Komplettes Thema anzeigen 09.11.2015, 00:18
Indy2Go Abwesend
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Betreff: Re: Der letzte Film
Casino Royale
Rückblickend betrachtet, wäre es klüger gewesen, die Filme vor der Sichtung von Spectre aufzufrischen, doch richtig Lust bekam ich eben erst danach. Ich nannte Casino Royale letztens den besten Film innerhalb der James Bond-Reihe, der aber nicht zugleich auch den besten Bond darstellt. An dieser Stelle würde ich gern einen Veto bezüglich dem zweiten Punkt einlegen, denn ja, der Streifen macht vieles anders, aber er zeigt den Agenten auch unmittelbar nach seiner Beförderung. Dementsprechend bietet der Film, mit der Liebesgeschichte und letzten Endes Vespers Tod, eigentlich eine verdammt starke Erklärung, warum der Protagonist nun zu dem wurde, der er heute ist. Vespers Kritik an Bonds Aufzug darf man retrospektiv betrachtet auch als Auslöser für den sehr gut gekleideten Agenten, in den beiden Sam Mendes-Filmen verstehen. Inszenatorisch ist der Streifen eine Wohltat. Er bietet so viele spannende Einfälle, schafft es perfekt, das Poker-Turnier spannend darzustellen und auch mit den Action-Szenen wurde überaus gekonnt umgegangen. Das Highlight des Filmes bleibt für mich aber die Verfolgungsjagd zu Beginn. Diese enthält so viele schöne Einfälle: So rennt Bond einfach durch die Rigips-Wand hindurch, statt sich durch das kleine Fenster zu schlängeln oder beschädigt kurzerhand die Gaskartusche der Arbeitsbühne, um mit dieser einen Abgang zu machen. Aber allein der Anfang ist schon phantastisch. Die Gunbarrel-Sequenz ist hier nicht nur ein Erkennungsmerkmal, sie bekam hier auch erstmals Kontext zum Film und hält dabei einen historischen Moment fest: Bonds erste Tötung. Zudem war es schon ein netter Kniff, die Eröffnungssequenz in Schwarzweiß zu filmen und den Film dann, nach dem schön gestaffelt herunterfließenden Blut, regelrecht vor Farben explodieren zu lassen. Das Intro gefällt mir auch sehr, wobei dieses natürlich in der Tat etwas ganz anderes ist. Der Film bekam auch einen sehr schönen Titel-Song, interpretiert von Chris Cornell und geschrieben von selbigem und Filmmusik-Komponist David Arnold, der die Melodie auch zum Musik-Thema des Filmes machte. Das eigentliche James Bond-Thema dagegen, wurde nur zwei Male eingespielt, den Abspann mit eingerechnet. So ist Casino Royale für mich inzwischen nicht nur der beste Film innerhalb der 007-Reihe, sondern auch der beste Bond.

Ein Quantum Trost
Grundsätzlich vertrete ich bezüglich dieses Films die selbe Meinung wie Aldridge: Er ist nicht so schlecht, wie er immer gemacht wird. Aber das macht ihn noch lange nicht zu einem wirklich guten Film. Die Story ist im Grunde äußerst minimalistisch und knüpft ungewöhnlicherweise direkt an Casino Royale an. Sie ist aber nicht das Problem des Filmes, im Gegenteil, das ist viel mehr die oberflächliche Abhandlung der Charaktere und die Inszenierung. Die "ruhigen" Szenen spielen Marc Forster direkt in die Karten, und das beweist er auch, doch die Actionszenen sind unglaublich hektisch, ja, regelrecht totgeschnitten. Die Handlung dagegen funktioniert eigentlich bestens. Klar, die Background-Story, die Olga Kurylenkos Figur bekommen hat, ist nichts als ein Griff in die Klischee-Kiste aber wenn man mal einen Film nach vorne blickt, findet man einen im Grunde unglaublich einfallslosen Bösewicht, der von den Kritikern gelobt wurde. Von daher ist Ein Quantum Trost für mich bezüglich der Substanz noch vor Skyfall anzusiedeln, dessen gesamte Handlung im Prinzip ja nichts, als eine Entschuldigung ist, um in Bonds Vergangenheit zu wühlen, doch die Inszenierung ist für mich ein zweischneidiges Schwert: Eine Seite Damast, die andere Plastik.
Marc S.
Bismarck biss Marc, bis Marc Bismarck biss.