Komplettes Thema anzeigen 20.07.2016, 22:08
Aldridge Abwesend
Mitglied
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -


Betreff: Re: Der letzte Film
The Walk - Ey, das ist echt kein Film für Leute mit Höhenangst. Wenn Philippe Petit (Joseph Gordon-Levitt) das erste Mal auf dem Dach des World Trade Centers steht und der Wind zu hören ist, krampft sich mir bereits alles zusammen. Insofern ist der Film in 3D auf der großen Leinwand sicherlich ein ähnlich intensives Erlebnis wie der Weltraum-Thriller Gravity zwei Jahre zuvor. Man muss Regisseur Robert Zemeckis allerdings zugute halten, dass er sich nicht allein auf die offensichtlichen Schauwerte seines Biopics verlässt. Vielmehr beginnt er die Story über den Hochseilartisten mit dem großen Traum wie ein modernes Märchen und lässt Petit sogar selbst seine Geschichte von der Fackel der Freiheitsstatue aus erzählen. Und er wechselt dann schließlich zu einem locker-flockigen Heist-Movie, wenn es an die Vorbereitung und Umsetzung des Drahtseilaktes zwischen den Türmen des WTC geht. Auch schön, dass er dem Finale ausreichend Raum gibt und Petits großen Auftritt nicht in fünf Minuten abfeiert. Das alles ist flott erzählt, von leichter Hand inszeniert mit tollen Bildern und kommt auch ohne größere Längen aus. Komplett makellos ist der Film allerdings nicht. Denn so beschwingt die Handlung doch voranschreitet, so hält sie sich weder damit auf, größere Zweifel am Gelingen des Coups aufkommen und die Figuren etwas reflektieren zu lassen, noch gelingt es ihr vollständig, die Faszination und Kunst Petits am Drahtseil wirklich spürbar werden zu lassen. Dennoch: Als aufsehenerregende Zeitreise in die frühen 70er absolut empfehlenswert und völlig zu Unrecht gefloppt.

PS: JGLs französischer Akzent geht gar nicht. Wenn man auf die Weise unbedingt klar machen wollte, dass Petit tatsächlich Franzose war, hätte man im Gegenzug auch alle Amerikaner mit breitem texanischem Akzent sprechen lassen müssen, das wäre genauso "sinnvoll" gewesen.

PPS: Nur eine kleine Beobachtung am Rande: Habe den Film zum Anlass genommen, mich noch etwas über das WTC schlau zu lesen. Dabei fällt auf: Wenn man im Spiegel-Archiv den Begriff "World Trade Center" eingibt, dann spuckt die Website 196 Seiten mit Artikeln aus seit der ersten Erwähnung zu den Planungen der Türme vom 18. März 1964. Von diesen 196 Seiten enthalten aber lediglich 7 Seiten Artikel, die in den 36 Jahren vor dem 11. September 2001 entstanden. Die restlichen 189 Seiten kamen danach...