Komplettes Thema anzeigen 22.03.2012, 00:36
Aldridge Abwesend
Mitglied
Dabei seit: 13.08.2009
Wohnort: -


Betreff: Re: The Adventures of Tintin
So, endlich auch gesehen, und gleich eins vorweg: Ein neuer Indy-Film - wie vielfach kolportiert - ist der Streifen keinesfalls. Das Flair der Abenteuerfilme kommt vielleicht an ein oder zwei Stellen wie der Ankunft in Bagghar ans Tageslicht, nicht zuletzt dank der großartigen Musik von John Williams. Aber ein vergleichbares Feeling wie bei unserem Lieblings-Archäologen hat sich bei mir nicht eingestellt, eher hat mich das Ganze an "Adele und das Geheimnis des Pharao" erinnert. Doch nicht falsch verstehen: Spielberg hat da einen unterhaltsamen Film abgeliefert mit einigen wunderbar eleganten Bildkompositionen und nicht zuletzt einer genial choreographierten Actionsequenz in Bagghar.

Dennoch bleibt nach der ersten Sichtung ein zwiespältiger Eindruck, und der liegt bei der Technik wie bei der Inszenierung. Die Hintergründe sind wunderschön gestaltet und lassen den Zuschauer wirklich staunen angesichts der vielen enthaltenen Details. Die Animation der Figuren kann da leider nicht mithalten. Trotz des Einsatzes von Motion Capture wirken viele Bewegungen zu glatt und zu unecht, während die Gesichter teilweise wie Masken aussehen. Besonders krass wird das ausgerechnet bei der Hauptfigur deutlich: Tim war zwar schon in den Comics sehr bieder und straight, doch hier erhält er mangels Schauspiel erst recht keinen wirklichen Charakter, mit dem man auch noch gerne mitfiebert. Was wäre da mit echten Schauspielern drin gewesen, gerade in dem altmodischen Szenario...

Gleichzeitig steht die Kamera nie still, kreist permanent ums Geschehen, gleitet aus der Totalen in die Nahaufnahme und zurück in die Totale. Das sorgt für unnötige Unruhe und Distanz, ohne wirklich Spannung zu schaffen. Die Floskel vom "atemlosen Stillstand" ist da ziemlich naheliegend. Unterm Strich: Ja, toller Abenteuerfilm mit Schwächen. Vielleicht bietet der zweite Teil (das Ende ist da immerhin sehr eindeutig, und das Einspiel gibt es auch wohl her) etwas mehr Gelegenheit, die Charaktere weiter zu vertiefen.

Eine abschließende Anmerkung vielleicht noch: Wenn ich schon CGI als Instrument wähle, um einen Comic angemessen umzusetzen, dann sollte ich vielleicht auch die Eigenarten der Vorlage berücksichtigen. Hier hat man versucht, etwas Fotorealistisches zu schaffen. Das hat aber mit der "ligne claire", mit der Hergé schließlich eine ganze Schule begründet hat, rein gar nichts zu tun.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, das letzte Mal am 22.03.2012, 00:40 von Aldridge.