Betreff: Der letzte Film
Skyfall
Puh, den hatte ich dann doch wesentlich besser in Erinnerung. Aldridge kritisierte an "Spectre", dass Sam Mendes da den Dramen-Regisseur heraushängen ließ. Zu Recht, aber ich finde, das ist bei "Skyfall" nicht anders. Die Actionszenen wirken fast so, als hätte Mendes sie nur eingebaut, weil Bond ohne halt nicht funktioniert. Ordentlich in Szene gesetzt, aber auch recht uninspiriert, finde ich. Der Protagonist musste natürlich völlig dekonstruiert werden, aber warum? Um dann 20 Minuten lang zeigen zu können, wie sehr er doch nachgelassen hat, nur um ihn am Ende dann aus 300 Metern Entfernung wieder souverän Teetassen wegballern zu lassen? Es musste natürlich tiefgründig und bedeutungsvoll wirken. Das ist für mich genauso unnötig und inkonsequent wie die bedeutungsschwangere Folterszene in "Spectre". Am Schlimmsten finde ich aber den Plot: Die Handlung dient ja eigentlich nur dazu, um in Bonds Vergangenheit zu wühlen und fällt im Grunde auch äußerst minimalistisch aus. Sie enthält aber trotzdem viele unnötige Ereignisse (allen voran Bonds "Tod") und wird dermaßen wichtigtuerisch und bierernst abgehandelt. Doch so funktioniert ein Bond nicht. Einerseits ernstes Drama, andererseits over-the-top Action; das passt für mich nicht. Auch den Bösewicht finde ich ziemlich lahm. Super dargestellt, keine Frage, aber seien wir mal ehrlich. Ein Ex-Agent, der sich am MI6 rächen will - war da nicht mal was? Ach ja, der Mann hieß Alec Trevelyan und war der Antagonist im Film "GoldenEye". Klar, es gibt bei Bond einige Schurken, die durch ähnliche Ereignisse motiviert werden oder ähnliche Ziele verfolgen. Aber Silva wird eben so hingestellt, als sei er ein unglaublich innovativer und angsteinflößender Schurke. Um das abzunehmen, bräuchte ich aber schon mehr, als seine modrige Zyankali-Fratze.
Das ist es, was mich an "Skyfall" stört. Aber der Streifen macht auch vieles richtig. Sam Mendes setzt die Schauplätze gekonnt in Szene und baut einige filmisch doch sehr ansehnliche Szenen ein. Die Prügelei vor dem Screen in Shanghai (ha, reimt sich) kommt immer wieder ziemlich cool. Da wurde auch viel mit den Spiegelungen der Glaswände gearbeitet, das hatte fast schon was von Orson Welles. Toll finde ich auch, dass Mendes die Wurzeln des Franchises nicht weiter ignoriert, sondern altbekannte Charaktere, Q und Moneypenny, von den Toten erweckt. Ben Whishaw finde ich als Quartiermeister klasse (auch wenn der Desmond Llewlyn-Humor hier völlig deplatziert ist) aber Naomi Harris wurde als Moneypenny eher unpassend eingeführt, finde ich. Generell schlägt er eine wieder recht klassische Richtung ein, so bekommen wir auch wieder einen männlichen M, glücklicherweise dargestellt von Ralph Fiennes, der für mich ein würdiger Nachfolger für Judi Dench ist und einen Bond, dem nicht piepegal ist, ob er seinen Martini geschüttelt oder gerührt bekommt, und wieder mehr Wert auf seine Garderobe legt. Allerdings, das Problem mit der Modenschau besteht für mich hier genauso sehr, wie bei "Spectre". Jedoch eher, weil das für mich einen Bruch zum Craig-Bond in den ersten beiden Filmen, darstellt. Aber dass Bond sich eben durch Vesper so verändert hat, fände ich als Erklärung ausreichend. Das Highlight des Films sind für mich die Szenen in Schottland, bevor Silvas Handlanger auftauchten. Eine unglaublich schöne Gegend, ein sehr charakteristisches Haus und beides fabelhaft in Szene gesetzt. Zudem gibt es dieses Mal auch wieder ein recht klassisches Intro und Titellied. Letzteres ist um Lichtjahre besser als das Sam Smith-Geheule zu "Spectre".
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.