Betreff: Re: Neues von Indy 5 (?!)
Zitat von Laserschwert:Da liegt aber doch der Hund begraben, denn deine Darstellung mag vielleicht auf einen Maler oder einen Komponisten zutreffen... eine Filmproduktion ist aber ein durch und durch kollaborativer Prozess. Und guck dir nur mal die Dokus und Making-Ofs zu den Prequels an... George kommt in den Raum, alle Abteilungen lassen sofort alles stehen und liegen und lauschen mit verängstigter Miene, wie er sich entscheidet. Er guckt sich ein paar Modelle an, einige Konzeptzeichnungen, sucht sich ein paar heraus, nennt seine Änderungswünsche und geht wieder. Niemand macht seinen Mund auf und sagt "So würde ich das nicht machen, George...".
Ach, das ist diese völlig negative Brille... Jeder Schaffensprozess in den Medien ist ein kollektiver Prozess, weil eine Person alleine gar nicht alle Aspekte ausführen kann. Aber eine Person kann die Zügel in der Hand halten und sagen, wohin die Reise gehen soll - weil es eben die Vision dieser einen Person ist. Ein Regisseur hat die Oberaufsicht über die Vorproduktion, das Art Department, jeden technischen Aspekt und die Musik. Er trifft die Entscheidung, was letztlich auf der Leinwand zu sehen ist. Bei GL kommt noch hinzu, dass er auch noch die Story erfunden und das Drehbuch geschrieben hat und die Produktion ausführt. Und er hat die Oberaufsicht über den ganzen visuellen Part, der bei einer Produktion wie "Star Wars" oder "Indiana Jones" deutlich komplizierter ausfällt als bei einem kleinen Independentfilm (wobei, das wird auch immer vergessen, jeder Lucas-Film unabhängig produziert wird, also auch ein Independent-Film ist).
Ich kenne die Making ofs, die du meinst. Ich habe
nirgends eine ängstliche Miene gesehen. Und wenn ein Meeting mit dem Chef angesetzt ist, dann ist es doch wohl klar, dass alle die Arbeit liegen lassen. George hat durch seine Story z.B. die Rassen vorgegeben. Die Künstler machen Vorschläge, in die sie übrigens ihr eigenes Herzblut gesteckt haben - insofern wäre es albern zu sagen: "So würde ich es nicht machen", weil es genau ihre Kreationen sind. Und GL hat dann die Aufgabe, auszuwählen und die Entscheidung zu treffen, was letztlich wie auf der Leinwand zu sehen ist. Ein Spielberg arbeitet nicht anders, ein Cameron und ein Jackson auch nicht, aber bei Lucas ist das komischerweise Grund zur Kritik. Wenn überhaupt an einem Filmset verängstigte Mienen zu beobachten sind, dann bei einem Cameron-Film. Der Großmeister solch wunderbar eigenständiger Filmjuwelen wie "Titanic" oder "Avatar" ist dafür bekannt, auszuticken und Mitarbeiter gnadenlos abzuschießen, wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen. James Horner kann davon - Achtung Wortwitz - ein Liedchen singen. Cameron war sogar so pietätlos, im Making of zu Aliens hemmungslos über einen verstorbenen Kameramann abzulästern, der damals nicht das gemacht hat, was Cameron wollte.
Wie die "Fans" dann wieder alles schlecht reden, zeigt sich gut an "Episode I": Jeder schiebt Lucas die Schuld für Jar Jar Binks in die Schuhe (und den Schuh muss er sich zweifellos anziehen). Komischerweise lobt ihn niemand für das geniale Design von Darth Maul oder Qui-Gon Jinn - das haben dann wieder die armen, geknechteten, vollkommen unterbezahlten Künstler gemacht (schließlich wurde Lucas ja nie wegen der sozialen Programme und guten Arbeitsbedingungen in seinem Unternehmen ausgezeichnet

).
Zitat von Laserschwert:Aber gut, optisch haben die Prequels ja auch einiges zu bieten, nur fehlt ihnen absolut der menschliche Aspekt, der damals durch den Einfluss von Kershner, Kurtz, Kasdan und vor allem Marcia Lucas in die alten Filme einflossen. Die Drehbüchter der Prequels hat George selbst geschrieben, und DAZU hat Lucas meiner Meinung nach überhaupt kein Talent. Er ist ein Techniker... ein Bastler... grundsätzlich ein hevorragender Geschichten-"Erfinder"... aber kein guter Erzähler. Schon immer war er bekannt dafür, dass er die Dreharbeiten am liebsten einfach nur schnell hinter sich bringen wollte, ohne großartig auf die Schauspieler einzugehen. Man merkt "Das Imperium schlägt zurück" deutlich an, dass Lucas weder Regie geführt, noch das Drehbuch geschrieben hat.
