Komplettes Thema anzeigen 02.04.2016, 23:58
Aldridge Abwesend
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Betreff: Re: Die letzte Serie
The Night Manager - Aktualisierte Adaption des Romans von John le Carré als Miniserie. Und vorweg: Ich hatte bislang mit allen Umsetzungen von le Carré-Romanen so meine Probleme. Der Grund: ein eklatanter Mangel an Spannung. Das alles, ob mit oder ohne Kalter Krieg, war eher gediegene Langeweile mit Anspruch. Nun also sechs Stunden The Night Manager. Und um ehrlich zu sein: Die Story fügt der altbekannten Geschichte vom Helden, der sich unter falscher Identität beim Bösewicht einschleichen und ihn schließlich "von innen heraus" zu Fall bringen muss, keine neuen Motive hinzu. Es gibt einen ausgewalzten Prolog, der das emotionale Fundament für die Motivation den Guten liefert (natürlich ne Frau). Es gibt das alte Spiel rund um Vertrauen und Misstrauen (der skeptische Handlanger des Bösen, der weniger skeptische Böse). Es gibt natürlich eine Liebesgeschichte (mit der Frau des Bösen, die ihrerseits eine tragische Backstory hat). Es gibt die (kurze) Unklarheit darüber, ob der Gute vom Lebensstil des Bösen vielleicht doch korrumpiert wird. Und es gibt hinlänglich bekannte Spannungsmomente (etwa wenn die Wohnung des Bösen ausspioniert wird, während sich ein Handlanger nähert).

Was ich mich dann zusätzlich noch gefragt habe: Was macht den Bösen hier eigentlich so böse? Ok, es geht um einen bösen umtriebigen Waffenhändler, aber tatsächlich muten sein böses Leben und das seiner vermeintlich bösen Entourage nur wie eine illustre Reisegruppe irgendwo zwischen sehenswerten Schauplätzen in der Schweiz, auf Mallorca und in Kairo an. Der "schlimmste Mann der Welt", wie er mehrfach in der Serie bezeichnet wird, damit es auch wirklich jeder kapiert, bleibt da letztlich ein Spiel mit Worten. Warum also sechs Stunden lang dranbleiben? Zunächst mal wegen der Optik: Es gibt einige hübsche Schauplätze zu sehen, nett eingefangen von der dänischen Dramen-Regisseurin Susanne Bier. Dann wegen der irgendwie doch ganz reizvollen Figurenkonstellation. Der Hauptgrund dürften aber die Schauspieler sein: Tom Hiddleston, Hugh Laurie, Elizabeth Debicki, Tom Hollander - alle gut bei der Sache. Und die beste Performance liefert Olivia Colman als schwangere und verbissene Nachrichtenoffizierin (im Roman eine Männer-Figur). Lange Rede, kurzer Sinn: Hätte weniger Gleichförmigkeit und Behäbigkeit vertragen, kann man sich aber durchaus mal geben.

PS: Die Miniserie wurde in den Medien nun mehrfach als "Empfehlungsschreiben" Tom Hiddlestons als neuer James Bond breitgetreten. Nach Sichtung der Serie kann ich sagen: Ja, Tom Hiddleston könnte den Agenten gut spielen. Aber das könnten andere sicher auch. Es liegt vielleicht an der "skandinavischen" Inszenierung von Susanne Bier, aber Hiddleston wirkte hier auf mich mehr wie ein Commander Hamilton denn wie ein James Bond.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 03.04.2016, 00:04 von Aldridge.