Komplettes Thema anzeigen 14.11.2011, 14:00
Jean Royale Abwesend
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Betreff: Re: Uropas Kriegserinnerungen
So, es ist geschafft! Ich habe Uropas Erinnerungen die ihnen gebührende Form übers Wochenende geben können (Frau war weg, Wein war da ... und etwas ZEIT!). Ich bin ein bißchen Stolz auf das, was mir da gelungen ist und finde, dass diese Form so gut zum Inhalt passt.

Zuerst habe ich den gesamten Text nochmals im Zuge der Postings hier übergelesen und dann layoutet. Dabei war mir wichtig, dass die Optik nicht banal historisierend, aber auch nicht bloß modern wirkt. Das fing bei der Wahl der Schriftart schon an; Times NR geht ja mal gar nicht für so was und Arial verwende ich schon prinzipiell nicht mehr - einfach, weil sie auch für längere Texte nicht so richtig was taugt, finde ich. Es sollte eine schöne, klare und elegant-unauffällige Serife sein, und da bin ich auf die grandiose Palatino Linotype gestoßen, die sich einfach anbot und dem Text eine wunderschöne Buchoptik verleiht. Für die Überschriften bin ich stöbern gegangen, hat mir alles nicht gefallen und daher habe ich als Kompromiss die Trebuchet genommen, die passt auch ganz gut zur Palatino. Unten habe ich ein kleines Beispiel angehängt.

Das Buchformat machte mir etwas Kopfzerbrechen, denn so recht konnte ich mich mit DinA5 nicht anfreunden, aber das war ja das Original-Format der Aufzeichnungen. Schließlich beschloss ich, ein A6 großes Taschenbuch zu gestalten, Schriftgröße 9 p Fließtext, 12 p Überschriften. Das sind ungefähr die Größen, die z.B. auch bei Kohlhammer oder UTB üblich sind. Auch bedeutete das Format A6, dass ich den Textkörper auf DinA4 ausdrucken und dann in zwei Teile schneiden konnte, so dass die Laufrichtung des Papiers korrekt ist. Beim Papier entschied ich mich für ein matt bräunliches Umweltschutzpapier, das zudem durch seine 75 g/qm etwas dünner und leichter ausfällt. Der Braunton verleiht dem ganzen einen etwas altmodischeren Look.

Den Text habe ich dann in Word gesetzt und nach meinem schon mal geposteten Reihenfolge-Muster ausgedruckt. Dann ging's los! Unten sind ein paar Bilder angehängt mit den ersten Schritten. 1-3: Da ich keine Schneidemaschine habe, auf die ich mich verlassen kann, hab ich die Seiten manuell zerschnitten. 4: Anschließend wird jede Seite gefalzt und die Lagen korrekt ineinander gesteckt. Dann (5) ist der Buchblock lose fertig, die Reihenfolge muss aber nochmals kontrolliert werden - in den Druckereien machen die das mit aufgedruckten Balken, die korrekt liegen müssen. Geht hier nicht. Stimmte aber alles, daher habe ich die Lagen erst mal in der Presse (6) gelagert, damit sich die Falz einprägt und alles schön flach wird. Als nächstes (7 und Unschuldiger Smiley kam meine Lade wieder zum Einsatz. Die Lagen werden gelocht und danach (9 und 10) zusammengenäht. Zur Stabilisierung des Blocks habe ich zwei Gewebebänder eingenäht. Kann man (11) hier ganz gut erkennen. Fertig ist der grobe Buchblock - nun kommt er in die "Bindemaschine", die mein Vater mal in den 1970ern für seine Kopien gebaut hat. Damit hat er die DinA4-Konvolute mit Klebebindungen versehen - ich nutze das Ding jetzt auch für das Leimen. Zuerst einlegen (12), dann den Balken drauf (13) und das Ganze umdrehen. Nun schaut der Rücken heraus (14) und wird in mehreren Schritten mit Buchbindeleim bestrichen (15). Der braucht etwas Zeit zum Trocknen, daher habe ich aus Gaze noch einen Streifen zurechtgeschnitten und auf den Rücken gelegt (dient dazu, den Block später fester mit dem Deckel zu verbinden). In der Trockenphase habe ich den Buchdeckel aus Pappe zurecht geschnitten (16).

Wichtig ist der Stoff, der den Buchdeckel umschließt. Darauf kam es mir besonders an, deshalb habe ich lange gesucht. Und in unserem lokalen Fachhandel gab es diesen einen, tollen Wollstoff in Feldgrau mit einem roten Streifen! (17) Ich habe den gleich mitgenommen. Der Wollstoff ist etwas dicker, saugt sehr stark und ist im feinen Detail schwierig zu verarbeiten, weil er relativ grob gewebt ist. Zuerst habe ich die geplanten Deckel aufgelegt, den Umriss in der korrekten Größe eingezeichnet (18 und 19) und dann ausgeschnitten. Nun wurde es schwierig, denn der Stoff war nicht einfach zu kleben! Nahm ich genug Leim, kam er durch und verursachte Flecken auf der Außenseite. Nahm ich wenig, löste er sich wieder. Ich bin fast wahnsinnig geworden! Schließlich war es dann doch ganz einfach - aber man muss erstmal drauf kommen: Leim auftragen, kurz antrocknen lassen und DANN erst auf den Stoff. Der Leim wird beim Trocknen erst richtig klebrig und zäh, zieht also nicht tief ein, pappt aber bombenfest. Puh! Mit viel Druck habe ich so die Pappe auf den Stoff bekommen (22). Knifflig war es, den überstehenden Rand umzuschlagen und festzuleimen; der störrische Stoff klappte stets zurück. Hat aber funktioniert! Daraufhin hab ich mir ein Glas Wein gegönnt, wie man sieht. Zwinkernder Smiley

Für das Vorsatzpapier habe ich 120 g/qm Zeichenkarton verwendet, weil ich etwas spezielles vorhatte. Hinten im Buch sollte eine Tasche sein, in der Props untergebracht sind - farbkopien der Dokumente, des Ausweises und Kartenmaterial. Dazu habe ich zuerst die Seitenteile der Tasche entworfen, im Rechner millimetergenau geplant und dann gedruckt (25). Kann man schlecht sehen hier auf dem Bild. Ausgeschnitten und gefalzt sehen sie so aus (26). Dazu kommt (27) der Rest - und dann ist die "Froschtasche" (ich glaub, so nennt man die Dinger) fertig (28). Nun musste das Buch zusammengefügt werden (29). Nicht zu viel Leim drauf! (30) Dann feste drücken - damit der Leim nicht seitwärts rausquillt und die Seiten verklebt, lege ich immer ein Wachspapier oder Backpapier dazwischen. Fast fertig (32)! Fehlt noch die Tasche, die hinten eingeleimt wird (34). Als letztes schreibe ich mit einer einfachen Schablone den Titel darauf. Ich benutze hin und wieder auch einen Drucksatz dazu, aber wie gesagt - dieser Wollstoff braucht eine andere Umgangsart!

Und fertig. Ich glaube, das ist durchaus eine angemessene Form für Uropas Erinnerungen. Ich werde davon noch ein paar Exemplare basteln, die gibt es dann für die Familie zu Weihnachten.

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Lukas
"Das sind nicht die Jahre, Schätzchen, das ist Materialverschleiß." Lachender Smiley