man mehr wollen als nur eine Eloge, nämlich: eine Kritik des Verhältnisses von Kino und Musik. Und so etwas wie Kritik kommt in diesem zutiefst affirmativen, intellektuell flachen und dadurch letztlich auch ziemlich langweiligen Film nirgendwo vor.