Betreff: A.I. - und andere künstliche Intelligenzen im Kino
Ich habe mir heute Abend mal die Zeit genommen und Spielbergs A.I. einer Neusichtung unterzogen. Als wir kürzlich über den Film diskutiert hatten, konnte ich aus der Erinnerung schwer fassen, warum mich der Streifen immer recht unbefriedigt zurück gelassen hat. Mein persönlicher Eindruck:
Das eigentlich Interessante an A.I. - Künstliche Intelligenz ist seine Prämisse: Ein Roboter wird auf die Liebe zu seiner menschlichen Pflegemutter programmiert und will zu einem echten Menschen werden, damit sie diese Liebe auch erwidert. Daraus erwachsen eine ganze Menge existenzieller Fragen, und die die grundlegende ist wohl: Wenn eine Intelligenz wirklich so intelligent ist, dass sie ihr eigenes Ich reflektieren kann und die Fähigkeit besitzt zu lieben, was unterscheidet sie dann noch vom Menschen? Nun ist die Frage in der Science Fiction nicht unbedingt neu. Doch – zumindest meine Meinung – A.I. gelingt es nicht, sie zu beantworten.
Der Film versprüht eine eigenartige, wenig greifbare Atmosphäre, die das Gezeigte weniger real als vielmehr wie in einem Traum erscheinen lässt. Das liegt vermutlich daran, dass Spielberg die Story, die um den Grundgedanken aufgebaut wird, durch die Augen von Roboter David erzählt. Und der folgt nun mal seiner „Programmierung“, nämlich der Liebe zu seiner Mutter und dem daraus resultierenden Ziel, ein echter Junge zu werden. Doch bei genauerer Betrachtung wird genau das auch deutlich: Der Protagonist folgt nicht echten Gefühlen, sondern irrt blind durch eine Welt, die er nicht versteht, auf der Suche nach einem unmöglichen Ziel. Das erinnert weniger an das im Film vielzitierte Märchen Pinocchio, als vielmehr an Alice im Wunderland, in dem eben dieses Wunderland auch irreal und abstrakt bleibt.
Die große Stärke und gleichzeitig große Schwäche des Films ist der letzte Akt, der eigentlich wie ein überlanger Epilog wirkt. David darf dort noch mal auf seine Mutter treffen und erreicht am Ende seiner Reise sein langersehntes Ziel – das aber (auch) nur eine Simulation ist. Nur macht es sich der Film dort etwas zu einfach, wenn David dann wirklich Glück empfindet und plötzlich sogar "echte" Tränen vergießen kann. Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, dass die Existenz der weiterentwickelten Mechas vertieft wird, denn sie stellen schließlich nach dem Aussterben der Menschen die eigentliche Intelligenz auf dem Planeten dar. Da wäre die Frage: Ist diese Intelligenz nun wirklich echt oder auch nur eine Programmierung? Doch das bleibt leider aus.
Story und Inszenierung ergeben für mich einen ebenso eigenartigen Zwitter: Im ersten Drittel wird die Beziehung von David und seiner Mutter kammerspielartig vorgestellt, was allerdings eher wirkt wie eine Versuchsanordnung in einem Experiment. Daraus ergibt sich eine seltsam sterile Stimmung. Und im letzten Drittel nimmt der Film dann – wie oben dargestellt – eine ebenso seltsame emotionale „Abkürzung“, wenn David an seinem Ziel angekommen zu sein scheint. Das alles macht A.I. nicht zu einem schlechten Film, zumal er großartig inszeniert ist. Aber es bleibt doch ein bitterer und recht schaler Nachgeschmack, weil selbst das vermeintliche Happy End künstlich ist (was in seiner Aussage gewissermaßen der Originalgeschichte treu bleibt).
Die Originalgeschichte von Aldiss hat, wenn ich mich recht erinnere, einen leicht anderen Fokus. Und der wird im Film auch ganz am Anfang angesprochen: Kann der Mensch überhaupt solch eine Liebe, wie sie dargestellt wird, erwidern? Und wäre er nicht moralisch dazu verpflichtet? Wäre interessant, jetzt direkt im Kontext noch mal den Bicentennial Man zu schauen. Der Film war zwar ein ziemlicher „Tränendrücker“ (weiß leider nicht, wie nah das alles an der Vorlage war). Aber er ließ seinen Protagonisten immerhin wirklich ans Ziel kommen, ein Mensch zu werden.