Komplettes Thema anzeigen 09.02.2016, 23:08
Indy2Go Abwesend
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Wohnort: Xanadu


Betreff: Der letzte Film
L'Année dernière à Marienbad (Letztes Jahr in Marienbad)

Allein der Gedanke, die Eigenheiten und die Struktur eines Nouveau Romans auf das Medium Film zu übertragen, klingt, als wäre er zum Scheitern verurteilt. Doch Alain Resnais gelang es. Das und noch etwas viel beeindruckenderes: In Form eines künstlerisch atemberaubenden, artifiziell wirkenden Avantgardefilms, erzählte er den Inhalt eines Dramas. Beim Schauen hat man den Eindruck, das Kopfkino zu sehen, welches sich beim Lesen eines Romans von Franz Kafka in Gedanken abspielt. Es gibt keine klaren Antworten, alles scheint verworren, labyrinthisch und ungreifbar - doch gerade deshalb fesselt es so. Die Handlung gaukelt dem Zuschauer vor, chronologisch erzählt zu werden. Doch sie springt in der Zeit, wie es ihr beliebt. Die vielen Menschen, für die Handlung unwichtige Gäste des Hotels, scheinen eingefroren zu sein, sie scheinen für die Protagonisten gar nicht zu existieren. Eine wunderbare Verstärkung dieser kafkaesken Atmosphäre, dieser hypnotischen Wirkung des Films. Die Bildgestaltung, die beispiellosen Plansequenzen, die brillant gefilmten Teile des Schlosses und die Montage allein, sind Grund genug, sich den Film anzuschauen. Ein Meisterwerk.
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.