Betreff: Re: Der letzte Film
Bridge of Spies - Mr. Smith geht nach Washington - und Tom Hanks nach Ost-Berlin. Naja, jedenfalls gibt es in Bridge of Spies eine Szene vor dem Bundesgericht in Washington, die ganz klar an den Klassiker mit James Stewart erinnert. Und das ist irgendwie bezeichnend für den ganzen Film, denn Steven Spielbergs Episode aus dem Kalten Krieg kommt schon ein bisschen altmodisch daher. Der Regisseur liefert leicht pathetisches Erbauungskino mit einem einem stets aufrechten All-American-Hero ab, der russischen und deutsch-demokratischen Winkelzügen genauso erfolgreich trotzt wie einer hartnäckigen Erkältung. Und der dank des Drehbuchs von den Coen-Brüdern in seinen Dialogen auch immer ein paar schlaue Pointen spendiert bekommt. Das führt jedoch zu etwas Reibung, etwa wenn Spielberg mit Kamińskis überbelichtender Kamera einerseits den Mauerbau so inszeniert wie das Lagerleben in Schindlers Liste, andererseits frühe DDR-Funktionäre wie Harald Ott oder sogar der von Sebastian Koch gespielte Wolfgang Vogel karikierende Züge erhalten. Bridge of Spies macht damit zu viele Flanken auf, als dass der Film als Meisterwerk durchgehen könnte. Allerdings muss man ihm lassen: Er ist - wie von Spielberg gewohnt - sorgfältig inszeniert, toll gespielt, wirklich interessant, spannend und damit trotz seiner Laufzeit auch sehr kurzweilig. Es gelingt ihm, die bewegte Zeit mit leichter Hand zu vermitteln, und animiert auch dazu, sich mit den realen James Donovan, Rudolf Abel (eigentlich: William Fischer) und Wolfgang Vogel auseinander zu setzen. Die Musik fand ich übrigens gelungen: Sie klingt an Schlüsselstellen wie beim Austausch auf der Glienicker Brücke zwar unverkennbar nach Thomas Newman, untermalt den Film aber angenehm zurückhaltend und ist auch eher sparsam gesetzt.

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mal editiert, das letzte Mal am 01.06.2016, 22:16 von Aldridge.