Betreff: Re: Die Suche nach dem Göttlichen - Missionierung mittels Kinofilme?
Sehr gute Idee, das Thema in einen eigenen Thread auszulagern. Man soll zwar öffentlich über alles diskutieren - außer Politik und Religion.

Aber das Thema ist schon relativ komplex und hat durchaus einen eigenen Thread verdient.
Also, mal von Kaindees Filmen abgesehen, in denen es um die Missionar... äh, ja...
Ich halte Filme grundsätzlich für hochproblematisch, die eine Ideologie oder zumindest ideologische Grundlagen mit Unterhaltung verbinden. Es besteht immer die Gefahr, dass die Botschaften unkritisch geschluckt werden, ohne dass sich jemand differenziert damit auseinander setzt. Das gilt übrigens nicht nur für religiöse Inhalte, sondern genauso für politische oder gesellschaftliche. Bestes Beispiel ist hier Michael Bay, der in seinen Filmen gerne eine sehr reaktionäre und auch sehr eingeschränkte Weltsicht transportiert, in der die USA die Supermänner sind und alle anderen eher Untermenschen. Das Ende von Bad Boys II fand ich da sehr bezeichnend, den Anfang von Transformers 3 auch, Pearl Harbor mit der "Rede zur Erweckung einer Nation" am Ende sogar richtiggehend bedenklich. Wenn dann von den Zuschauern nur der Spruch kommt: "Egal, Hauptsache, es kracht und sieht cool aus."... tja...
Bei der Religion ist es eigentlich das gleiche Prinzip: Dient der Film als Plattform, um eine dogmatische Weltsicht zu transportieren? Jubelt er unreflektiert einzelne Religionen hoch und verkauft sie als einzig wahre Wahrheit? Richtet er sich an bestimmte Zielgruppen und zielt vielleicht sogar direkt auf Kinder ab? Wenn ich mir die Inhaltsangabe zu den "Left behind"-Büchern anschaue, dann ist das schon ziemlich kruder religiöser Blödsinn, der allerdings eine bestimmte Zielgruppe (wie die evangelikale Bewegung oder den Bible Belt insgesamt) in ihren Ansichten bestärkt und deren Botschaften für die Allgemeinheit konsumierbar aufbereitet. Dass im Film plötzlich Menschen verschwinden, ist ja erst mal ein spannender Mystery-Ansatz, auf den viele Zuschauer anspringen dürften. Dass es dabei um das Gedankenmodell der "Entrückung" geht, bei der die wahren gläubigen Menschen die Welt verlassen, um bei Gott zu sein, während der Rest weiter auf Erden darben darf, ist schon eine Moral mit "Geschmäckle".
Ich hatte gestern Walden Media genannt, die vor allem durch ihre Narnia-Filme bekannt geworden sind. Wenn man Narnia nur als fluffiges Fantasy-Abenteuer nimmt, dann mag man sich fragen, was daran kritisch sein soll. Tatsächlich handelt Narnia aber von "Adams-Söhnen" und "Evas-Töchtern", die von einem gottgleichen Löwen gegen eine satanische Hexe in die Schlacht geführt werden. Die Kinder herrschen von Gottes Gnaden über Narnia, können das Leben der Fantasy-Figuren (aha, keine Menschen) auslöschen, wie es ihnen gefällt, werden dadurch sogar erst zu Erwachsenen und zu wahren Gläubigen. Narnia 2 hat durch die Figur der kleinen Schwester Lucy einen recht fiesen Subtext: Die erwachseneren Kinder wagen es, an Aslans Worten zu zweifeln, lediglich das kleine Mädchen glaubt an ihn, ohne seine Handlungen auch nur ansatzweise zu hinterfragen, und bringt dadurch erst für die entscheidende Schlacht die Wende. Solange Aslan diesen bedingungslosen Glauben nicht spürt, bleibt er weg und lässt alles vor die Hunde gehen. Walden Media wiederum belässt es nicht bei den Filmen, sondern geht an die Schulen und bietet passend zu seinen Streifen und den vermittelten Werten Lehrmaterial an.
Der Autor von Left behind hat eine Vereinigung gegründet, in der Religion auf Politik trifft. Dort finden sich unter anderem Mitglieder der kreationistischen Intelligent Design-Bewegung, die im Jahr 2014 noch immer die Evolutionstheorie verneint. Kann man wenigstens mal drüber reden, oder?