Betreff: Re: Die letzte Serie
Vorsicht, Spoiler!
Preacher (1. Staffel) - Ich hasse es, Recht zu behalten. Nach einiger Zeit habe ich mich doch noch dazu durchgerungen, die erste Staffel zu Ende zu schauen. Und den Machern ist tatsächlich nichts Besseres eingefallen, als alle zehn Folgen in dem texanischen Kaff Annville spielen zu lassen. Ja, was hat denn der Kram da noch mit dem Comic zu tun? Warum steht da überhaupt noch "Preacher" oben drüber? Das Prinzip ist so durchschaubar wie nur was: Die Vorlage wie Kaugummi so sehr in die Länge ziehen, wie es geht, damit man den Kult-beladenen Kram im Erfolgsfall auch möglichst lange spielen kann. Hat ja bei The Walking Dead auch funktioniert. Ist ja egal, wenn die Story bis zur Unkenntlichkeit und - noch viel schlimmer - bis zur Langeweile zerdehnt wird. Das ist umso tragischer, als dass Preacher vor guten Ansätzen nur so strotzt: Die Schauspieler sind in ihren Rollen einfach großartig und funktionieren auch als Ensemble ganz wunderbar. Und die Umsetzung präsentiert immer wieder teils brillant konzipierte Miniaturen wie etwa die Vorgeschichte des Heiligen der Killer, das streithafte Mittagessen in der Kirche oder Cassidys bleihaltiges Verhör durch den Sheriff. Aber letztlich bleibt es dabei: Da hat jemand ganz einfach die Vorlage nicht verstanden - oder zumindest zu ernst genommen. Das führt dazu, dass selbst lustig oder absurd gemeinte Sequenzen wie etwa Jesses und Cassidys makabrer Kampf mit den Engeln im Motel irgendwie schon witzig, vor allem aber gewollt witzig rüberkommen und sich nicht so recht in den Handlungsfluss einfügen. Preacher ist im Ganzen eher eine Nummernrevue, die über die gesamte Länge nach dem gleichen Schema abläuft: Absurd witziger Einstieg zum Episodenbeginn, handlungsarmer Hänger zur Episodenmitte und teils ungeschickt hergeleiteter, aber durchaus spannender Cliffhanger zum Episodenende, um dann doch noch Lust auf die nächste Folge zu machen. Apropos Ende: Den erwarteten Knalleffekt, der im Comic bereits nach wenigen Seiten kommt, haben sich die Macher tatsächlich für das Staffelfinale aufgehoben und dabei natürlich hemmungslos übertrieben. Indem ganz Annville samt Einwohnern in die Luft fliegt, hat man auch gleichzeitig die Handlung der gesamten Staffel inklusiver langatmig angebahnter Charakterisierungen mal eben vollkommen überflüssig gemacht. Bitte, vor Staffel 2 noch mal den Comic lesen...
Ach ja, Abzüge in der B-Note gibt´s dann noch für die vielen Gewalttaten gegen Tiere, die anscheinend cool sein sollten. Ok, die Serie macht auch vor Frauen und Kindern nicht Halt. Aber bei Viechern halte ich es mit Wolfgang Petersen...
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mal editiert, das letzte Mal am 19.10.2016, 00:06 von Aldridge.