Komplettes Thema anzeigen 05.01.2013, 13:14
Mile Abwesend
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Betreff: Re: The Adventures of Tintin
Da ich großer Spielberg und Tintin Fan bin, möchte ich auch noch etwas über den Film schreiben:

Zuallererst die Musik! Ich hätte nicht erwartet, dass John Williams noch so einen tollen Soundtrack komponieren würde. Es gibt zwar kein erkennbares durchgehendes Grundthema á la Indiana Jones. Die Stücke springen zwischen Slapstick und (weitaus) heroischeren Themen hin und her. Trotzdem steigert die Musik den Filmgenuss beträchtlich. Mein Favorit ist die Musik aus der Szene mit der Mailänder Nachtigall, dem gleich darauf ein Stück von Rossini folgt und dann in ein wildes Verfolgungsjagdthema übergeht.

Zum Film selber. Ja, der Performance Capture/ CGI Look ist Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Aber schon nach wenigen Minuten hat man sich daran gewöhnt und staunt, wie gut einzelne Charaktere dargestellt werden. Kein Vergleich zu Filmen wie "Polarexpress" oder "Beowulf". Der Vorteil des "Comichaften", also die bewussten Überzeichnungen einzelner Personen hilft dem Film hier sicherlich sehr.

Besonders nett gleich die erste Szene auf dem Flohmarkt, in der ein Straßenmaler (Hergé) ein Portrait von Tim zeichnet. Erst nachdem der Zeichner sein Werk vollendet hat und es seinem Kunden (und dem Zuschauer) präsentiert, zeigt Spielberg seinen CGI-Tim. Ein gut gemachter "Übergang" vom Comic in den Film.

Die technische Umsetzung des Films ist beeindruckend gelungen. Auch wenn ich mit 3D Filmen sonst nicht viel Anfangen kann, hier wird einem wirklich eine immense "Tiefe" gezeigt und in einigen Szenen fliegt der Staub nur so umher. Die sog. "Pop Out"-Szenen waren angenehm selten und unaufdringlich.

Meine größte Sorge vor dem Film galt der Story. Ein Mischmasch aus "Die Krabbe mit den Goldenen Scheren", "Das Geheimnis der Einhorn" & "Rackham" ? Klang nicht gut und ließ mich das schlimmste befürchten. Das dann auch noch eine Nebenfigur zum Hauptschurken gemacht wurde, schien das Schicksal des Films zu besiegeln. Aber ich wollte den Film vorher wenigstens sehen, bevor ich ihn in der Luft zerreiße.

Tja, was soll ich sagen? Wenn man partout keine Änderung an den Storys toleriert und auf eine 1:1 Umsetzung Wert legt, dann ist das sicherlich der falsche Film! Meine Skepsis war nach dem ersten Auftritt des Schurken auf dem Flohmarkt auch noch nicht gebannt, erst nach und nach legten sich meine Vorbehalte. Aber die Detailliebe von Spielberg und vor allem das Drehbuch von Moffat, Wright & Cornish haben mich schlussendlich überzeugt, dass hier Fans am Werk waren.

Die Story funktioniert und Sie weiß zu überzeugen. Nicht für Oscar und Logik-Ansprüche, aber sehr wohl für einen sehr guten Abenteuerfilm.
Man könnte monieren das Spielberg zum Schluss hin etwas zu sehr an der Action-Schraube dreht. Die Nähe zu Indiana Jones kann der Film nicht leugnen.
Das Finale erinnerte mich etwas an einen anderen Comiczeichner: Carl Barks.

Wenn andere Tim & Struppi-Fans Spielbergs Film nicht mögen, kann ich das durchaus nachvollziehen. Aber mich hat er sehr gut Unterhalten.
André