Kershner war ein großer Künstler. Was ihm völlig abging, war die Fähigkeit, solch eine Großproduktion wie "Imperium" unter Kontrolle zu halten. Deshalb kam auch irgendwann Lucas ans Set, weil er gesehen hat, dass dort seine eigene Kohle verbraten wurde, und hat die Zügel in die Hand genommen. Kurtz hat als Produzent übrigens stark von Lucas profitiert, denn ansonsten haben seine Filme weder künstlerisch noch kommerziell ("Oz", "Slipstream") großartig überzeugen können. Kasdan wäre ohne Lucas auch nicht so ganz aus den Startlöchern gekommen (Stichwort "Body Heat") und hat ganz nebenbei in letzter Zeit auch nicht gerade "gute" Filme abgeliefert (Stichwort "Dreamcatcher"). Übrigens lassen sich die Kritikpunkte genauso auf Spielberg anwenden: Dem wurde auch wiederholt vorgeworfen, dass seine Frühwerke wie "Der weiße Hai" von Verna Fields gerettet wurden. Komisch nur, dass er auch ohne deren Hilfe großartige Filme abgeliefert hat.
Lucas hat auch das Drehbuch zu "THX 1138" und "American Graffiti" geschrieben und war an vielen Projekten von American Zoetrope beteiligt wie "Apocalypse Now", bei dem er ursprünglich auch Regie führen sollte. Dass das nie erwähnt wird, zeigt, dass manche frustrierte Nerds mit riesengroßen Scheuklappen durch die Gegend laufen, nur um noch mal ein bisschen rumkotzen zu können. Und komischerweise kauft dann doch jeder die nächste "Star Wars"- und "Indy"-Box.
Zitat von Laserschwert:Vom Aspekt des Geschichten-Erzählens steht für mich bspw. die "Clone Wars"-Trickserie qualitativ sogar über den Prequels, denn hier macht es George prinzipiell richtig: Er lässt andere Leute Geschichten aus "seinem" Universum erzählen. Aber wie ich schon sagte, bei Indy besteht inzwischen einfach das Problem, dass Lucas Art, Geschichten zu erzählen, inzwischen nicht mehr zu der Art passt, wie Spielberg dies tut. Grundsätzlich wäre der Weg, den Lucas für sich gewählt hat, ja kein Problem und ist auch absolut legitim, wenn das Ganze nicht einem guten fünften Indy-Film im Wege stünde...
Auch nicht ganz richtig. Bei "Clone Wars" hat Lucas ebenfalls die Oberhoheit und segnet jede Folge letztlich ab. Darüber hinaus greift er sehr wohl in die Drehbücher ein und gibt auch vor, ob eine Story ausgebaut werden soll. Ein Beispiel ist diese Killerviren-Folge auf Naboo in der ersten Staffel, die letztlich über zwei, drei Folgen erweitert wurde, weil Lucas das aus der ursprünglichen Geschichte entwickelt hat. Ein gutes Beispiel für diese Arbeitsweise ist die großartige "Young Indiana Jones"-Serie, bei der Lucas einfach die Freiheiten hatte, mit verschiedenen Erzählformen zu experimentieren (man nehme nur mal die Kafka-Folge) und sich da auch nicht hat reinreden lassen.
Wo steht eigentlich, dass Lucas einem fünften Teil im Wege steht? Ich habe vielmehr das Gefühl, dass Spielberg gar keinen Bock drauf hat, das Franchise noch einmal zu erweitern, sondern lieber was Neues macht...
Ach, apropos Spielberg, kleiner Nachtrag: Spielbergs Lucas-Imitation im gezeigten Video ist ja ganz lustig. Aber man sollte nicht vergessen: Dass er so ganz süffisant nebenbei bemerkt: "Hallo George, ich produziere gerade zehn Filme, was machst du?" liegt vielleicht auch daran, dass er bei diesen Filmen nicht seine eigene Kohle einsetzt, denn das Budget kommt von den Studios. Wenn er einen Flop produziert, dann braucht ihn das nicht groß zu jucken. Wenn dagegen "Red Tails" baden geht, kostet Lucas der Spaß mal eben 30 Mio. Dollar (die er zweifellos aus der Portokasse zahlt, aber immerhin...).
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mal editiert, das letzte Mal am 16.09.2011, 13:55 von Aldridge.