Komplettes Thema anzeigen 04.12.2016, 02:05
Indy2Go Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Den comichaften Inszenierungs-Stil des Filmes - samt der "aufgematrixten" Zeitlupen-Action - mochte ich offen gestanden sehr gerne. Ich finde auch durchaus, dass die Vereinigung von Genre und Stil geglückt ist, doch gilt das eben nur für die Optik. Wie (unnötig) brutal der Film letztlich war, weiß ich gar nicht mehr so genau. Grundsätzlich halte ich es aber so: Ich halte nichts von Tarantino'schen Blutbädern, die einzig und allein als Stilmittel dienen und den Filmen "Coolness" verleihen sollen. Noch verärgerter bin ich aber über verharmloste Gewaltdarstellungen. Wenn jemandem ein Messer in den Bauch gerammt wird tut das weh und da sollte ein Regisseur auch nicht einer Altersfreigabe wegen drumherum inszenieren. Ein gutes Beispiel wären die Filme des MCU - da werden halbe Genozide begangen aber niemand darf richtig bluten. Die Netflix-Serie "Daredevil" - um mal ein naheliegendes Beispiel zu nennen - setzt sich dagegen mit den Folgen von Gewalt auseinander und traut sich auch diese angemessen darzustellen.


Arrival

Als Vorbereitung auf den Film habe ich mir nebst "Sicario" auch noch "Prisoners" und "Enemy" (Denis Villeneuve hat wohl eine Schwäche für Ein-Wort-Titel) angeschaut. Ich mochte alle drei Filme sehr, halte den eher mittelprächtig aufgenommenen "Enemy" aber fast für den heimlichen Star innerhalb Villeneuves Filmographie. Zumindest wenn man sein jüngstes Werk, "Arrival", mal ausklammert.

Der Film geizt nicht mit Substanz, legt einen unfassbaren Wert auf Ästhetik und ist schauspielerisch nahezu perfekt. Aufgrund des Genres und der Relevanz der Tochter der Protagonistin erinnert der Film - zumindest mich - sehr an Christopher Nolans "Interstellar". Allerdings sind die Grundpfeiler der Handlung völlig andere. "Arrival" spielt im Jetzt und setzt sich zunächst mit einer realistischen Kontaktaufnahme zu außerirdischen Lebensformen auseinander. Auch ist er nicht so verkopft wie Nolans Science-Fiction-Epos und funktioniert in meinen Augen auf emotionaler Ebene besser. Der Bilder wegen kommt man aber auch um einen Vergleich mit Stanley Kubricks "2001: A Space Odyssee" nicht drumherum. Der Streifen springt von einem Twist zum nächsten und nimmt - obwohl er gekonnt mit der Erwartungshaltung der Zuschauer spielt und dabei zwangsläufig eine Idee des Ausgangs entsteht - wahrlich unvorhersehbare Wendungen. Ein weiterer Film, an den ich bei der Sichtung von "Arrival" denken musste, ist Robert Zemeckis' "Contact" - natürlich in erster Linie der Grundprämisse wegen.

Auch gelingt es dem Film, eine originelle Form außerirdischen Lebens zu präsentieren - ohne dabei in die Klischee-Kiste zu greifen. Jóhann Jóhannssons Score ist ähnlich vielschichtig wie seine vorherigen Werke, allerdings weniger auffällig. Umso auffälliger sind dafür die Hochformen der Darsteller. Nebst Forest Whitaker überzeugt auch Jeremy Renner auf ganzer Linie, jedoch muss ich anmerken, dass mir seine Figur etwas zu oberflächlich abgehandelt wurde. Was aber ganz und gar nicht für Amy Adams' Figur gilt, die nicht nur hervorragend geschrieben, sondern auch unfassbar gut dargestellt wird. Letztlich ist "Arrival" für mich der bisher beste Film diesen Jahres. Noch vor Gavin O'Connors "The Accountant" und - na, legt die Steine wieder hin - Zack Snyders "Batman v Superman: Dawn of Justice".
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 04.12.2016, 02:07 von Indy2Go.