Normalerweise schaue ich mir einen Film des Regisseures, Komponisten oder Casts wegen an - oder eben wenn es sich um einen Fortsetzungs- oder Franchise-Film handelt, dessen Vorgänger ich mochte. Im Falle von "Don't Breathe" ist aber tatsächlich vordergründig das Marketing für den Erwerb des Kinotickets verantwortlich, so wurde in den TV-Spots doch ganz selbstsicher ein Jahrhundert-Twist versprochen. Sicherlich wollte man damit auch gewissermaßen einen Hype um den Film auslösen, doch zumindest ein bisschen musste das Versprechen ja auch eingehalten werden. Und obgleich mich einige Details an dem Streifen stören - der so groß propagierte Twist ist schon eine ziemliche Wucht. Ich halte "Don't Breathe" nun nicht gerade für eine Offenbarung und seinen besagten Twist auch nicht für extremst innovativ, doch ist er zweifellos eines der Highlights des bisherigen Kino-Jahrs. Der Film ist ein Paradebeispiel für das Erzählen mit der Kamera und erzählt eine sehr interessante und schockierende Geschichte, die zwar an den üblichen Horror-Klischees leidet, insgesamt aber hervorragend funktioniert und wahrliche unerwartete Wendungen nimmt. Der Streifen arbeitet - trotz seiner Kategorisierung als Horror-Film - eher mit Thriller-Elementen. Er ist weder unnötig blutig noch konsequent darauf aus, den Zuschauer zu erschrecken. Er versucht eher permanent Spannung aufrechtzuerhalten, was ihm auch mit Bravur gelingt. Ich muss gestehen wirklich selten einen Film gesehen zu haben, der es schafft über einen so langen Zeitraum dermaßen spannend zu sein. Spontan würde mir nur David Finchers "Seven" einfallen, der mich tatsächlich ähnlich an den Bildschirm fesselte. Auch schauspielerisch hat der Film überraschend viel zu bieten. Insbesondere Stephen Lang, den man wohl vor allem als den unerträglich Klischee-übersäten Colonel aus James Camerons "Avatar" kennt, spielte seine Rolle mit einer erschreckenden Präsenz. Doch seine Figur ist auch mein größter Kritikpunkt an den Film.
Spoiler:
Der blinde Kriegsveteran ist mir dann doch etwas zu oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Seine Sinne sind geschärft, seine Fähigkeiten enorm, doch ist er nun mal nicht Daredevil. Generell stützt sich der Film auf einige bequeme Zufälle, so ist das Magazine der Waffe gerade dann leer, wenn der Blinde sie endlich mal an den Kopf einer der Protagonisten richtet. Auch verfehlt er im entscheidenden Moment die beiden Protagonisten, tötet aber die Frau, die er für die Verwirklichung seines erschreckenden Planes benötigt hätte. Auch der Figur "Money" und seiner Beziehung zu den anderen beiden des anfänglichen Dreiergespanns, merkt man sofort an, dass er einen frühen Tod sterben wird. Er war störendes Beiwerk, das bei der ersten Gelegenheit beseitigt wurde, wodurch man gleich zeigte, wie gefährlich der blinde Kriegsveteran doch ist. Auch störte mich der blutrünstige Hund und seine Einführung in den Film. Während auf der einen Seite mit Hitchcock'scher Suspense gearbeitet wird, und der Zuschauer vor den Protagonisten etwa von einer unter einem Tisch befindlichen Waffe erfährt, wird auf der anderen Seite dieser olle Köter an einer völlig beliebigen Stelle eingeführt, wo er auch gleich für einen schnöden Schock-Moment sorgen soll. Die Einführung des Tieres schreit praktisch danach, dass der Hund nochmal wichtig wird. Warum ihn also nicht auch subtil anteasern? Natürlich brauchte man auch wieder ein weichgespültes Happy End. Sicher, der gute Ausgang für die Hauptfigur gehört zu den Konventionen des Filmemachens dazu und es ist ja nun auch nicht so, dass alle mit einem blauen Auge davongekommen sind, doch fühlte sich das Ganze lieblos drangepappt und unauthentisch an, finde ich.
Insgesamt aber ist "Don't Breathe" in meinen Augen - trotz der Kritikpunkte - ein ganz hervorragender Horrorfilm / Thriller.